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Wie "Putins Fangirl" in Köln verurteilt wurde

Mikhail Bushuev
7. Juni 2023

Die Kreml-Anhängerin Elena Kolbasnikova aus der Ukraine ist in Köln für ihre prorussische Aktionen und Äußerungen verurteilt worden. Ihr Verteidiger sieht die Meinungsfreiheit verletzt und kündigte Berufung an.

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Elena Kolbasnikova mit ihrem Anwalt Markus Beisicht
Elena Kolbasnikova mit ihrem Anwalt Markus BeisichtBild: Christoph Hardt/Panama Pictures/IMAGO

Das Urteil des Kölner Amtsgerichts ließ Elena Kolbasnikova kalt. "Ich lebe und werde weiter die Wahrheit sagen", erklärte die 48-Jährige am 6. Juni in ihrem Schlussstatement.

Sie sei bereit, "für die Befreiung der Ukraine von den Nazis" bestraft zu werden. Kolbasnikova bezog sich damit auf die aktuelle Regierung der Ukraine. Sie hoffe, "bald einen russischen Pass zu bekommen". 

Das Kölner Amtsgericht verurteilte Kolbasnikova wegen Billigung von Straftaten zu einer Geldstrafe von 900 Euro. Wichtigster Beweis gegen die Kreml-Anhängerin war ein Interview mit der Bild Zeitung am Rande eines von ihr organisierten prorussischen Autokorsos

In dem Interview hatte sie sich für den Angriffskrieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine ausgesprochen. Dort heißt es: "Russland ist kein Aggressor. Russland hilft, den Krieg in der Ukraine zu beenden."

Anhänger und Gegner demonstrieren 

Kolbasnikova ist ukrainische Staatsbürgerin und lebt in Köln. Nach dem Urteil zeigte sie sich empört. "30 Tage Gefängnis, oder ich muss pro Tag 30 Euro zahlen. 900 Euro an die Staatskasse für die Tötung von Menschen im Donbass seit 2014. So ist die Wahrheit der Menschen in Deutschland", sagte Kolbasnikova auf Russisch den angereisten Reportern des russischen Staatsfernsehens.

Kolbasnikova, die in deutschen Medien auch als "Putins Fangirl" bezeichnet wird, gilt als das Gesicht der Anhänger des russischen Präsidenten in Deutschland. Sie organisierte mehrere große Pro-Putin-Aktionen.

Eine Stunde vor Beginn der Verhandlung erschienen Kolbasnikovas Anhänger, aber auch Gegner. Letztere hielten ein Plakat hoch mit der Aufschrift "Putin und seine Nazis töten". Nicht alle, darunter auch Journalisten, passten in den für maximal 35 Personen ausgelegten Verhandlungssaal.

Elena Kolbasnikova mit ihrem Mann Max Schlund (Dezember 2022)
Elena Kolbasnikova mit ihrem Mann Max Schlund (Dezember 2022)Bild: REUTERS

Kolbasnikovas Ehemann Max Schlund wurde nach einem Gerangel mit einem Zuschauer des Saals verwiesen. Schlund scheiterte im Mai mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht Köln gegen seine Entlassung in einem sicherheitsrelevanten Bereich des Flughafens Köln/Bonn.

Das Ehepaar hatte laut Medienberichten Geld für die russische Armee gesammelt und im Herbst 2022 im Donbass persönlich militärische Güter an russische Soldaten übergeben. 

"Ich stehe für Frieden"

Vor Beginn des Prozesses forderte die Richterin Kolbasnikova auf, den Stern in den Farben der russischen Flagge, der dem Davidstern ähnelte, abzunehmen, den sie sich auf die Brust gesteckt hatte - als Anspielung auf die unter Kreml-Anhängern verbreitete Verschwörungstheorie, wonach "die Russen die Juden des 21. Jahrhunderts" seien.

Kolbasnikova versuchte während der Verhandlung, das Gericht davon zu überzeugen, sie werde wegen ihrer politischen Aktivitäten verfolgt. Ihre persönlichen Daten und Adresse seien im Internet veröffentlicht worden.

Nach Morddrohungen gegen sie sei sie unter staatlichen Schutz gestellt worden. Sie fügte hinzu, dass sie in letzter Zeit zweimal ihren Job verloren habe, jetzt von Arbeitslosengeld lebe und sich mit einem Minijob 450 Euro dazuverdiene.

Kolbasnikovas Unterstützer nach dem Urteilsspruch in Köln am 6. Juni 2023
Kolbasnikovas Unterstützer nach dem Urteilsspruch in Köln am 6. Juni 2023Bild: Mikhail Bushuev/DW

Laut Kolbasnikova gehören der von ihr organisierte pro-russische Autokorso und weitere Aktionen zur Tradition der "Friedenspolitik" der beiden ehemaligen deutschen Kanzler Willy Brandt und Gerhard Schröder. "Ich stehe für den Frieden", betonte sie.

Keine Frage der Meinungsfreiheit

Ihre Äußerungen bezeichnete Kolbasnikova als "eigene Meinung" und berief sich dabei auf die in Deutschland geltende Meinungsfreiheit. Verteidiger Markus Beisicht unterstützte die Argumentation.

Der rechtsextreme Politiker und Jurist kündigte an, Berufung gegen die Entscheidung der ersten Instanz einzulegen. Er werde bis zur letzten Instanz, dem Bundesverfassungsgericht, ziehen. 

Der Staatsanwalt erläuterte der Angeklagten, dass es bei dem Prozess nicht um persönliche Meinungsfreiheit ginge. Diese ende dort, wo die Billigung von Verbrechen beginne.

Die Invasion Russlands in der Ukraine sei ein Akt militärischer Aggression und stelle ein Verbrechen nach deutschem Recht dar, das Kolbasnikova in einem Interview öffentlich gutgeheißen habe. Die Friedensaufrufe der Angeklagten seien "zynisch", so der Staatsanwalt.

Die Kölner Richterin begründete ihr Urteil damit, es sei unstrittig, dass Russland mit dem Einmarsch in die Ukraine gegen das Völkerrecht verstoße. Die Aussagen der Angeklagten seien geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören. Es sei in Deutschland eben nicht erlaubt, alles zu sagen, erläuterte die Richterin. 

Adaption aus dem Russischen: Markian Ostaptschuk