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Niederländer sind die Größten

Brigitte Osterath, z. Zt. Manchester26. Juli 2016

Südländer sind im Durchschnitt eher klein, Menschen im hohen Norden hochgewachsen - so die gängige Meinung. Ein Forscherteam hat nun einmal genau Maß genommen - bei insgesamt 18,6 Millionen Menschen weltweit.

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Messung der Größe mit einer Messlatte (Foto: picture alliance).
Bild: picture-alliance/dpa/Media for Medical

182,5 Zentimeter - so groß ist ein 18-jähriger niederländischer Mann im Durchschnitt und übertrifft damit alle anderen Nationen. Bei den Frauen stehen - vermutlich eher überraschend - die Lettinnen an der Spitze. Mit durchschnittlich 170 Zentimetern überragen sie sogar die Niederländerinnen, die erst auf Platz 2 folgen.

Deutsche Männer stehen mit 179,9 Zentimetern auf Platz 11, deutsche Frauen mit 165,9 Zentimetern auf Platz 14.

Eine internationale Kollaboration von rund 800 Wissenschaftlern unter Federführung des Imperial College London hat im Rahmen einer groß angelegten Gesundheitsstudie die Körpergröße von 18,6 Millionen Probanden weltweit erfasst - und dabei einige erstaunliche Entdeckungen gemacht.

Europäer haben Nordamerikaner überholt

Unter den Top Ten der durchschnittlich größten Erdbewohner finden sich nur europäische Länder - sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen. Neben den Niederlanden und Lettland stehen Belgien, Estland, Dänemark, Tschechien und Serbien an der Spitze.

Das war vor hundert Jahren noch anders: Die Forscher der NCD Risk Factor Collaboration haben auch die Körpergröße der damals 18-jährigen Erdbewohner im Jahr 1914 zusammengetragen - da stand die USA noch an Platz 3 (Männer) bzw. an Platz 4 (Frauen). Inzwischen ist die USA auf Rang 37 bzw. 42 abgerutscht.

Infografik Top 5: Wo leben die größten Menschen? Deutsch (Grafik: DW).

Mit 160 Zentimetern leben die durchschnittlich kleinsten Männer im südostasiatischen Osttimor, die kleinsten Frauen mit 149 Zentimetern in Guatemala.

Generell sind die Menschen in Südostasien, Afrika, Mittel- und Südamerika kleiner als Menschen in Europa, Nordamerika und Australien. Das Vorurteil, dass in warmen Gebieten rund um den Äquator die Menschen eher kleiner sind als im kühlen Norden - oder im kühlen Süden auf der Südhalbkugel - ist also nicht ganz falsch. Allerdings ist dieses Prinzip im Wandel begriffen.

Die Menschen wachsen - mit Ausnahmen

In vielen Ländern der Welt sind die Menschen heute durchschnittlich mehrere Zentimeter größer als noch vor hundert Jahren. Einen besonders großen Wachstumsschub haben die iranischen Männer erfahren: Ein 18-jähriger Iraner ist heute 16,5 Zentimeter größer als sein Vorfahre im Jahr 1914. Südkoreanische Frauen sind durchschnittlich sogar um 20,2 Zentimeter hochgeschossen.

Auch der durchschnittliche Spanier und Italiener wird in einigen Jahren größer sein als heutzutage, wenn sich der Trend, den die Forscher beobachten, so fortsetzt. Die Finnen, die Japaner und die US-Amerikaner haben hingegen wachstumstechnisch ein Plateau erreicht und nehmen nicht mehr an Größe zu. Gut möglich also, dass in einigen Jahrhunderten Südländer und Skandinavier mal gleich groß sind.

Der Größenunterschied zwischen Männern und Frauen ist mit 12 Zentimetern übrigens über die letzten 100 Jahre fast konstant geblieben.

Gut ernährte Menschen werden größer

Sorgen macht den Forschern die Entwicklung in Afrika: In vielen Ländern südlich der Sahara hat die durchschnittliche Körpergröße in den letzten 40 Jahren um bis zu fünf Zentimeter abgenommen, etwa in Sierra Leone, Uganda und Ruanda.

Die Projekt-Zukunft-Zuschauerfrage

Die Körpergröße wird nur zum Teil von den Erbanlagen beeinflusst. Wie groß ein Mensch wird, hängt vor allem davon ab, ob er als Kind gut ernährt ist - und wie gesund und gut ernährt seine Mutter während der Schwangerschaft war.

"Unsere Studie vermittelt einen Eindruck, wie gesund die Nationen über die letzten Jahrhunderte waren", sagt Majid Ezzati vom Imperial College London. "Sie zeigt, dass wir unbedingt die Umweltbedingungen und die Ernährung der Kinder und Jugendlichen weltweit verbessern müssen - um sicher zu stellen, dass jedes Kind den bestmöglichen Start ins Leben bekommt." Viele Studien weltweit bestätigen, dass beispielsweise Kinder, die eine eiweißreiche Kost mit viel Milch zu sich nehmen, später im Leben größer sind als Kinder, die wenig Milch bekommen, betont Elio Riboli vom Imperial College London.

Wenn ein Kind, das Durchfall bekommt, nicht direkt dagegen behandelt wird, verschlechtert sich automatisch seine Ernährung, ergänzen die Forscher.

Solche Kinder sind daher später im Leben im Durchschnitt kleiner als Kinder mit guter medizinischer Versorgung.

Wachsen lohnt sich

Laut Statistik leiden größere Menschen seltener an Herz-Kreislaufkrankheiten - sie leben daher im Durchschnitt länger. Werdende Mütter von höherer Körpergestalt haben zudem weniger Probleme in der Schwangerschaft - es kommt seltener zu Fehl- und Totgeburten.

Allerdings erkranken hochgewachsene Menschen öfter an Dick- und Enddarmkrebs, die Frauen zudem an Brustkrebs nach den Wechseljahren. Woran das liegt, ist noch unklar. Die Wissenschaftler machen Wachstumsfaktoren im Stoffwechsel dafür verantwortlich. Die bringen das Herz-Kreislaufsystem in Schuss, aber fördern auch das Entstehen bestimmter Tumoren. Aber "all das ist bisher aber nur eine Hypothese", betont Riboli.