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Wenig Wirbel um Wimbledon

Leona Frommelt27. Juni 2002

Auch wenn der Fußball im fernen Asien nicht rollt, interessiert sich in Deutschland kaum jemand für Sport im Fernsehen. Das Eröffnungsspiel der "All England Championchips" in Wimbledon verfolgten nur 610.000 Zuschauer.

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Titelverteidigerin Venus Williams gilt auch als diesjährige FavoritinBild: AP

Scheinbar hat das Interesse an Tennis-Superstars wie Andre Agassi – er spielte gegen den Israeli Harel Levy – extrem nachgelassen. Schade für die ARD, die zum ersten Mal seit 14 Jahren wieder aus dem Mekka des Tennissports überträgt, nachdem der Abo-Kanal Premiere die Rechte zuvor zurückgegeben hatte.

Nichts mehr los auf dem heiligen Rasen

In England hat die Begeisterung für den Tennis-Sport ebenfalls nachgelassen. In diesem Jahr waren die Einschaltquoten bei den bisherigen Wimbledon-Spielen ähnlich gering wie in Deutschland. Dabei hatten David Beckham und Co. gerade noch rechtzeitig die Heimreise nach England angetreten. So konnten sich die Briten theoretisch ganz auf das heimische Sportereignis konzentrieren. Die Fußballer waren beim World Cup raus, die Erdbeeren gepflückt, der Rasen millimeterkurz gerichtet - perfekter konnte die Ausgangssituation nicht sein. Woran liegt es also, dass das Grandslam-Turnier kaum noch Zuschauer vor den Fernseher lockt?

Ein Grund: In diesem Sommer können die Rasenspiele nur mit wenigen Top-Stars aufwarten. Titelverteidiger Goran Ivanisevic und Finalist Patrick Rafter haben abgesagt. Wer soll also das Publikum von den Plätzen reißen? Etwa der siebenmalige Champion Pete Sampras? An den mittlerweile 30 Jahre alten besten Rasentennis-Spieler aller Zeiten glaubt eigentlich niemand mehr, außer er selbst: "Wenn ich durch die Tore des Centre Court schreite, spiele ich automatisch besser." Als Anerkennung für seine Leistungen ist Sampras immerhin noch auf Position sechs der Setzliste platziert. An erster Stelle steht der Australier Lleyton Hewitt. Einziger Gesetzter der fünf deutschen Profis ist nach Absage von Tommy Haas, der sich um seine schwer verletzten Eltern in Florida kümmert, Rainer Schüttler auf Rang 17.

Keine Favoritin unter den deutschen Damen

Den deutschen Damen – acht Spielerinnen sind dabei – werden von vornherein keine Siegchancen eingeräumt. "Aber zwei, drei Runden kann die eine oder andere sicher überstehen", sagt Bundestrainer Markus Schur tröstend. Auf der Topliste steht Titelverteidigerin Venus Williams - vor ihrer Schwester Serena. Mit ihren Aufschlägen und der schieren Power sind die "Ghetto-Cinderellas" kaum zu bezwingen. Zumal mit Martina Hingis und Lindsay Davenport in diesem Jahr zwei Ex-Champions fehlen. Und von Anna Kurnikowa spricht man in der Tenniswelt mittlerweile als hoffnungsloser Fall – zumindest aus sportlicher Sicht. Die 20-jährige Russin ist inzwischen auf Weltranglistenplatz 54 abgerutscht. Von ihrem auf 100 Millionen Dollar geschätzten Vermögen hat sie "nur" 3,3 Millionen auf dem Tennisplatz verdient. Klar: Zwischen Fotosessions, Empfängen und angeblichen Affären mit diversen Prominenten bleibt beim besten Willen keine Zeit mehr für einen Turniersieg. So ist diesmal nur der "Besuch der alten Dame" ein medienwirksames Ereignis: Martina Navratilova gibt sich mit 45 Jahren noch einmal die Ehre. Allerdings nur deshalb, weil sie eine Wette verloren hat.

Das waren noch Zeiten...

In den 80er Jahren, als die neunmalige Wimbledonsiegerin noch regelmäßig mit dabei war, wehte auf dem Centre Court noch ein ganz anderer Wind. Damals saßen ganze Nationen vor dem Fernseher und hofften, dass der Regen bald aufhören würde.

Eine Zeit, in der die Tennisspieler noch Charisma hatten. 1980 gewann der Schwede und "womanizer" Björn Borg zum 5. Mal in Folge das Turnier. 1981 wurde er von John McEnroe abgelöst, dessen legendäre Wutausbrüche die Zuschauer in Bann hielten. Und 1985 gewann Boris Becker als jüngster Spieler aller Zeiten das Herren-Einzel. Steffi Graf siegte 1988 zum ersten Mal im Damen-Finale. Ein Jahr später wird das Turnier ein alleiniger Triumphzug für den bundesdeutschen Tennissport: Sowohl Becker als auch Graf gewinnen ihre Endspiele. Fakt ist: Wimbledon wird nur durch beeindruckende Spieler-Persönlichkeiten zu neuem Ruhm gelangen – und die lassen bisher auf sich warten.