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Zum Tod von Maximilian Schell

Heike Mund1. Februar 2014

Ein Weltstar mit vielen Talenten: Schauspieler und Oscar-Preisträger Maximilian Schell inszenierte Opern, spielte vorzüglich Klavier und drehte eindrucksvolle Dokumentarfilme. Mit 83 Jahren ist er in Innsbruck gestorben.

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Maximilian Schell Porträt
Bild: picture-alliance/dpa

Maximilian Schell war ein Multitalent: souverän auf der Bühne genauso wie vor und hinter der Kamera. In Erinnerung bleibt er in seiner Rolle als Anwalt eines NS-Kriegsverbrechers im Hollywood-Film “Das Urteil von Nürnberg“, für die er 1962 den Oscar bekam. Die Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus war dem Emigranten zeitlebens ein wichtiges Anliegen.

Schell inszenierte sich gerne mit großer Geste, ruhelos, charmant, weltgewandt, als ewig Suchender. “Ich habe eigentlich gar keinen Beruf. Ich wandere durch das Leben und durch alle Bereiche der Kunst“, diktierte er mit noblem Understatement in die Mikrofone der Journalisten..

Künstlerische Familienbande

Am liebsten stand er hinter der Kamera oder im dunklen Theaterraum - als Regisseur, der den anderen Anweisungen gab. Schon mit 23 Jahren begann er damit seine künstlerische Laufbahn: an der Komödie in Basel. Zwischen den Jahren 1954 und 1957 sammelte er dann schauspielerische Erfahrungen in Bonn, München, Berlin und bei den Salzburger Festspielen, wo er später in seiner Paraderolle des “Jedermann“ immer wieder auf der Bühne stand.

Geboren wurde Maximilian Schell in Wien, am 8. Dezember 1930. Sein Vater war Dichter und Bühnenautor; seine Mutter, Margarethe Noé von Nordberg, Schauspielerin. Die Familie emigrierte nach dem Anschluss von Österreich an Nazideutschland in die Schweiz. Dort wuchs er in einer Theaterwelt auf, auch seine drei Geschwister wurden später Schauspieler. Mit elf durfte zum ersten Mal eine tragende Rolle spielen: den kleinen Tell, dem der berühmte Apfel vom Kopf geschossen wird.

Maximilian Schell Schauspieler in Krakatoa
Der talentierte junge Schell als Bühnenschauspieler in einer Theaterinszenierung der frühen 50er JahreBild: Gianni Ferrari/Cover/Getty Images

Internationale Kinokarriere

Seinen ersten internationalen Film “Die jungen Löwen“ drehte er 1957 zusammen mit Montgomery Clift und Marlon Brando. Schell sprach damals nur wenig Englisch, lernte aber schnell bei den Proben von Brando dazu. “Ich war froh, daß ich überhaupt eine Rolle in Hollywood bekommen habe,“ räumte Schell im Rückblick ein, allerdings nicht ohne Stolz und Selbstbewusstsein. “Immerhin schrieb die amerikanische Filmkritik damals, nicht die Stars hätten die beste Leistung geliefert, sondern: “Maximilian Schell turned a small part into a leading role.“

Danach ging seine Karriere steil nach oben: er wurde zu einem gefragten deutschsprachigen Schauspieler – in Amerika und England. In London spielte er am berühmten Royal Court Theatre zum ersten Mal auch in englischer Sprache.Für seine Rolle als leidenschaftlicher Strafverteidiger eines Nazirichters (Burt Lancaster) im Kinofilm “Das Urteil von Nürnberg“ erhielt er den Golden Globe und 1962 als “best actor“ den begehrten Oscar: Grundstein seiner Hollywood-Karriere.

Bildergalerie Burt Lancaster Nürnbergerprozess
Maximilian Schell (links) als Strafverteidiger im Hollywood-Drama "Das Urteil von Nürnberg" (1961)Bild: Imago

Zauberwelt des Theaters

In New York spielte der junge Schauspieler aus Europa auch am Broadway. 1963 holte Regisseur Gustaf Gründgens Maximilian Schell nochmal ans Deutsche Schauspielhaus in Hamburg. Für die Hauptrolle in der legendären „Hamlet“-Inszenierung – ein Riesenerfolg für den jungen Hollywoodstar. "Wir hatten 49 Vorhänge. Das ist über eine Stunde Applaus", erinnerte sich Schell. Internationale Kinoerfolge folgten: “Topkapi“ (1964) neben Peter Ustinov, “Die Akte Odessa“(1974), “Julia“(1977) mit Jane Fonda und Vanessa Redgrave.

Zusammen mit dem Schweizer Dramatiker Friedrich Dürrenmatt verfilmte er als Regisseur dessen Buch “Der Richter und sein Henker“. Kein Erfolg an der Kinokasse. Seine Dokumentarfilme waren erfolgreicher. 1983 konnte er die alternde Diva Marlene Dietrich zu einer filmischen Begegnung überreden: Nur ihre dunkle rauchige Stimme führt durch die beeindruckende Filmdokumentation (“Marlene“), die für den Oscar nominiert und 1987 mit dem New Yorker Kritikerpreis für den besten Dokumentarfilm ausgezeichnet wurde. Seine Filmdokumentation “Meine Schwester Maria“ (2002) gehört ebenfalls zu den viel beachteten Werken des Regisseurs.

Maximilian Schell 1991 hinter der Kamera
Schell als Schauspieler in der Rolle eines Regisseurs im Film "Labyrinth" (1991), Regie: Jaromil JiresBild: picture-alliance/dpa

Charakterdarsteller mit Format

Bei seinen Film-Rollen bevorzugte Maximilian Schell große, umstrittene Charaktere: Peter, der Große, Josef Stalin oder der mörderische Regierungsrat in der Dürrenmatt-Verfilmung “Justiz“ gehörten ebenso dazu wie der Pate in dem amerikanischen Gangsterdrama “Little Odessa“ (1994). Innerhalb eines Jahres konnte der eigensinnige Schauspieler schon mal zwanzig Rollen ablehnen, weil sie ihm nicht angemessen erschienen.

Er galt als schwierig, sah das selbst aber anders: “Dabei kämpfe ich nur gegen das Mittelmaß. Mein Leben lang schon.“ Eine neue, spannende Herausforderung fand er in späten Jahren in der Opernregie. Klassische Musik bedeutete ihm viel. Sein Klavierspiel hatte sogar der berühmte Pianist Leonard Bernstein gelobt. Auf Einladung von Placido Domingo inszenierte Schell in Los Angeles Wagners “Lohengrin“ und 2005 auch den “Rosenkavalier“ von Richard Strauss.

Ewige Heimatsuche

Maximilian Schell gehört zweifelos zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Schauspielern mit internationaler Anerkennung. Doch der "Mann von Welt" blieb immer heimatverbunden. Zu Hause fühlte er sich in Kärnten: in dem großen Bauernhaus hoch oben auf der Alm, seit zwei Jahrhunderten im Familiensitz. Dieser Rückzugsort von dem anstrengenden Jet-Set-Leben war sein Refugium. Im “Allerheiligsten“ stapelten sich die Skripte zu seinen Filmprojekten, u.a. über Beethoven, die er nicht mehr realisieren konnte.

Schell war bis zuletzt voller Tatendrang und Lebensmut. Im letzten Jahr hat er noch einmal geheiratet: die 48 Jahre jüngere Opernsängerin Iva Mihanovic. “Ich bin immer ein Romantiker gewesen, ich kenn nichts anderes“, war sein Kommentar. Im Klinikum Innsbruck ist er an den Folgen einer schweren Krankheit gestorben. Sein Werk bewahrt die Erinnerung - an einen der ganz großen Film- und Theaterkünstler der Nachkriegszeit.