Wanderarbeiter weltweit
Sie zählen Millionen. Rund um den Globus verlassen Menschen ihre Heimat, um in der Ferne zu arbeiten. Wanderarbeiter bilden eine neue Arbeiterklasse. Das Museum der Arbeit in Hamburg verbildlicht ihre Einzelschicksale.
Ein Heer von Millionen
Fast geht sie unter in einem Meer aus Plastik. Unzählige Kunststofflaschen füllen den Hof, auf dem die zierliche Frau die Behälter ordnet. Sie lebt von dem, was andere wegwerfen: Sie sortiert Müll. Die junge Chinesin ist eine Wanderarbeiterin, eine von mehr als 200 Millionen allein in China. Die Menschen folgen der Arbeit, leben oft ohne festen Wohnort, rechtlos, getrennt von der Familie.
Eine neue Arbeiterklasse
Li Chen und Zhou Dong sammeln in Peking Müll, den sie waghalsig auf ihrem Fahrrad transportieren. Der Fotograf Wolfgang Müller hat die beiden bei ihrer Arbeit begleitet. Das Hamburger Museum der Arbeit zeigt zurzeit viele seiner Aufnahmen – und die acht weiterer Fotografen. "Wanderarbeiter. Fotografien einer neuen Arbeiterklasse" lautet der Titel der Ausstellung.
Hoffnung auf ein besseres Leben
Eng und primitiv sind die Unterkünfte vieler chinesischer Wanderarbeiter. Als billige Arbeitskräfte werden sie gebraucht, aber nicht respektiert. Bis zu 14 Stunden am Tag, sieben Mal die Woche verrichteten sie ihre Arbeit – oft ohne den Schutz eines Arbeitsvertrags. Dem deutschen Fotografen ermöglichten sie einen Einblick in ihr Leben. Und in ihre Hoffnungen auf ein besseres Leben.
Ein Leben auf See
Die Bilder des Fotografen Oliver Tjaden widmen sich dem Leben der "Cargonauten". Er besuchte die Seeleute auf den Containerriesen – wie hier in Bremerhaven. Über eine Million Seeleute, vor allem aus den sogenannten Niedriglohnländern, bemannen heute 50.000 Frachtschiffe.
Den Menschen ein Gesicht geben
Es sind harte Seemannsgesichter, die Tjadens Aufnahmen zeigen. Bis zu neun Monate sind diese Wanderarbeiter auf See. Von einem Hafen zum anderen, immer entlang der globalen Warenströme. An Bord ist die Arbeit monoton, Abwechslung kaum vorhanden. Oliver Tjaden und die anderen Fotografen der Ausstellung verfolgen ein Ziel: Einzelnen Menschen aus dem Heer der Wanderarbeiter ein Gesicht zu geben.
Arbeit in Verhüllung
Dem Fotograf Ralf Tooten standen Thailändische Wanderarbeiter in ihrer Arbeitskleidung Modell. Auf Baustellen in Thailand schuftet eine Unzahl von Wanderarbeitern, Schutzkleidung ist unbekannt. Stattdessen schützen sich die Menschen mit Hüten auf dem Kopf und T-Shirts oder Tüchern vor Mund und Nase vor Staub und Hitze.
Leben in der Illegalität
Die Vermummung hat aber noch einen anderen Zweck. Viele Wanderarbeiter in Thailand halten sich illegal im Land auf. Mit verhüllten Gesichtern sind die Menschen schwerer zu erkennen und können schnell untertauchen. Die Arbeitskleidung der Wanderarbeiter drückt auch ihre miserable Lebenssituation aus.
Der Traum von Deutschland
Auch in Deutschland arbeiten Hunderttausende Wanderarbeiter. Diese beiden jungen Männer träumen beim Blick auf ihre bulgarische Heimatstadt Russe von einem Leben in Deutschland. Viele Wanderarbeiter treibt die Not in die Fremde. In ihrem Heimatland herrscht oft Arbeits- und Perspektivlosigkeit.
Zerplatzte Träume
Der Fotograf Mauricio Bustamante hat diesen jungen Bulgaren bei seiner Reise nach Düsseldorf begleitet. In Deutschland erhofft er sich eine gute Arbeit. Die Realität sieht für viele Wanderarbeiter aus Osteuropa anders aus: Ein durchschnittlicher Stundenlohn von drei Euro, harte Arbeit auf dem Bau, im Schlachthof oder im Hotelgewerbe. Manche finden nur in Obdachlosenquartieren Obdach.
Land ohne Eltern
Wenn die Erwachsenen zur Arbeit in die Fremde ziehen, bleiben viele Kinder zurück. Die Fotografin Andrea Diefenbach hat in Moldawien elternlose Kinder besucht. Ein Viertel der Moldauer arbeitet inzwischen im Ausland. Mit ihren Kindern sprechen sie oft jahrelang nur per Telefon oder Internet. Die Armut treibt die Menschen zur Arbeit aus dem Land. Moldawien gilt als ärmstes Land Europas.
Die "Gastarbeiter" in Deutschland
Wanderarbeiter sind in Deutschland seit Jahrzehnten bekannt. Vor allem in das Ruhrgebiet zog es Menschen aus der Türkei, Italien und vielen anderen Ländern. Als "Gastarbeiter" wurden sie seit den 1960er Jahren angeworben. Industriezentren wie das Ruhrgebiet wurden zu einer neuen Heimat. Die Fotografin Brigitte Kraemer hat das alltägliche Leben der ehemaligen Gastarbeiter festgehalten.
Gerechtigkeit für die Wanderarbeiter
Die Ausstellung "Gastarbeiter" gibt Menschen ein Gesicht, über die sonst meist anonym in den Medien berichtet wird. Auch das wohlhabende Deutschland profitiert vom Heer der Wanderarbeiter. Wer mehr über ihr Leben erfahren möchte, kann dies bis zum 2. März 2014 im Museum der Arbeit in Hamburg tun.