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Wahlergebnis in Weißrussland stand schon fest

19. Dezember 2010

In Weißrussland hat die Präsidentenwahl stattgefunden. Noch vor Schließung der Wahllokale wurden Prognosen veröffentlicht, nach denen Amtsinhaber Lukaschenko mit 74 Prozent wiedergewählt wurde. Die Opposition ist empört.

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Zwei Personen bei der Stimmabgabe (Foto: AP)
Die Opposition spricht von einer Farce

An der Wiederwahl des seit 1994 autoritär herrschenden weißrussischen Staatschefs Alexander Lukaschenko hatte schon im Vorfeld der Abstimmung nicht wirklich jemand gezweifelt. Dass allerdings schon Stunden vor Schließung der Wahllokale Nachwahlbefragungen und Prognosen veröffentlicht wurden, nach denen Lukaschenko einen klaren Sieg eingefahren hat, sorgte dann für Entrüstung.

Aufgebrachte Bürger sammeln sich nach Ende der Wahl zu einem Protestzug in Minsk (Foto: AP)
Aufgebrachte Bürger bei einem Protestzug in MinskBild: AP

Regierungsgegner bekräftigten nochmals ihren Vorwurf der massiven Wahlfälschung. Sie forderten eine Wiederholung der Abstimmung unter Ausschluss von Lukaschenko.

"Wir kämpfen für die Freiheit"

Auf dem Oktoberplatz im Zentrum der Hauptstadt Minsk versammelten sich am Sonntagabend (19.12.2010)Tausende Anhänger der Opposition zu einer Protestkundgebung. Hundertschaften der Polizei versuchten mit Gewalt die Menschen daran zu hindern, auf den Platz zu gelangen. Einer der neun Mitbewerber, der Dichter Wladimir Nekljajew, wurde laut Augenzeugen am Kopf schwer verletzt, als Soldaten auf ihn einschlugen. Die Regierungskritiker schwenkten die alte weiß-rot-weiße Fahne des Landes und skandierten "lang lebe Weißrussland". Der oppositionelle Präsidentschaftskandidat Andrej Sannikow kündigte an, er kämpfe für die Freiheit.

Das Regime hat öffentliche Kundgebungen verboten und in Minsk zahlreiche Soldaten positioniert. Dem Vernehmen nach wurden mehr als 30 Oppositionelle bereits festgenommen.

Passanten an einem Wahlplakat in Minsk (Foto: AP)
Hat die Bevölkerung wirklich eine Wahl?Bild: AP

Mehr als 70 Prozent für den Machthaber

Der 56-jährige Staatschef komme auf 72 Prozent der Stimmen, während sein stärkster Rivale, Sannikow, lediglich sechs Prozent erzielt habe, meldete die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti am Sonntagnachmittag unter Berufung auf die vom Ekoom-Zentrum in Minsk veröffentlichten Angaben.

Das weißrussische Fernsehen veröffentlichte die Zahlen unter Berufung auf RIA Nowosti. In anderen Prognosen ist sogar von 74 Prozent der Stimmen die Rede. Ob die Bekanntgabe der Zahlen vor dem offiziellen Ende der Abstimmung einen Verstoß gegen das Wahlgesetz bedeutet, blieb zunächst unklar. Offiziell schlossen die Wahllokale um 19.00 Uhr MEZ.

Lukaschenko verhöhnt Opposition

Machthaber Lukaschenko am Wahltag vor Journalisten in Minsk (Foto: AP)
Lukaschenko: Wo ist die Opposition?Bild: AP

"Ich spüre das Vertrauen des Volkes", sagte Lukaschenko bei der Abgabe seiner Stimme in Minsk. Er erwarte eine Zustimmung von mehr als 70 Prozent, fügte er hinzu.

Der Staatschef, der sich im Wahllokal Journalisten präsentierte, verhöhnte zugleich die Opposition. "Wenn sie sich schon sechs Monate vor der Wahl über Manipulationen beschweren, erkennen sie bereits ihre Niederlage an", meinte der Machthaber.

Wurden die Stimmzettel ausgetauscht?

Bereits einen Tag vor der Wahl in Weißrussland hatten Vertreter der Opposition Lukaschenko und seinen Gefolgsleuten schweren Wahlbetrug vorgeworfen. Die Präsidentschaftskandidaten Nekliajew und Sannikow beklagten vor Journalisten, Lukaschenko habe sich schon im Vorfeld der Abstimmung die erforderlichen Stimmen gesichert.

Das Wahlsystem sieht vor, dass die Wähler schon Tage vor der eigentlichen Abstimmung ihr Kreuz machen dürfen. Die Wahllokale werden nachts nicht bewacht. Die Opposition beschuldigte den Amtsinhaber, er habe abgegebene Stimmzettel bereits vor Beginn der Wahl und der offiziellen Auszählung austauschen lassen, um sich das entsprechende Ergebnis zu sichern.

Nach Angaben der Wahlkommission vom Samstag hatte da schon fast jeder fünfte Berechtigte in Weißrussland seine Stimme abgegeben. Wahlberechtigt waren etwa sieben Millionen Menschen.

Autorin: Susanne Eickenfonder (dpa, afp, dapd, rtr)
Redaktion: Ulrike Quast