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Wagner für jedermann?

Julia Bindert25. Juli 2005

Zu den Bayreuther Festspielen ist der Andrang wieder groß. Prominenz aus aller Welt flaniert zur Premiere über den roten Teppich. Wie kommt man als Normalsterblicher ohne jahrelange Wartezeit an die begehrten Karten?

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Alle Jahre wieder - Schlange stehen in BayreuthBild: AP

Das Liebesdrama "Tristan und Isolde", neu inszeniert vom Schweizer Regisseur Christoph Marthaler, eröffnet diesmal die 94. Richard-Wagner-Festspiele in Bayreuth. Bis zum 28. August haben knapp 60.000 Besucher die Gelegenheit, im von Richard Wagner selbst entworfenen Festspielhaus die Werke des Meisters zu hören.

Glücklich können sich diejenigen schätzen, die es geschafft haben, eine der begehrten Karten zu ergattern. Seit langem sind die Bayreuther Festspiele ausverkauft, die Kartenanfragen überstiegen dieses Jahr die Anzahl der Plätze um das Zehnfache. Mal wieder. Darum ist die Wartezeit für Karten enorm lang. "Leider müssen Besucher mit einer Wartezeit von acht bis zehn Jahren rechnen", bestätigt Peter Emmerich, Pressesprecher der Bayreuther Festspiele.

Der Schwarzmarkt boomt

Bayreuther Festspiele Die Walküre
Die Walküre bekommt nicht jeder zu sehen.Bild: Bayreuther Festspiele/Arve Dinda

Opernliebhabern, die sich nicht so lange gedulden können oder wollen, bleiben meist nur zwei altbewährte Möglichkeiten: Beziehungen oder Schwarzmarkt. Wobei die Möglichkeit des "Klüngels" im Bekanntenkreis weitaus realistischer ist, als auf erschwingliche Angebote des Schwarzmarktes zu hoffen.

Im Internet werden Karten für die Festspiele en masse angeboten, allerdings bewegen sich die Kartenpreise zwischen 310 und 1200 Euro. Der amerikanische Anbieter "Ticket-Finder.com" erklärt seine Preisvorstellung von bis zu 2717 US-Dollar pro Karte für Tristan II offen und ehrlich. "Der Preis ergibt sich aus den Kosten für das Ticket, den Steuern und der großen Nachfrage an dem geringen Kontingent an Karten. Dies lässt die Möglichkeit der Preissteigerung von bis zu 500 Prozent zu", schreibt er im Internet.

Das sind Preise der Superlative, wenn man bedenkt, dass die teuerste Karte bei den offiziellen Verkaufsstellen 192 Euro kostet. Dieser Preis ergibt sich, da das Land Zuschüsse für die Karten and das Organisationskomitee bezahlt. Sinn und Zweck dieser Zahlungen ist, die Festspiele für jedermann zugänglich zu machen und nicht dass der Geldbeutel über einen Besuch entscheidet.

Kaum Eingriffsmöglichkeiten

Bayreuth Festspielhaus
Bayreuth FestspielhausBild: AP

Doch wie kommen die Händler im Internet an die scheinbar unbegrenzte Anzahl von Karten? "Zunächst werden die Bestellungen von den Ticketservices entgegen genommen, danach wenden sie sich an ihre Zulieferer. Die Zulieferer probieren dann, möglichst viele der geforderten Karten über Zwischenhändler zu besorgen. Daher rühren auch die astronomischen Preise", weiß Peter Emmerich.

Die Organisatoren sind sich der Situation auf dem Schwarzmarkt bewusst, doch sie haben kaum rechtliche Handhaben gegen die hohen Preise und den Weiterverkauf. Zwar werden die Karten stichprobenartig beim Einlass überprüft, aber Konsequenzen für den Käufer hat dies - entgegen vieler anders lautender Behauptungen - nicht. "Die oberste Priorität in Bayreuth ist und bleibt, dass sich die Festspielbesucher wohl fühlen. Karten können also durchaus übertragen werden", betont Emmerich.

Der offizielle Weg

Richard Wagner
Zeitgenössische Darstellung des deutschen Komponisten und Musikers Richard Wagner.Bild: dpa

Auf der sicheren Seite sind Festspielliebhaber also nur mit dem langen und beschwerlichen Weg: Einen Bestellschein über die Kartenstelle der Festspiele anfordern, ausfüllen und hoffen. Und zwar jedes Jahr aufs Neue, allerdings wird der Bestellschein dann automatisch geliefert. "Wir bemühen uns um ein ausgewogenes Auswahlverfahren. Wir vergeben die Karten jedes Jahr neu und berücksichtigen natürlich auch die Dauer der Bewerbungen. Allgemein gilt: Je größer der zeitliche Spielraum, desto höher die Chancen auf eine Karte", versichert Peter Emmerich.

Spontaneität ist gefragt

Ausnahmen bestätigen jedoch die Regel. Festspielkenner berichten, dass es eine Chance auf Karten zu erschwinglichen Preisen vor Ort gibt. Es gilt dann, sich bei den offiziellen Kartenstellen nach zurückgegebenen Karten zu erkundigen. Aber auch dafür muss man großes Glück haben. Oder auf das Pech und die Fairness anderer Wagnerfans spekulieren, die nach jahrelanger Wartezeit zwar Karten erhalten haben, diese aber nicht nutzen können. Dementsprechend verzweifelt fallen ihre Verkaufsangebote im Internet aus.

"Ich war so glücklich", schreibt Mercedes200869, die zwei Karten bei Ebay versteigert. "Aber mein Freund kann mich nicht begleiten, meine beste Freundin ist zu diesem Zeitpunkt im Urlaub und die andere kann aufgrund Ihres Kindes nicht sicher zusagen, ich möchte auch nicht mit irgendjemanden zu so einem Ereignis, dass man ja nicht so oft im Leben geboten bekommt. Alleine schon gleich überhaupt nicht, deswegen werde ich mich nach langem Überlegen von meinen beiden Karten trennen."