Vor 50 Jahren verstorben: Blues-Königin Janis Joplin
Ihre Auftritte und Musik waren legendär, ihr Lifestyle schrie "Sex, Drugs and Rock'n'Roll". Am 04.10.1970 starb Janis Joplin an einer Überdosis Heroin.
Janis Joplin: eine Urgewalt auf der Bühne
25. Juni 1970: Ein lila Kleid mit pinkfarbener Federboa, unzählige Hals- und Armbänder: Janis Joplin unterhält sich mit dem Fernsehmoderator Dick Cavett. Ob sie ihre Heimatstadt mal besucht? Tatsächlich werde sie demnächst dorthin fahren, kommt die Antwort, anlässlich des zehnjährigen Klassentreffens. Ob sie ihren alten Klassenkameraden viel zu sagen habe, will Cavett von ihr wissen. Janis Joplin: "Sie haben mich so sehr ausgelacht, dass ich die Klasse, die Stadt und den Bundesstaat verlassen musste." Dann setzt sie nur einen Hauch von Texas-Slang auf: "Deshalb fahre ich wieder heim. Ich werde viel lachen."
Ein Moment des Triumphes und des Schmerzes im Leben des Megastars. Nach dem Cavett-Interview bleiben ihr keine vier Monate noch zum Leben.
Das Klassentreffen an der Thomas Jefferson High School im texanischen Port Arthur wird gefilmt. Sie taucht dort in bunten Hippie-Klamotten auf, wirkt aber ungelenk, als ob sie spürt, dass sie dort nicht besonders willkommen ist. Sie wirkt in der Tat wie ein bunter Fremdkörper inmitten der geschniegelten ehemaligen Schulkameraden. Jemand interviewt sie und fragt, wer sie damals zum Schulabschlussball eingeladen habe. "Niemand", antwortet Janis, und man sieht es ihr an: Das sitzt immer noch tief.
Janis Joplin: Die Königin des Bluesrock wäre 75 geworden
Das behütete Wohlstandskind aus Texas
Janis Joplin kam am 19. Januar 1943 in der texanischen Kleinstadt Port Arthur zur Welt. Hier drehte sich alles um Öl, die Menschen waren erzkonservativ und kleinbürgerlich. Wohlbehütet wuchs sie mit ihren zwei Geschwistern auf - sie mochte Gedichte, malte gerne und sang im Kirchenchor. Und dann kam die Pubertät, die alles schwieriger machte.
Janis Joplin: Die Königin des Bluesrock wäre 75 geworden
Unglücklicher Teenie
Janis nahm zu, bekam Akne und wurde eigenbrötlerisch. Sie vernachlässigte die Schule, versank in der Kunst und der Musik und entdeckte den Blues für sich. Nach außen hin zeigte sie mehr und mehr: Ich bin keine von euch. Sie trug Männerklamotten und fing an, sich mit wenigen Gleichgesinnten zum Musikmachen zu treffen. Die Highschool schaffte sie noch, zum Studiumsabschluss reichte es nicht mehr.
Janis Joplin: Die Königin des Bluesrock wäre 75 geworden
Das Mädchen mit der Gitarre
Kurz bevor sie nach Kalifornien ging um Sängerin zu werden, entsand dieses Foto fürs Familienalbum, wo Janis brav ein paar Folksongs zur Gitarre vorträgt. Ihren ersten öffentlichen Auftritt hatte Janis Joplin noch in ihrer Heimat Texas - ausgerechnet in einer Anstalt zur Reintegration von Alkohol- und Drogensüchtigen.
Janis Joplin: Die Königin des Bluesrock wäre 75 geworden
Projekt Kalifornien gescheitert
Ihre ersten Erfahrungen als Sängerin verschwammen in Alkohol und Drogenexzessen. Sie sang in Clubs und machte Aufnahmen mit Jorma Kaukonen, dem Gitarristen von Jefferson Airplane. Doch richtig Fuß fassen konnte sie nicht, im Gegenteil. Dadurch, dass sie entweder betrunken oder stoned oder beides war, hatte sie bald den Spitznamen "Speed Freak". Sie kehrte nach ein paar Jahren zurück nach Texas.
Janis Joplin: Die Königin des Bluesrock wäre 75 geworden
Blues, Party und erste Platte
Nach einer kurzen Auszeit in Texas ging's nach San Francisco. Im Hippieviertel Haight Ahsbury ließ sie sich nieder und lernte die Bluesband Big Brother and the Holding Company kennen. Die Zusammenarbeit sah so aus: Die Band soff und schrammelte, Janis soff und sang sich die Seele aus dem Leib. 1967 kam das Debutalbum. Live brillierte sie neben Jimi Hendrix und den Stones beim Monterey Popfestival.
Janis Joplin: Die Königin des Bluesrock wäre 75 geworden
Das Mädchen wird zum Star
Die nächste Platte "Cheap Thrills" war Joplins erstes richtig große Album. Sie knallte ihre Songs ins Mikrofon, dass es beim Zuhören fast weh tat. Die Holding Company wurde zahmer und begann Janis wirklich zu begleiten. Mit "Piece Of My Heart" und "Ball And Chain" kamen 1968 die ersten Charts-Hits, die LP wurde vergoldet. Janis Joplin war ein Star geworden. Und zu einer der großen Hippie-Ikonen.
Janis Joplin: Die Königin des Bluesrock wäre 75 geworden
Die nächste Band
Janis hatte die Company längst hinter sich gelassen. Eine neue Band musste her, mit Musikern, die es schafften, Janis' Stimme ebenbürtig zu sein. Die Kozmic Blues Band entstand, ein Haufen exzellenter Musiker, der allerdings viel zu groß war. Die Platte "I Got Them Ol' Kozmic Blues Again Mama" kam - danach wurde die Band ausgedünnt und hieß dann The Full Tilt Boogie Band.
Janis Joplin: Die Königin des Bluesrock wäre 75 geworden
Polizistenbeleidigung und obszöne Sprüche
Zu Janis' kurzem turbulenten Leben gehörte auch ein kurzer Aufenthalt in Polizeigewahrsam. Sie hatte einem Polizisten gedroht, sie werde ihm ins Gesicht treten. Die Folge: eine Nacht in Haft. Ihr Anwalt holte sie raus und erwirkte beim Richter einen Freispruch wegen des Rechts auf Meinungsfreiheit. Eine Geldstrafe bekam sie aber später für Fluchen und obszönes Verhalten auf der Bühne aufgebrummt.
Janis Joplin: Die Königin des Bluesrock wäre 75 geworden
Partypeitsche, Sexmonster, Freak und Feminismus-Ikone
Janis' schillernde Persönlichkeit, das laute dreckige Lachen, ihre Geselligkeit und jede Menge Schnaps zog die Leute an wie das Licht die Motten. Sie war unkonventionell und stieg mit jedem ins Bett, Geschlecht egal. Ihr freies Leben elektrisierte auch die Feministinnen. Partyszenen wie oben zeigt die Filmdoku "Janis: A Little Girl Blue" der Regisseurin Amy Berg von 2015.
Janis Joplin: Die Königin des Bluesrock wäre 75 geworden
Der beste Freund heißt "Southern Comfort"
Wenn die Party vorbei war und kein Partner für die Nacht zur Verfügung stand, dann blieb der Southern Comfort. Der Hersteller der Whiskymarke soll ihr 15.000 Dollar dafür gegeben haben, dass sie die Flasche oft in die Kamera hält. Auf diesem Bild nach einem Konzert ist sie keine Werbefigur, sondern der einsamste Mensch der Welt.
Janis Joplin: Die Königin des Bluesrock wäre 75 geworden
Live fast, love hard, die young
Lebe schnell, liebe heftig, sterbe früh - Janis Joplin hat diesen Lebensstil nach dem Motto "Sex & Drugs & Rock'n'Roll" als einzige Frau so exzessiv gelebt wie es damals nur ihre männlichen Kollegen taten: Jimi Hendrix und Jim Morrison. Alle drei feierten ihr Leben kurz und intensiv, legten eine ungestüme Karriere hin und starben im Alter von 27 Jahren - und das auch noch fast zeitgleich.
Janis Joplin: Die Königin des Bluesrock wäre 75 geworden
Überdosis Janis
Janis Joplin starb am 4. Oktober 1970 an einer Überdosis Heroin. Absicht oder nicht - das ist nicht geklärt. Eine Theorie sagt, es sei aus Versehen geschehen, Janis habe nicht gemerkt, dass die Konzentration des Heroins sehr hoch war. Blues-Ikone Eric Burdon sagte über ihren Tod: "Die Königin des Blues starb nicht an einer Überdosis Heroin, sondern an einer Überdosis Janis".
Janis Joplin waren Konventionen egal
Janis Lyn Joplin, am 19. Januar 1943 in der Ölraffineriestadt Port Arthur geboren, konnte lesen, bevor sie zur Schule ging. Als 14-jähriges pummeliges und pickeliges Mädchen wurde sie gehänselt. Sie interessierte sich für Kunst und Literatur, schrieb Gedichte. "Ich fing an zu singen, als ich ungefähr 17 war, und für mich kam das, gelinde gesagt, als große Überraschung", sagte sie später - denn sie habe ihre laute Stimme eigentlich nur durch Zufall entdeckt.
Die innere Emigration im spießigen Milieu prägte irgendwann auch ihr Erscheinungsbild: Janis färbte ihr Haar orange, trug Männerkleidung oder zottelige Gewänder. Das von einem Minderwertigkeitskomplex geplagte Mädchen zog die Aufmerksamkeit auf sich. Eltern warnten ihre Kinder, nicht mit ihr zu verkehren, sie sei ein schlechter Einfluss.
Janis schaffte die Highschool und machte eine Ausbildung als Sekretärin. Später studierte sie Kunst an der University of Texas in Austin und wurde dort wegen ihres provokanten Erscheinungsbilds zum "hässlichsten Mann in der Uni" von einer Satirezeitschrift erklärt.
Das Newsweek-Cover von 1969
Gegenkultur in San Francisco
Mit 18 Jahren kam sie nach San Francisco, das kulturell Lichtjahre von Port Arthur, Texas, entfernt war - und wurde zur Ikone der Hippie-Bewegung. Ihre Ankunft in der Musikszene war wie ein Erdbeben. Das unscheinbare Mädchen von damals landete auf dem Cover von "Newsweek". Unter dem Titel "Rebirth of the Blues" schrieb der Kritiker: "Beim ersten und inzwischen historischen Monterey International Pop Music Festival 1967 sprengte ein Nitroglyzerinsprengstoff namens Janis Joplin die Welt des Rock weit auf. Durch den Gesang mit der gequälten Leidenschaft, der zu ihrem Wahrzeichen geworden ist, ist sie der erste weibliche Superstar des Rock geworden."
Der Film "Janis: Little Girl Blue" kam 2016 in die Kinos
Ganze fünf Jahre dauerte die Blitzkarriere. Das Ergebnis war: 15,5 Millionen allein in den USA verkaufte Alben, internationale Anerkennung - und ein selbstzerstörerischer Lebensstil.
Später wurde bekannt, wie viele Briefe sie an ihre Eltern geschrieben hatte, wie sehr sie auch von ihnen die Anerkennung suchte. Die texanische Heimat konnte sie nie ganz abstreifen. Ein Journalist der "New York Times" schrieb: "Sie ließ keine Gelegenheit aus, ihre bürgerliche Heimatstadt als Hochburg der kleinstädtischen Intoleranz abzuschreiben." Wegen des Images der Sängerin, die auf der Bühne Whisky trank, erteilte ihr die texanische Großstadt Houston ein Auftrittsverbot. Und auch in ihrer Geburtsstadt ließ man es sie spüren, dass sie hier nicht willkommen war. Für ihre Eltern war es entsetzlich, sie saufend und Obszönitäten schreiend auf der Bühne zu sehen. Trotzdem stand die Familie bis zum Schluss zu ihr.
Mit Jimi Hendrix im Club 27
Am 4. Oktober 1970 erschien Janis Joplin nicht zu einer verabredeten Aufnahmesession bei den Sunset-Sound Studios in Los Angeles. Dort hatte sie zusammen mit ihrer Full Tilt Boogie Band an ihrem Album "Pearl" gearbeitet. Ein Kollege fuhr zu ihrem Hotel; dort lag sie tot auf dem Fußboden. Todesursache: Überdosis an Heroin. Die Gitarrenlegende Jimi Hendrix war gerade mal zwei Wochen davor gestorben, auch 27 Jahre alt.