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Politik

Neue Chance für Santos und den Frieden

Tobias Käufer
7. Oktober 2016

Das Nobelpreiskomitee stärkt einen angeschlagenen Präsidenten Santos und einen ins Stocken geratenen Friedensprozess in Kolumbien. Über erste Reaktionen berichtet Tobias Käufer aus Bogota.

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Kolumbien Juan Manuel Santos Präsident Friedensnobelpreisträger 2016
Bild: picture-alliance/AP Photo/F. Vergara

Die Nachricht aus Oslo erreichte die Menschen in Kolumbien erst mit dem Frühstücksfernsehen: "Historisch, Juan Manuel Santos ist Friedensnobelpreisträger", jubelt „El Tiempo", das wichtigste Blatt des Landes, das einst seinem Vater Enrique gehörte, wenige Minuten nach vier Uhr morgens Ortszeit. Nur wenige Minuten später reagiert auch die Pressestelle des Präsidentenpalastes. "Überwältigt und dankbar", sei der Präsident, heißt es in einer ersten Stellungnahme aus dem Casa Narino. Santos, der gelernte Jurist und Journalist, hat damit ein glückliches Ende einer dramatischen Woche erlebt. 

Santos fühlte sich zu sicher

Am Sonntag fiel sein Friedensabkommen mit der linksgerichteten FARC-Guerilla durch die Volksabstimmung. Vier Jahre lang hatten seine Unterhändler in der kubanischen Hauptstadt Havanna den am Ende 297 Seiten umfassenden Vertrag ausgefochten. Am Ende war es ein Abkommen, das viele handwerkliche Fehler enthielt und das angreifbar wurde für die vielen Gegner aus dem rechtskonservativen Lager. Doch Santos stand dazu. Er fühlte sich sicher, zu sicher. Die feierliche Unterzeichnung des Vertrages in Cartagena vor der Volksabstimmung geriet durch das Nein zur Farce.

Unterstützung von der Straße

In der Nacht seiner größten Niederlage rang Santos mit sich und den richtigen Worten. Er habe keinen Plan B hatte das Staatsoberhaupt im Vorfeld der Volksabstimmung betont. Nun aber brauchte er einen Plan. Rückendeckung kam endlich von der Straße. Dort wo sich bislang keine Friedenseuphorie breitgemacht hatte. Zehntausende Studenten marschierten am Mittwoch mit Kerzen und weißen Hemden zur Plaza Bolivar im Herzen der Stadt. Von hier aus konnte der Präsident hören wie seine Landsleute die Nationalhymne sangen. Der Amtssitz des Präsidenten liegt nur einen Steinwurf weit weg. Das machte ihm Mut. Santos forderte die Gegner des Nein-Lagers auf, Farbe zu bekennen. Es müsse schnell gehandelt werden, damit der Friedensprozess nicht in tausend Stücke zersplittere, forderte Santos von seinen Gegenspielern.

Ausgezeichnet mit dem Friedensnobelpreis wird er mit seinem politischen Intimfeind, Ex-Präsident Alvaro Uribe, nun wieder auf Augenhöhe streiten können. Für den Frieden in Kolumbien ist das eine neue Chance. Und vielleicht auch die letzte.