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Ohne Sport ist Nordkorea noch isolierter als zuvor

John Duerden
21. Oktober 2021

Nach dem Verzicht auf die Olympischen Spiele in Tokio und dem Rückzug aus der Qualifikation für die Fußball-WM steht Nordkorea auch sportlich im Abseits.

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Nordkorea Sport-Diplomatie
Nordkoreanische Athleten nehmen an den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang teilBild: picture-alliance/AP Photo/C. Ena

Nordkorea ist als Staat in selbstgewählter Isolation bekannt. Dennoch arbeitet das Land mit der internationalen Gemeinschaft auf dem Gebiet des Sports seit langem zusammen. Das Nationalteam Nordkoreas war die erste asiatische Mannschaft, die bei einer Fußball-Weltmeisterschaft aufhorchen ließ und 1966 das Viertelfinale erreichte. Bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio gewannen die Athleten sieben Medaillen, darunter zweimal Gold. Bei den Asienspielen 2018 gingen insgesamt 37 Medaillen an Nordkorea.

Noch 2019 sah es gut aus für den nordkoreanischen Sport. Die Olympischen Spiele im benachbarten Japan standen vor der Tür. Nordkoreas Fußballer waren recht gut in die WM-Qualifikation gestartet. Der führende Fußballverein des Landes, April 25 SC, hatte das Finale des AFC-Pokals erreicht, des asiatischen Pendants zur Europa League. Dann brach die Corona-Pandemie aus.

Mittlerweile sind die Sportlerinnen und Sportler weltweit wieder in die Hallen und auf die Plätze zurückgekehrt. Nicht so in Nordkorea. Im vergangenen April verkündete die Führung in Pjöngjang, dass Nordkorea - wie sich herausstellte, als einziges Land der Welt - wegen der Pandemie nicht an den Olympischen Spielen teilnehmen werde. Im Mai zog sich das Land aus der Qualifikation für die Fußball-WM 2022 in Katar zurück. 

Für den in Japan geborenen Fußballspieler An Yong Hak, der von 2002 bis 2012 vierzig Spiele für die nordkoreanische Nationalmannschaft bestritt, gab es keine andere Wahl. "Es gibt kein Coronavirus in Nordkorea, keine einzige Person hat es", sagte An. "Aber es gibt keine internationalen Reisen, also können wir nicht in andere Länder reisen und spielen. Es ist frustrierend für die Spieler, aber sie kennen die Situation und wissen, warum es passiert."

Fussball I Pedro Mendes und  An Yong Hak
Der Nordkoreaner An Yong Hak (2.v.l.)bei der Fußballweltmeisterschaft 2010 in Südafrika in der Partie gegen PortugalBild: Ryan Wilkisky/Sports Inc/empics/picture alliance

Keine COVID-19-Fälle?

Wie verbreitet ist das Virus in dem Land tatsächlich? "Das ist ein weiteres nordkoreanisches Rätsel", sagte Aidan Foster-Carter, Korea-Experte an der Universität Leeds in England, der DW. "Die meisten Experten gehen davon aus, dass es einige Fälle gibt, aber nicht sehr viele."

Im vergangenen Juli lehnte Nordkorea eine angebotene Spende von fast zwei Millionen Dosen des Impfstoffes von AstraZeneca ab. Einen Monat später wies die Führung in Pjöngjang auch die Offerte von fast drei Millionen Ampullen des chinesischen Impfstoffs Sinovac zurück. Im August ließ die Weltgesundheitsorganisation WHO wissen, dass in Nordkorea laut der dortigen Regierung mehr als 37.000 Menschen auf COVID-19 getestet worden seinen, keiner dieser Tests sei positiv ausgefallen. Nordkorea hat über 25 Millionen Einwohner. 

Fürchtete die Führung in Pjöngjang, dass infizierte Sportler das Virus ins Land bringen könnten, und zog sich deshalb von den Olympischen Spielen und der WM-Qualifikation zurück? "COVID ist eine berechtigte Sorge. Nordkorea verfügt nicht über die medizinische Infrastruktur oder die Ressourcen, um einen Ausbruch zu bewältigen", sagte Jean Lee vom Wilson Center, einem nach dem früheren US-Präsidenten Woodrow Wilson benannten Forschungszentrum in Washington. Lee leitete früher das Büro des Nachrichtenagentur Associated Press in Pjöngjang.

"Ich vermute aber, dass die Regierung auch deshalb die Grenzen geschlossen hat, um den Informationsfluss in einer politisch angespannten Zeit zu unterbinden. Möglicherweise hielt es die nordkoreanische Führung für keinen guten Zeitpunkt, ihre Athleten ins Ausland zu schicken", fügte Lee hinzu, der vor dem jüngsten Raketentest von Pjöngjang mit der DW sprach.

Sportbegeisterte Bevölkerung

Auf die beiden größten Sportereignissen der Welt zu verzichten, dürfte dem Regime um Staatchef Kim Jong-un nicht leicht gefallen sein. Die Menschen in Nordkorea gelten als sportbegeistert. So feierten 2014 in Pjöngjang mehrere hunderttausend Menschen die U-16-Fußballmannschaft, die gerade die Asienmeisterschaft gewonnen hatte. Medaillengewinne in Tokio, der Hauptstadt der einstigen Kolonialmacht Japan, wären in Nordkorea gut angekommen.

"Sport ist für die Nordkoreaner wichtig, weil er ihnen die Möglichkeit bietet, Nordkorea zu internationalem Ruhm zu verhelfen", sagt Lee. "Internationale Sportereignisse bieten zudem eine Gelegenheit für Sportdiplomatie."

Pyeongchang Olympische Winterspiele Eishockey Frauen
Bei den Winterspielen 2018 in Pyeongchang spielt ein kombiniertes Fraueneishockey-Team unter dem Namen "Korea"Bild: picture-alliance/AP Photo/F. Franklin II

Die Entscheidung Pjöngjangs, an den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang in Südkorea teilzunehmen, war auch ein Triumph für die Propaganda Nordkoreas. Sowohl das Internationalen Olympische Komitee (IOC) als auch die Regierung in Seoul begrüßten den Schritt. Die beiden Mannschaften aus Korea - das sich de facto noch immer im Kriegszustand befindet, da der Koreakrieg von 1950 bis 1953 mit einem Waffenstillstand und nicht mit einem Friedensvertrag endete - liefen bei der Eröffnungsfeier gemeinsam ein und traten mit einem gesamtkoreanischen Eishockey-Frauenteam an. IOC-Präsident Thomas Bach sprach damals von einem "Triumph" der olympischen Ideale.

Auch im Sport isoliert

Der Rückzug von den Olympischen Spielen und aus der Qualifikation für die Fußball-WM 2022 hat Konsequenzen. So schloss das IOC im September Nordkorea von dem Olympischen Winterspielen im nächsten Jahr in Peking aus.

"Sie [die Nordkoreaner - Anm. d. Red.] haben gegen die Olympische Charta verstoßen und sind ihrer Verpflichtung zur Teilnahme nicht nachgekommen", sagte Bach.

Nordkorea ist nicht nur politisch isoliert, sondern nun auch im Sport.

Der Text wurde aus dem Englischen adaptiert.