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Geplatzter Deal

20. Dezember 2011

Der US-Telefonkonzern AT&T hat beim geplanten Kauf von T-Mobile USA das Handtuch geworfen - die Bedenken der Wettbewerbshüter waren zu groß. Nun bleibt die Telekom vorerst auf ihrem Problemkind in den USA sitzen.

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T-Mobile am Times Sqaure in New York (Foto: dapd)
T-Mobile USA am Times Sqaure in New YorkBild: dapd
AT&T-Zentrale in Detroit (Foto: dapd)
Übernahme gescheitert: AT&T-Zentrale in DetroitBild: dapd

Noch im März dachte Telekom-Chef René Obermann, er habe ein Sorgenkind weniger. Rund 39 Milliarden Dollar wollte es sich der amerikanische Telefongigant AT&T kosten lassen, die Telekom-Tochter T-Mobile USA zu übernehmen - Geld, das Obermann liebend gerne in den Abbau der Schulden des Konzerns gesteckt hätte. Doch daraus wird jetzt nichts: AT&T hat seine Übernahmepläne ad acta gelegt. Das Vorhaben war auf massiven Widerstand des US-Justizministeriums gestoßen, und zuletzt hatte auch noch die Telekommunikationsaufsicht FCC große Bedenken gegen den Deal geltend gemacht. Denn AT&T hätte nach der Übernahme mit rund 130 Millionen Kunden und nur noch zwei Wettbewerbern eine marktbeherrschende Stellung in den USA gehabt.

Immerhin: Etwas Bargeld als Trostpflaster bekommt René Obermann doch noch. AT&T wird rund drei Milliarden Dollar überweisen, Geld, das die Amerikaner der Telekom für den Fall eines Scheiterns der Transaktion versprochen hatten. Außerdem bekommt T-Mobile USA ein Paket von Mobilfunk-Frequenzen und darf für sieben Jahre das UMTS-Netz von AT&T mit benutzen, eine Vereinbarung, deren Wert Analysten noch einmal auf rund drei Milliarden Dollar schätzen.

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Telekom, Rene Obermann (Foto: dpa)
Telekom-Chef René Obermann wird sein Sorgenkind nicht losBild: picture alliance/dpa

Schwacher Trost

"Ein schwaches Trostpflaster", meint Torsten Gerpott im Gespräch mit DW-WORLD.DE. Der Wirtschaftsprofessor mit Schwerpunkt Telekommunikation an der Universität Duisburg-Essen verweist darauf, dass der Bonner Konzern für sein US-Abenteuer schon eine Menge Geld hingelegt hat. Im Jahr 2000 hatte der damalige Telekom-Chef Ron Sommer 39,4 Milliarden Euro für die US-Firma Voicestream bezahlt, die später in T-Mobile USA umbenannt wurde. Glücklich geworden sind seine Nachfolger damit nicht. Denn das US-Geschäft ist die größte Problemsparte der Telekom. Zwar trägt es ein Viertel zum Konzernumsatz bei, Gewinne brachte es der Telekom aber nie.

"Jetzt steht T-Mobile USA schlechter da als vorher. Entweder man findet noch einen anderen Käufer, oder man muss noch einmal Geld in die Hand nehmen, um in den Netzausbau zu investieren", sagt Torsten Gerpott. Denn das Netz von T-Mobile USA gilt als löchrig und schlecht ausgebaut. Zwar hat T-Mobile USA in den vergangenen beiden Jahren rund fünf Milliarden Dollar in die US-Netze investiert. "Aber sie haben erst relativ spät begonnen, in Datennetze zu investieren", sagt der Wirtschaftsprofessor. "Den Verkaufserlös hätte man in Deutschland gut gebrauchen können. Entweder um Schulden abzubauen oder um den Netzausbau hierzulande zu forcieren, Stichwort LTE". Mit LTE (Long Term Evolution) ist das Mobilfunknetz der vierten Generation gemeint, das den UMTS-Standard ablösen und Downloadgeschwindigkeiten von bis zu 300 Megabit pro Sekunde ermöglichen soll.

Telekom will Dividendenversprechen halten

Techniker der Deutschen Telekom haben 2010 in Kyritz/Brandenburg den ersten Sendemast mit der neuen Mobilfunktechnik LTE errichtet (Foto: Deutsche Telekom)
Netzausbau: LTE kostet MilliardenBild: Deutsche Telekom

Telekom-Chef René Obermann zeigte sich am Dienstag (20.12.2012) tief enttäuscht von den amerikanischen Aufsichtsbehörden. Sowohl die Telekom als auch AT&T hatten argumentiert, dass die Übernahme die Abdeckung mit mobilen Datendiensten in den USA erhöhen und viele Arbeitsplätze schaffen würde. Aber: "Bis zum Schluss war keine Bereitschaft zu erkennen, sich im Detail mit Zugeständnissen zu befassen", sagt Obermann. Es sei "nicht nachvollziehbar", dass die Behörden eine Transaktion behindert hätten, die zur flächendeckenden Abdeckung der USA mit mobilem Internet beigetragen hätte.

Immerhin: Am Montagabend (19.12.2011) nach Börsenschluss hatte die Telekom erklärt, sie rechne für das laufende Jahr trotz des gescheiterten Verkaufs weiterhin mit einem bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von rund 19,1 Milliarden Euro. Durch die Auflösung des Kaufvertrages solle T-Mobile USA künftig wieder als fortzuführendes Geschäft der Deutschen Telekom bilanziert werden - etwas anderes bleibt der Bonner Konzernzentrale momentan auch nicht übrig. Immerhin will die Telekom ihr Dividendenversprechen halten und für dieses und nächstes Jahr jeweils 70 Cent pro T-Aktie an die Anteilseigner ausschütten. Größter Aktionär ist die Bundesrepublik Deutschland mit gut 30 Prozent.

Autor: Rolf Wenkel
Redaktion: Henrik Böhme