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Vergifteter Wahlkampf in der Ukraine

Ute Schaeffer28. September 2004

Am 31. Oktober wählen die Ukrainer einen neuen Präsidenten. Gute Aussichten haben Regierungschef Janukowitsch und Oppositionsführer Juschtschenko. Doch je näher die Wahl rückt, desto mehr häufen sich die Ungereimtheiten.

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Regierungschef Janukowitsch - dunkle Machenschaften?Bild: AP

Gab es nun einen Giftanschlag auf den Präsidentschaftskandidaten Viktor Juschtschenko oder nicht? "Nascha Ukraina", das Oppositionsbündnis, das der frühere Premier führt, ist von einem Mordkomplott gegen den populären Politiker jedenfalls fest überzeugt. Das einzig Transparente bei dieser Präsidentenwahl könnten die Wahlurnen sein. Diese hatte die Zentrale Wahlkommission extra neu angeschafft - als deutliches Zeichen in Richtung Ausland. Doch der Rest des Wahlkampfes bleibt undurchsichtig.

Umfragen besagen nichts

Viktor Juschtschenko Präsidentschaftskandidat der Opposition
Viktor Juschtschenko: aussichtsreicher GegenkandiatBild: AP

Umfragen zufolge liegt Oppositionskandidat Viktor Juschtschenko vor seinem größten Konkurrenten, Regierungschef Viktor Janukowitsch. Er ist weit populärer als der amtierende Regierungschef und die Mehrheit der Wähler will ihm ihre Stimme geben. Ob das Wahlergebnis entsprechend ausfällt, bleibt zu bezweifeln, denn zu offensichtlich sind die Manipulationen.

Regierungschef Viktor Janukowitsch, der erneut für das Amt kandidiert, verfügt über das Wahl entscheidende Machtmittel im Staat, die so genannten administrativen Ressourcen: Er verpflichtet Lehrer, Soldaten, Beamte und alle Angestellten der öffentlichen Verwaltung ganz einfach darauf, ihn zu wählen. So rufen Lehrer die Eltern auf Elternabenden zur Unterstützung von Janukowitsch auf, verpflichten Chefärzte ihre Mitarbeiter zu dessen Unterstützung. Anderenfalls - so die Drohung - verlören sie den Job und damit ihre Existenz. Diese Methode hat sich bereits in der Vergangenheit als effektiv erwiesen.

Dunkle Vergangenheit

Auch ansonsten gilt Janukowitsch nicht gerade als Mann der weißen Weste: Zweimal ist der Vorsitzende der "Partei der Regionen" bereits vorbestraft, und er gilt als Interessensvertreter großindustrieller Clans. Sie finanzieren seinen Wahlkampf, unterstützen ihn politisch und kontrollieren die Medien im Land. Ohne die Rückendeckung der Oligarchen dieser Partei wird niemand Präsident in der Ukraine. Das hat auch Oppositionschef Juschtschenko verstanden, dessen Wahlkampf ebenfalls von einer Reihe von Unternehmern finanziert wird.

Demonstration i Kiew Zeitung
Demonstrationen für MeinungsfreiheitBild: AP

Er verkauft sich als moralische Alternative zum vorbestraften Konkurrenten. Und die Menschen erinnern sich an Juschtschenkos Zeit als Regierungschef, als Stipendien und Renten regelmäßig flossen und das Land auf einem wirtschaftlichen Reformkurs war. Aus dieser Zeit resultiert die hohe Glaubwürdigkeit des Kandidaten. Aber auch in seinem Umkreis finden sich Berater und Parteigenossen, die allein ihre Interessen - in der Regel wirtschaftliche - verfolgen. Diesen wird auch der Kandidat der Opposition, sollte er Präsident werden, Tribut zollen müssen.

Richtungsweisende Wahl

Trotz aller Ungereimtheiten im Vorfeld wird die Wahl eine Richtungsentscheidung, nach innen wie nach außen. Denn die Kandidaten stehen für unterschiedliche Gesellschafts- und Politikmodelle. Und dass die Ukrainer diese Alternative derzeit so breit diskutieren und sich die Opposition bisher gut behaupten konnte, bedeutet mit Blick auf den Urnengang auch: Die Ukraine hat eine echte Wahl - jetzt muss sie nur noch frei und fair verlaufen.