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PolitikAsien

USA: Ringen um Iran-Strategie

Shabnam von Hein
12. März 2021

Diplomatie statt Druck: So sollte unter Biden die neue Iran-Politik lauten. Aber Fortschritte bleiben bislang aus, Experten sehen die Chancen schwinden.

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Washington Joe Biden Nancy Pelosi Gespräch Corona Hilfspaket
Bild: Captital Pictures/picture alliance

Jüngste Äußerungen und Maßnahmen der US-Regierung gegenüber dem Iran und die Reaktionen aus Teheran lassen noch keine Annäherung der konträren Positionen im Atom-Streit erkennen. Am Dienstag hatte Außenminister Antony Blinken die ersten neuen, wenn auch eng begrenzten, US-Sanktionen gegen den Iran verkündet: Wegen Menschenrechtsverletzungen wurde eine Einreisesperre gegen zwei Verhörspezialisten der iranischen Revolutionsgarden und ihre Angehörigen verhängt. Die US-Regierung werde weiterhin alle geeigneten Mittel in Erwägung ziehen, "um die Verantwortlichen für Misshandlungen und Menschenrechtsverletzungen in Iran zur Rechenschaft zu ziehen", erklärte Blinken.

Eingefrorene Gelder aus Südkorea

Am Mittwoch deutete er an, dass Washington einer Freigabe von Geldern, die Südkorea dem Iran für Öllieferungen schuldet, derzeit nicht zustimmen werde. "Solange der Iran sich nicht wieder an seine Verpflichtungen unter dem Atomabkommen hält, wird er nicht in den Genuss von Sanktionserleichterungen kommen", sagte Blinken laut der Agentur AFP vor dem Auswärtigen Ausschuss des US-Senats.

Sein iranischer Amtskollege Dschawad Sarif kommentierte am Donnerstag per Twitter: "Die USA behaupten, sie setzen auf Diplomatie, und nicht auf  Trumps gescheiterte Politik des ‚maximalen Drucks.‘ Trotzdem gibt (Blinken) damit an, dass sie Südkorea daran hindern wollen, UNSER Geld an den Schweizer Handelskanal zu überweisen, der nur für Nahrungsmittel und Medikamente genutzt wird. Die Wiederholung  der alten Politik wir keine neuen Ergebnisse bringen."

Präsident Hassan Rohani bekräftigte Teherans Haltung: "Der Iran werde seine Verpflichtungen aus dem Abkommen wieder vollständig erfüllen, wenn die USA ihre Sanktionen gegen den Iran aufheben."

Verhärtung auf beiden Seiten

"Die neue US-Regierung entwickelt noch ihre Strategie im Umgang mit Iran," erklärt der Politikwissenschaftler Cornelius Adebahr gegenüber der der DW. "Präsident Biden hat zwar frühzeitig angedeutet, dass er eine andere, diplomatischere Politik als sein Vorgänger verfolgen wolle. Bislang ist hiervon – auch zum Leidwesen der Europäer – jedoch nicht viel zu sehen."

Die US-Regierung um Präsident Biden will ins Atomabkommen mit Iran zurückkehren
Die US-Regierung um Präsident Biden will ins Atomabkommen mit Iran zurückkehrenBild: Reuters/European Commission

Die US-Regierung will das Atomabkommen mit dem Iran retten. Aus diesem Abkommen, das nach einem fast zwölf Jahre dauernden Verhandlungsmarathon mit dem Iran erreicht wurde, sind die USA unter dem Republikaner Donald Trump 2018 einseitig ausgestiegen. Als Reaktion darauf reduzierte der Iran seine Verpflichtungen aus dem Abkommen schrittweise. Der jüngste Schritt Teherans betraf die Zusammenarbeit mit der internationalen Atomenergiebehörde IAEA.

"Die Positionen verhärten sich sowohl in Iran als auch den USA", sagt Iran-Experte Adebahr von der Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik. "Dabei läuft den Verhandlungspartnern tatsächlich die Zeit davon. Neben den iranischen Präsidentschaftswahlen drängt nun auch die Frist in der Zusammenarbeit mit der IAEA. So ist eine Rückkehr beider Seiten zum Deal von 2015 zwar weiterhin möglich, aber auch extrem schwierig."

Revolutionsgarden in Wartestellung

Die Hardliner im iranischen Parlament hatten mit einem Gesetz vom vergangenen Dezember die iranische Atomorganisation AEOI verpflichtet, ihre Zusammenarbeit mit der IAEA einzuschränken. Konkret sollen die Inspekteure der IAEA nicht mehr die Möglichkeit haben, Kontrollen beliebiger verdächtiger Anlagen mit kurzer Voranmeldung durchzuführen. Am 21 Februar gelang es IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi bei einem Besuch in Teheran, Regeln auszuhandeln, die mindestens drei Monate lang gelten und den iranischen Beschluss abfedern sollen.

Ein Kommandeur der Revolutionsgarden Saeed Mohammad möchte Irans Präsident werden
General Saeed Mohammad, ein Wirtschaftsführer der Revolutionsgarden, möchte Irans nächster Präsident werden Bild: rouydad24

Der Regierung in Teheran bleibt nicht viel Zeit für Verhandlungen. Im Juni wird der nächste Präsident gewählt. Amtsinhaber Rohani darf nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten. Die Hardliner bereiten sich auf das Rennen um das Präsidentenamt vor, so auch Mitglieder der Revolutionsgarden. Einer ihrer Kommandeure, Saeed Mohammad, der bislang das mächtige Baukonglomerat der Revolutionsgarden "Khatam Al-Anbia" leitete, kündigte vergangene Woche in iranischen Medien seine Kandidatur an. 

Bremswirkung durch US-Innenpolitik

"Die Biden-Administration verliert wertvolle Zeit, indem sie diplomatische Initiativen hinauszögert", teilt die aus dem Iran stammende amerikanische Journalistin Negar Mortazavi auf der DW aus Washington mit. Mortazavi, die diesen Monat auf der Liste der "30 inspirierenden Frauen" des US-Wirtschaftsmagazins "Forbes" steht, nennt als einen Grund den Einfluss von Hardlinern gegenüber dem Iran innerhalb der US-Demokraten. "Eine kleine aber mächtige Minderheit in der Demokratischen Partei, hauptsächlich Senator Bob Menendez, versucht die diplomatische Annäherung an den Iran zu sabotieren und will eine schnelle Rückkehr ins Atomabkommen verhindern", sagt Mortazavi.

Ein Hebel dafür sei die hauchdünnen Mehrheit von Bidens Demokraten im Senat. Dort laufen noch die Anhörungen für die Besetzung von Regierungsposten, und Biden braucht jede Stimme im Senat, um seine Kandidaten durchzubringen. Menendez ist Vorsitzender des Auswärtigen Senats-Ausschusses. Biden habe außerdem die Kongresswahlen in zwei Jahren im Blick, sagt die Washingtoner Journalistin: Das Thema Aufhebung von Sanktionen gegen den Iran bringe keine Stimmen.