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Könnte ein verurteilter Donald Trump Präsident werden?

14. April 2024

Noch nie hatte ein ehemaliger US-Präsident ein Strafverfahren am Hals - und Donald Trump hat gleich vier. Wie kann deren Ausgang seine Präsidentschaftskandidatur beeinflussen? Und was, wenn er ins Gefängnis müsste?

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Donald Trump winkt Touristen in New York zu. Er ist in Anzug und Krawatte gekleidet.
Donald Trump, der erste ehemalige US-Präsident, der sich einem Strafverfahren stellen mussBild: Andrea Renault/ZUMA Wire/IMAGO

Donald Trump, der voraussichtliche Kandidat der Republikanischen Partei für die US-Präsidentschaftswahl im November 2024, ist als erster ehemaliger US-Präsident überhaupt in einem Strafverfahren angeklagt. Ab dem 15. April wird vor einem New Yorker Gericht darüber verhandelt, ob er in seinem Präsidentschaftswahlkampf 2016 Bestechungsgeld gezahlt hat, um Geschichten über außerehelichen Sex mit einem Pornostar zu vertuschen.

Dieser Prozess in New York ist nur das erste von insgesamt vier Strafverfahren, die Trump bevorstehen. In Georgia geht es um angebliche Versuche, seine Niederlage in diesem Bundesstaat bei den Präsidentschaftswahlen 2020 zu kippen. Und dann gibt es noch zwei Bundesverfahren, in denen ihm erstens vorgeworfen wird, 2020 wissentlich Wahlbetrugslügen verbreitet zu haben, um an der Macht zu bleiben. Und im zweiten Verfahren muss er sich dafür verantworten, nach seinem Ausscheiden aus dem Weißen Haus illegal geheime Regierungsdokumente aufbewahrt zu haben.

Donald Trump kommt an einem New Yorker Strafgericht an, viele Polizisten sind vor Ort
Jedes Mal, wenn Trump vor Gericht erscheint, gibt es ein Spektakel.Bild: Selcuk Acar/Anadolu/picture alliance

Kann Donald Trump im Falle einer Verurteilung noch für das Präsidentenamt kandidieren?

Ja. Unabhängig davon, wie diese Fälle ausgehen, wird Trump für das Präsidentenamt kandidieren können. Die US-Verfassung stellt nur drei Anforderungen an Personen, die diesen Job anstreben: Sie müssen als Staatsbürger in den Vereinigten Staaten geboren worden und mindestens 35 Jahre alt sein. Und sie müssen mindestens 14 Jahre lang in den USA gelebt haben. Nirgendwo steht, dass ein verurteilter Krimineller nicht kandidieren oder Präsident werden könnte.

Könnte Trump nach dem 14. Zusatzartikel der US-Verfassung disqualifiziert werden?

Abschnitt 3 des 14. Zusatzartikels zur US-Verfassung besagt, Personen, die sich "an einem Aufstand oder einer Rebellion beteiligt" haben, nachdem sie einen Eid auf die Verfassung geleistet haben, sind von der Ausübung "eines zivilen oder militärischen Amtes in den Vereinigten Staaten" ausgeschlossen.

Aktivisten, die Trump aufgrund dieser Klausel disqualifiziert sehen wollen, verweisen auf das Verhalten des damaligen Präsidenten im Vorfeld des Angriffs auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021. Sie sagen, Trumps Lüge, die Demokraten hätten ihm den Wahlsieg gestohlen, hätten den rechten Mob erst ermutigt, an diesem Tag das Kapitol zu stürmen. Deswegen zähle sein Handeln als Beteiligung an einem Aufstand.

In einer Reihe von Bundesstaaten wurde versucht, Trump auf Grundlage dieses Zusatzartikels von den Wahlzetteln bei den Vorwahlen zu streichen. Im März 2024 verwarf der Oberste Gerichtshof einen solchen Versuch in Colorado und erklärte, die Bundesstaaten seien nicht befugt, Personen von der Kandidatur für ein Bundesamt auszuschließen.

Die "Verantwortung für die Durchsetzung von Abschnitt 3 gegen Bundesbeamte und -kandidaten liegt beim Kongress", stellte der Oberste Gerichtshof klar. 

Doch die Mehrheit im Kongress ist geteilt: die Republikaner haben sie im Repräsentantenhaus, und die Demokraten, wenn auch knapp, im Senat. Da ist es sehr unwahrscheinlich, dass Trumps Kandidatur aufgrund des 14. Zusatzartikels gekippt werden könnte.

Weitere historische Anklage gegen Trump

Dürfte Trump im Falle einer Verurteilung bei den Präsidentschaftswahlen wählen?

Wahrscheinlich nicht. Trump ist im Bundesstaat Florida als Wähler registriert. Verurteilte Straftäter haben dort kein Wahlrecht.

"Die meisten Straftäter in Florida erhalten ihr Wahlrecht zurück, nachdem sie ihre Strafe vollständig abgesessen haben, einschließlich der Bewährung und der Zahlung aller Geldstrafen und Gebühren", erklärt Politikreporterin Maggie Astor in der New York Times.

Trumps Bewährungszeit, sollte er eine Bewährungsstrafe bekommen, würde aber wahrscheinlich nicht rechtzeitig ablaufen, damit er sein Wahlrecht noch wiedererlangen könnte.

Donald und Melania Trump nach Stimmabgabe bei den Zwischenwahlen 2022 vor einem Wahllokal in Florida
Falls er verurteilt wird, könnte Trump sich wahrscheinlich nicht selbst wählenBild: Joe Raedle/Getty Images

Aber was passiert, wenn Trump ins Gefängnis muss?

Das weiß niemand.

"Wir sind so weit von allem entfernt, was jemals zuvor passiert ist", sagte Erwin Chemerinsky, Verfassungsrechtsexperte an der University of California in Berkeley, der New York Times. "Es ist reine Spekulation."

Rechtlich gesehen wäre Trump weiterhin zur Kandidatur berechtigt, auch wenn er hinter Gittern sitzt. Aber ein Präsident, der gewählt wird, während er im Gefängnis sitzt, wäre eine logistische Herausforderung.

Journalistin Astor spekuliert, Trump könnte "auf Freilassung klagen, mit der Begründung, seine Inhaftierung würde ihn daran hindern, seine verfassungsmäßigen Pflichten als Präsident zu erfüllen".

Doch wie gesagt - das alles ist noch nie dagewesen und eine Vorhersage damit nicht möglich.

Könnte Trump, falls er gewählt wird, seine Verfahren einstellen oder sich selbst begnadigen?

Theoretisch könnte Trump eine potenzielle Haftstrafe aussetzen, ohne seine Verurteilung aufzuheben. Er könnte aber auch versuchen, sich selbst vollständig zu begnadigen. Beides wären extreme Formen der präsidialen Machtausübung, die wahrscheinlich vor dem Obersten Gerichtshof (wo die konservativen Richter eine 6:3-Mehrheit haben) auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüft werden müssten. Alternativ könnte Präsident Joe Biden am Ende seiner Amtszeit einen siegreichen Trump begnadigen, damit der von den Amerikanern gewählte Mann das Land regieren kann.

Solche Maßnahmen würden jedoch nur für Trumps Bundesverfahren gelten, nicht aber für das bevorstehende Schweigegeldverfahren in New York oder den Fall der Wahlbeeinflussung in Georgia. Präsidenten haben nicht die Befugnis, Verurteilungen aus bundesstaatlichen Verfahren aufzuheben.

Carla Bleiker
Carla Bleiker Redakteurin, Channel Managerin und Reporterin mit Blick auf Wissenschaft und US-Politik.@cbleiker