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Politik

Umfrage: Demokratie-Unzufriedenheit wächst

30. April 2019

Eine internationale Studie hat gemessen, wie zufrieden Menschen in 27 Ländern mit dem Funktionieren ihrer Demokratien sind. Das Ergebnis zeigt weltweit eine beunruhigende Entwicklung.

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In Indien können derzeit über 900 Millionen Wähler über ein neues Parlament abstimmen
In Indien können derzeit über 900 Millionen Wähler über ein neues Parlament abstimmenBild: UNI

Weltweit sind immer mehr Menschen unzufrieden mit dem Funktionieren von Demokratien. Das hat eine in Washington veröffentlichte internationale Studie des Meinungsforschungsinstituts Pew ergeben. Demnach sind in den 27 befragten Ländern 51 Prozent der Menschen unzufrieden mit dem Stand ihrer Demokratien. Wie stark die Unzufriedenheit ist, variiert je nach Land und Kontinent. Besonders deutlich zugenommen hat sie in Indien um 22 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr. In dem Land bestimmen derzeit 900 Millionen Wähler ein neues Parlament. Auch in den USA äußerten sich mit 58 Prozent mehr Menschen unzufrieden mit der Demokratie, ein Anstieg von 7 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr.

Nirgends in Europa ist die Demokratie-Unzufriedenheit stärker angestiegen als in Deutschland
Nirgends in Europa ist die Demokratie-Unzufriedenheit stärker angestiegen als in DeutschlandBild: picture-alliance/dpa/S. Gollnow

Auch in Europa äußern sich viele Bürger kritisch gegenüber den Demokratien in ihren Ländern. In den zehn befragten Ländern Europas zeigte sich in sechs eine Mehrheit unzufrieden: Frankreich (51 Prozent), Ungarn (53 Prozent), Großbritannien (55 Prozent), Italien (70 Prozent), Spanien (81 Prozent) und Griechenland (84 Prozent).

Eine unzufriedene Minderheit hingegen gab es in Schweden (30 Prozent), den Niederlanden (34 Prozent), Polen (44 Prozent) und Deutschland (43 Prozent). Allerdings nahm die Unzufriedenheit in Europa nirgends so rasch zu wie in Deutschland mit 17 Prozentpunkten mehr als im Vorjahr. 

Als einziges Land Europas hat die Unzufriedenheit in Frankreich abgenommen
Als einziges Land Europas hat die Unzufriedenheit in Frankreich abgenommenBild: picture-alliance/ZUMAPRESS.com/Sadak Souici

Abgenommen hat die Unzufriedenheit von 2017 auf 2018 in Europa lediglich in Frankreich - und zwar um 14 Prozentpunkte. In Frankreich fand die Umfrage vom 24. Mai bis zum 3. Juli 2018 statt, also vor Beginn der sogenannten Gelbwesten-Proteste im Herbst. Weltweit nahm die Unzufriedenheit neben Frankreich nur in zwei der befragten Länder ab: in Südkorea und in Mexiko. In beiden Ländern zeigten sich die Menschen zufriedener mit der Demokratie im Vergleich zum Vorjahr. In Südkorea fiel die Unzufriedenheit sogar besonders stark von 69 Prozent auf 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 

Wirtschaft eines Landes entscheidend

Um die Einstellung der Menschen besser zu verstehen, fragt die Pew-Studie nach verschiedenen wirtschaftlichen, (sicherheits-)politischen und sozialen Faktoren. Eine der am stärksten ausgeprägten Verbindungen zu Demokratie-Missmut ist die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage im Land. In 24 der 27 befragten Nationen waren jene Menschen, die sich negativ über den Zustand ihrer Wirtschaft äußerten, auch eher unzufrieden mit dem Stand der Demokratie.

Infografik Wirtschaftspessimismus im Verhältnis zur Demokratie-Unzufriedenheit Streudiagramm DE

 

Beispielsweise äußerten sich acht von zehn Ungarn, die mit der Wirtschaft unzufrieden waren auch kritisch gegenüber der Demokratie, während dies nur 26 Prozent derjenigen taten, die mit der Wirtschaft des Landes zufrieden waren.

Populistische Parteien als beschleunigender Faktor 

Auch die Einstellung zu populistischen Parteien wirkt sich laut Studie auf die Zufriedenheit gegenüber der eigenen Demokratie aus. Generell tendieren Anhänger von populistischen Parteien dazu, auch unzufrieden mit der Demokratie zu sein. Beispielsweise sind beinahe 60 Prozent der Anhänger der populistischen Schwedendemokraten unzufrieden, während dies nur 17 Prozent derjenigen sind, die der Partei kritisch gegenüberstehen.

Dasselbe Muster zeigt sich auch bei den Anhängern linkspopulistischer Parteien, beispielsweise bei Anhängern der französischen "La France Insoumise" Partei. Dieses Muster wird allerdings bei zwei europäischen populistischen Parteien durchbrochen: der britischen "Ukip"-Partei und der griechischen "Syriza"-Partei. Bei beiden sind die Anhänger der Parteien auch zufriedener mit der Demokratie im Land.

In Europa sieht die Studie auch einen Zusammenhang bei Demokratie-Unzufriedenheit und einer negativen Sicht auf die EU. Gleiches gilt für die Sicht auf das Thema Migration. Für die Studie befragten die Pew-Forscher zwischen Mai und August 2018 insgesamt 30.133 Menschen in 27 Staaten.

lh/fab (dpa, kna)