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KonflikteUkraine

Ukraine: Putin bleibt dem BRICS-Gipfel fern

19. Juli 2023

Damit nimmt der Kremlchef Druck von Südafrika, das als BRICS-Gastgeber Putin verhaften müsste. Nach dem Ende des Getreideabkommens will Russland Schiffe im Schwarzen Meer als Gegner einstufen. Unser Nachrichtenüberblick.

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Die Präsidenten Südafrikas und Russlands, Cyril Ramaphosa und Wladimir Putin, beim BRICS-Gipfeltreffen im November 2019 in Brasilien
Die Präsidenten Südafrikas und Russlands, Cyril Ramaphosa und Wladimir Putin, beim BRICS-Gipfeltreffen im November 2019 in BrasilienBild: Mikhail Metzel/ITAR-TASS/IMAGO

Das Wichtigste in Kürze:

  • Außenminister Lawrow wird Putin beim BRICS-Gipfel vertreten
  • Moskau betrachtet einige Schwarzmeer-Bereiche als gefährlich für Schiffe
  • Kiew: 60.000 Tonnen Getreide bei Angriffen in Odessa vernichtet
  • Feuer auf der Krim: 2000 Menschen müssen vier Dörfer verlassen
  • US-General: Ukrainische Gegenoffensive ist keineswegs gescheitert

 

Russlands Präsident Wladimir Putin verzichtet vor dem Hintergrund von Auseinandersetzungen über einen gegen ihn ausgestellten internationalen Haftbefehl auf die persönliche Teilnahme am Gipfel der BRICS-Staaten in Südafrika. Er werde an der Konferenz der Spitzenvertreter aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika nicht teilnehmen, teilte das Büro des südafrikanischen Präsidenten mit. Die Entscheidung sei in gegenseitigem Einvernehmen getroffen worden. Putin werde durch Außenminister Sergej Lawrow vertreten. Später wurde in Moskau bekannt, dass der Kremlherrscher per Videoschalte an der Runde teilnehmen will. Die Staats- und Regierungschefs der BRICS-Staaten treffen sich vom 22. bis 24. August in Johannesburg. 

Mit dem Reise-Verzicht Putins kommt die südafrikanische Regierung um die heikle Entscheidung herum, den russischen Präsidenten festzunehmen oder aber den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) zu ignorieren. Das Gericht in Den Haag beschuldigt Putin, verantwortlich an der Deportation ukrainischer Kinder und der erzwungenen Überführung von Ukrainern in die Russische Föderation zu sein. Südafrika als ICC-Mitglied wäre verpflichtet, Putin bei der Einreise zu verhaften.

Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa hatte den ICC gebeten, Putin nicht verhaften zu müssen, da dies "einer Kriegserklärung" gleichkäme. Nun erklärte der russische Regierungssprecher, man habe Südafrika nicht gedroht, dass eine Verhaftung Putins Krieg bedeute. Allerdings müsse jedermann klar sein, was eine Verletzung seiner Rechte bedeute, sagte er weiter, ohne konkreter zu werden. Südafrika bezeichnet sich im Ukraine-Krieg als neutral. Von westlichen Ländern wird es aber als ein enger Verbündeter Moskaus betrachtet.

Moskau: Schiffe im Schwarzen Meer gelten als Gegner

Nach dem Ende des Abkommens über die Ausfuhr ukrainischen Getreides will Russland Schiffe in den betroffenen Gebieten des Schwarzen Meeres als mögliche Gegner einstufen. Ab Donnerstag um Mitternacht (Mittwoch, 23 Uhr MESZ) würden die Schiffe als "potenzielle Träger militärischer Fracht" eingestuft, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Es sei eine Warnung an die Schifffahrt herausgegeben worden im Zusammenhang mit dem Ende der Schwarzmeer-Initiative. Demnach seien Bereiche des Nordwestens und des Südostens der internationalen Gewässer des Schwarzen Meeres als gefährlich für die Schifffahrt eingestuft worden, hieß es in Moskau weiter.

Das mit ukrainischem Getreide beladene Frachtschiff "Samsun" verlässt am 16. Juli den Hafen von Odessa
Die "Samsun" startete am Sonntag - als bisher letztes Frachtschiff mit ukrainischem Getreide - von Odessa aus ihre Fahrt über das Schwarze MeerBild: Serhii Smolientsev/REUTERS

Begleitet von großer internationaler Kritik hatte der Kreml das Getreide-Abkommen am Montag nach rund einjähriger Laufzeit nicht mehr verlängert. Mithilfe der Vereinbarung, die im Juli 2022 unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei zustande kam, konnten in den vergangenen Monaten trotz des Krieges fast 33 Millionen Tonnen Getreide auf dem Seeweg ins Ausland exportiert werden. 

60.000 Tonnen Getreide bei Attacken in Odessa vernichtet?

Russland hat nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gezielt Standorte für ukrainische Getreideexporte angegriffen. Moskau habe in der Nacht in der Region Odessa "absichtlich die Infrastruktur des Getreideabkommens ins Visier genommen", erklärte Selenskyj. Russland hatte die Region Odessa nach ukrainischen Angaben mit Raketen und Drohnen angegriffen. Nach Behördenangaben wurden Getreideterminals und Infrastruktur in den Häfen von Odessa und Tschornomorsk angegriffen. Dabei seien 60.000 Tonnen Getreide zerstört worden, erklärte der ukrainische Landwirtschaftsminister Mykola Solsky. Es werde "mindestens ein Jahr dauern, bis die beschädigte Infrastruktur vollständig repariert ist".

Ein schwer beschädigtes Haus in der ukrainischen Stadt Odessa
Dieses Haus in der ukrainischen Stadt Odessa wurde durch russischen Beschuss schwer beschädigtBild: OLEKSANDR GIMANOV/AFP

Ukrainischen Angaben zufolge war es der zweite nächtliche Angriff in Folge auf die Region seit dem Auslaufen des Getreideabkommens am Montag. Die Staatsanwaltschaft erklärte, es habe sich um den bislang größten Angriff an der Schwarzmeerküste von Odessa gehandelt. Mindestens zehn Menschen, darunter ein neunjähriger Junge, seien verletzt worden. Das russische Verteidigungsministerium erklärte hingegen, die Angriffe hätten "militärisch-industriellen Anlagen, Infrastruktur für Treibstoff und Munitionsdepots der ukrainischen Streitkräfte" gegolten.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock verurteilte die Angriffe scharf. Russlands Präsident Putin habe nicht nur das Abkommen zum Export von ukrainischem Getreide aufgekündigt, sondern überziehe nun auch Odessa "mit Bombenhagel", schrieb Baerbock auf Twitter. Damit raube er der Welt jede Hoffnung auf ukrainisches Getreide. "Jede seiner Bomben trifft auch die Ärmsten der Welt."

Auf der Krim müssen 2000 Menschen vier Dörfer verlassen

Nach einem Brand auf einem militärischen Gelände auf der von Russland völkerrechtswidrig annektierten Halbinsel Krim müssen 2000 Menschen aus der näheren Umgebung in Sicherheit gebracht werden. Betroffen seien die Einwohner von vier Ortschaften, teilte der örtliche Gouverneur Sergej Axjonow im Onlinedienst Telegram mit. Wegen des Feuers sei zudem die Autobahn zwischen dem Hafen von Kertsch im Osten der Krim und der Stadt Sewastopol im Südwesten der Halbinsel gesperrt. Sie ist die wichtigste Straße über die Halbinsel. Betroffen war demnach die Region um die Stadt Stary Krym im Osten der Halbinsel.

Dicke Qualm-Wolken steigen über der Krim auf
Dicke Qualm-Wolken steigen über der Krim aufBild: Stringer/REUTERS

Russische Medien berichteten von Explosionen und einem brennenden Munitionslager. Die ukrainische Nachrichtenagentur RBC-Ukraine meldete, es sei zu Explosionen auf dem militärischen Gelände gekommen. Russische Behörden bestätigten die Berichte zunächst nicht. 

Die Ukraine hat bereits mehrfach russische militärische Ziele auf der Krim angegriffen und strebt eine Rückeroberung der Halbinsel an. Russland hat sich die ukrainische Halbinsel am Schwarzen Meer 2014 einverleibt und nutzt sie derzeit als Aufmarschgebiet für den Angriffskrieg gegen die Ukraine.

US-General: Ukrainische Gegenoffensive nicht gescheitert

Das US-Militär ist Äußerungen entgegengetreten, die Gegenoffensive der Ukraine sei gescheitert. Dies sei keineswegs der Fall, erklärte Generalstabschef Mark Milley. "Die Ukrainer rücken stetig und zielstrebig vor", sagte Milley im US-Verteidigungsministerium nach einem Online-Treffen der internationalen Ukraine-Kontaktgruppe, das der Koordinierung der Militärhilfe diente. "Ich denke, es gibt noch viel zu kämpfen, und ich bleibe bei dem, was wir zuvor gesagt haben: Es wird lang, es wird hart, es wird blutig." Als Grund für das langsame Vorrücken gegen die russische Armee nannte Milley von den Angreifern vermintes Gebiet. "Die Verluste, die die Ukrainer bei dieser Offensive erleiden, gehen nicht so sehr auf die Stärke der russischen Luftwaffe zurück, sondern auf Minenfelder", sagte er.

US-Generalstabschef Mark Milley
US-Generalstabschef Mark Milley bei der Pressekonferenz nach dem virtuellen Treffen der internationalen Ukraine-KontaktgruppeBild: Manuel Balce Ceneta/AP Photo/picture alliance

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin versicherte, dass die Verbündeten des von Russland angegriffenen Landes nicht nachlassen würden bei ihrer Unterstützung für die Ukraine. "Unsere Arbeit geht weiter, und wir werden alles tun, was wir können, um sicherzustellen, dass die Ukrainer erfolgreich sein können."

Eklat über Ukraine-Krieg beim EU-CELAC-Treffen in Brüssel

Das erste große Gipfeltreffen der EU mit lateinamerikanischen und karibischen Staaten seit acht Jahren ist von Streit über eine Erklärung zum Ukraine-Krieg überschattet worden. Mit Russland verbündete Länder wie Nicaragua, Venezuela und Kuba setzten bei der zweitägigen Zusammenkunft in Brüssel durch, dass der Text keine explizite Verurteilung des Krieges enthält und Russland nicht einmal erwähnt wird.

Am Ende brachten die 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die 33 Länder der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (CELAC) lediglich ihre "tiefe Besorgnis über den anhaltenden Krieg gegen die Ukraine" zum Ausdruck, der immenses menschliches Leid verursache und bestehende Verwundbarkeiten der Weltwirtschaft verstärke. Russland als Aggressor ist in dem Dokument aber nicht genannt. Bis auf das Moskau-treue Nicaragua stimmten alle CELAC- und EU-Staaten nach zähen Verhandlungen diesem "weichgespülten" Text zu.

Ziel der EU war es, mit der Gipfelerklärung eine klare Botschaft an den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu senden. Diesem soll deutlich gemacht werden, dass er in der Weltgemeinschaft zunehmend isoliert ist und bei einer Fortsetzung des Angriffskriegs weitere wirtschaftliche Nachteile fürchten muss.

sti/uh/se/kle/qu/fw (dpa, rtr, afp) 

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus Kriegsgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.