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Weniger Wachstum in Europa

16. Mai 2022

Der Ukraine-Krieg drückt das Wirtschaftswachstum in der EU und treibt die Inflation. Dafür sorgen vor allem die Energiepreise. Die Staatsverschuldung in den EU-Ländern geht aber zurück.

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Siemens Turbinenfertigung
Turbinenfertigung bei SiemensBild: picture-alliance/dpa/J. Lösel

Die EU-Kommission hat ihre Wachstumsprognose für die europäische Wirtschaft wegen des Krieges in der Ukraine drastisch nach unten korrigiert. Die Wirtschaft der EU sowie der Euro-Länder wird in diesem Jahr nur um 2,7 Prozent wachsen statt wie bisher erwartet um vier Prozent, so die am Montag in Brüssel vorgelegte Frühjahrsprognose. Die Vorhersage für die Inflation in den Euro-Ländern 2022 hat sich fast verdoppelt auf 6,1 Prozent.

Schon in ihrer Winterprognose im Februar hatte die Brüsseler Behörde ihre Vorhersagen unter anderem wegen der hohen Energiepreise und der Omikron-Welle der Corona-Pandemie anpassen müssen. Der Krieg in der Ukraine und vor allem die weiterhin hohen Preise für Energie und andere Rohstoffe üben weiter Druck aus, wie die Kommission mitteilte. Dazu kämen kriegsbedingte Störungen der Lieferketten.

Für kommendes Jahr geht die EU-Kommission von 2,3 Prozent Wachstum in der EU und im Euroraum aus. In ihrer Februar-Prognose hatte sie noch 2,8 Prozent für die EU und 2,7 Prozent für die Euro-Länder im Jahr 2023 vorhergesagt.

Symbolbild Steigende Energiepreise: Eine Hand dreht am Heizungsthermostat
Vor allem die gestiegenen Energiepreise machen Haushalten zu schaffenBild: Hauke-Christian Dittrich/dpa/picture alliance

Energiepreise treiben Inflation

Bei der Inflation im Euroraum hat sich die Prognose für die Euro-Länder in diesem Jahr fast verdoppelt, von den bisher vorhergesehenen 3,5 auf 6,1 Prozent im Jahresdurchschnitt. Das liege vor allem an den hohen Energiepreisen, hieß es. 2023 soll die Inflation auf 2,7 sinken - also immer noch oberhalb der von der Europäischen Zentralbank (EZB) angestrebten zwei Prozent.

Vor Kriegsbeginn war die Kommission noch von einem Schnitt von 1,7 Prozent im kommenden Jahr ausgegangen. In der gesamten EU geht die Kommission sogar von einer durchschnittlichen Teuerung von 6,8 Prozent dieses Jahr und 3,2 Prozent im nächsten Jahr aus.

Schlechtere Aussichten für Deutschland

Auch für die deutsche Wirtschaft wurde die Prognose deutlich korrigiert, unter anderem aufgrund des Ukraine-Krieges. Die EU-Kommission geht für dieses Jahr nur noch von 1,6 Prozent Wachstum aus, statt wie bisher erwartet 3,6 Prozent. Im nächsten Jahr wird Europas größte Volkswirtschaft demnach um 2,4 Prozent wachsen statt der bislang prognostizierten 2,6 Prozent.

Wirtschaft in Ostdeutschland | Partzsch Unternehmensgruppe. Männer arbeiten an Maschinen
Der Ukraine-Krieg bremst auch den Export deutscher Maschinen und Anlagen. Die Geschäftserwartungen hätten sich in Folge des Ukraine-Kriegs stark eingetrübt, berichtete VDMA-Chefvolkswirt Ralph Wiechers am Montag. "Zusätzlich haben sich dadurch sowie in Folge des Lockdowns in China die Probleme in den Lieferketten verschärft, sei es durch Lieferengpässe oder verlängerte Lieferzeiten."Bild: Waltraud Grubitzsch/dpa-Zentralbild/picture alliance

Entspannung bei Verschuldung

Trotz staatlicher Kosten in Folge des Ukraine-Kriegs lässt die Verschuldung in der Euro-Zone nach Einschätzung der EU-Kommission nach. Das Staatsdefizit im gesamten Währungsraum dürfte 2022 weiter auf 3,7 Prozent sinken und im nächsten Jahr auf 2,5 Prozent zurückgehen, heißt es in der Frühjahrsprognose.

Im ersten Coronajahr 2020 war das Staatsdefizit wegen der Finanzhilfen rund um die Pandemie noch massiv auf gut sieben Prozent gesprungen und dann 2021 auf 5,1 Prozent gesunken. Ein starker Arbeitsmarkt und das Hochfahren der Wirtschaft nach der Corona-Krise sollten die Volkswirtschaften unterstützen "und dazu beitragen, die Staatsverschuldung und die Defizite zu senken", erklärte EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni.

Die Euro-Länder haben zum Teil verschiedene Pakete geschnürt, um Unternehmen, Verbraucherinnen und Verbraucher von den stark gestiegenen Energiepreisen zu entlasten. Zudem treiben Hilfen für Geflüchtete aus der Ukraine die Staatsausgaben nach oben. Die Schulden im Verhältnis zur Wirtschaftskraft dürften laut Prognose im Euro-Raum im laufenden Jahr auf knapp 95 Prozent sinken und 2023 auf fast 93 Prozent fallen. Das wäre aber noch über dem Niveau vor der Pandemie-Krise. Diese sogenannte Schuldenstandsquote hatte 2020 den Rekordwert von 99,2 Prozent erreicht und war 2021 nur leicht auf gut 97 Prozent gesunken.

Die EU-Schuldenregeln wurden 2020 ausgesetzt, um den Ländern mehr Spielraum zu geben, die Folgen der Pandemie abzufedern. Die Regeln im Stabilitätspakt sehen vor, dass die Neuverschuldung auf drei Prozent der Wirtschaftsleistung begrenzt wird und die Gesamtverschuldung auf 60 Prozent.

iw/hb (dpa, afp, rtr)