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PolitikEuropa

Aktuell: Neue schwere Raketenangriffe

31. Oktober 2022

Die Ukraine soll von mindestens 50 Raketen getroffen worden sein. Kiews Bürgermeister Klitschko bittet Europäer um weitere Hilfe. Zwölf Getreidefrachter verließen ukrainische Häfen Richtung Istanbul. Ein Überblick.

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Russischer Raketenangriff auf Kiew
Immer wieder wird jetzt auch die Hauptstadt Kiew mit Raketen angegriffen Bild: Gleb Garanich/REUTERS

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Ukraine meldet wieder massive Raketenangriffe aus Russland
  • Kiewer Bürgermeister Klitschko bittet Europäer um weitere Hilfe
  • Mit Getreide und anderen Gütern beladene Frachter liefen Richtung Istanbul aus
  • Selenskyj verkündet militärische Erfolge in der Donezk-Region
  • Pro-ukrainische Demonstration in Prag

 

Die russischen Streitkräfte haben wieder zahlreiche Städte in der Ukraine mit Raketen beschossen. Im ganzen Land gab es Luftalarm, die ukrainische Flugabwehr sei aktiv, meldeten die dortigen Behörden. Auch in der Hauptstadt Kiew, in Charkiw und Saporischschja sowie im Westen des Landes waren Explosionen zu hören. Die Behörden riefen die Menschen auf, sich in Schutzbunkern und anderen Räumen in Sicherheit zu bringen. 

Im mehreren Regionen des Landes stünden "Einrichtungen zur Stromversorgung" unter Beschuss, teilte der stellvertretende Leiter des ukrainischen Präsidialamts, Kyrylo Timoschenko, mit. "Einige der Raketen wurden von der Luftabwehr abgeschossen, andere aber trafen ihr Ziel." Laut der ukrainischen Armee wurden mindestens 50 russische Raketen abgefeuert.

In Kiew warten Anwohner die Luftangriffe in einer U-Bahn-Station ab
In Kiew warten Anwohner die Luftangriffe in einer U-Bahn-Station ab Bild: ANDRII NESTERENKO/EFE/EPA

Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko teilte mit, die Strom- und die Wasserversorgung der Hauptstadt seien teilweise ausgefallen. Etwa 350.000 Wohnungen seien zeitweise ohne Strom gewesen. Derzeit seien noch 250.000 Haushalte betroffen. 80 Prozent aller Hauptstadt-Bewohner hatten am Morgen kein Wasser. Inzwischen hat sich laut Klitschko die Lage auch hier verbessert. In 40 Prozent der betroffenen Verbrauchsstellen sei die Wasserversorgung noch nicht wieder hergestellt.

Russland hat die massiven Raketenangriffe auf ukrainische Energieanlagen bestätigt. Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte mit, dass auch ukrainische Militärobjekte mit Raketen von Bombern aus der Luft und von Kriegsschiffen aus beschossen wurden.

Kiewer Bürgermeister Klitschko bittet Europäer um weitere Hilfe

Mit Blick auf den wachsenden öffentlichen Druck auf die Regierungen in ganz Europa wegen steigender Inflation und Energiekosten hat der Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko, die EU-Staats- und Regierungschefs aufgerufen, standhaft zu bleiben und die lebenswichtige Hilfe für die Ukraine aufrechtzuerhalten. "Bitte stehen Sie der Ukraine weiter bei. Das ist sehr wichtig für uns. Denn wir kämpfen und verteidigen nicht nur unsere Heimat und unser Land. Wir verteidigen jeden einzelnen von Ihnen in Europa", sagte der Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt der Deutschen Welle.

Screenshot | DW Interview mit Bürgermeister von Kiew Vitali Klitschko
DW-Interview mit dem Kiewer Bürgermeister Vitali KlitschkoBild: DW

"Wir kämpfen für dieselben demokratischen Werte", fügte er hinzu und betonte, der russische Präsident Wladimir Putin wolle die Invasion der Ukraine unbedingt fortzusetzen. "Es ist kein Geheimnis, dass Putin sich als jemand präsentiert, der die ehemaligen Besitztümer Russlands einsammelt. Er will das Sowjetimperium, das russische Imperium, wieder aufbauen." Klitschko sagte auch, er glaube, dass Moskau aufgrund von Rückschlägen an der Front absichtlich Zivilisten und die Infrastruktur in der Ukraine ins Visier nehme.

Nach Ansicht Klitschkos ändert das russische Militär seine Taktik. "Sie hatten an der Front keinen Erfolg und versuchen nun, kritische Infrastrukturen zu zerstören." Die Angriffe auf die Infrastruktur in Kiew haben dazu geführt, dass Hunderttausende von Wohnungen ohne Strom und Wasser sind. Im Gespräch mit der DW betonte Klitschko, die Russen verhielten sich wie "Terroristen".

Ukraine will russische Großoffensive gestoppt haben

In seiner täglichen Videobotschaft erklärt Präsident Wolodymyr Selenskyj, die ukrainischen Streitkräfte hätten eine schwere russische Offensive in der Region Donezk zurückgeschlagen. Zudem habe die Ukraine mit der Gefangennahme russischer Soldaten ihre Reserven für einen weiteren Gefangenenaustausch vergrößert.

Eine ukrainische Panzerartillerie in der Nähe von Bachmut, Region Donezk
Ein schwerer ukrainischer Panzer in der Nähe von Bachmut in der Region Donezk (Archivbild)Bild: Libkos/AP/picture alliance

Mit den wichtigsten Vertretern von Militär und Sicherheitsorganen hat Selenskyj erneut über den Fortgang des Abwehrkampfes beraten. Dabei sei es auch um die möglichen Pläne des Feindes für die kommende Zeit gegangen, sagte der Staatschef in seiner Videoansprache. Einzelheiten nannte er nicht. Allerdings sind auf solche Sitzungen des Oberkommandos schon mehrfach Offensiven der ukrainischen Streitkräfte gefolgt.

Zwölf Getreideschiffe laufen Richtung Istanbul aus 

Trotz der russischen Aussetzung des Abkommens zum Export von Getreide aus der Ukraine sollen weiterhin Schiffe über den Korridor im Schwarzen Meer ausfahren. Die Delegationen der Vereinten Nationen, der Türkei und der Ukraine hätten sich auf einen entsprechenden Plan geeinigt, heißt es in einer Mitteilung des Koordinierungszentrums in Istanbul. Die russische Delegation sei darüber informiert worden.

Hunger am Horn von Afrika: Eine Frau in einem Flüchtlingslager in Somalia hält ihre unterernährte Tochter in den Händen
Warten auf die Nothilfe, warten auf Getreide aus der Ukraine: Hungernde Menschen in Somalias Hauptstadt MogadischuBild: Farah Abdi Warsameh/AP/dpa/picture alliance

An diesem Montag legten zwölf Schiffe von ukrainischen Häfen ab. Das teilte das Infrastrukturministerium in Kiew mit. Die Militärverwaltung der Hafenstadt Odessa gab bekannt, 354.500 Tonnen Agrarprodukte hätten per Schiff die Schwarzmeer-Häfen der Ukraine verlassen. Das sei eine Rekordmenge. 

Der Getreideexport aus der Ukraine kann trotz einer von Russland angekündigten Aussetzung des Getreideabkommens nach Ansicht der Vereinten Nationen weitergehen. Das machte UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths bei einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates deutlich. Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja sagte jedoch: Die Vereinbarung könne nicht ohne Russland umgesetzt werden.

Norwegens Armee in erhöhter Alarmbereitschaft

Norwegen versetzt sein Militär in eine erhöhte Alarmbereitschaft, um die Sicherheitsvorkehrungen als Reaktion auf den Krieg in der Ukraine zu verstärken. Dies kündigt Ministerpräsident Jonas Gahr Störe an. "Dies ist die schwerste Sicherheitslage seit mehreren Jahrzehnten", sagt er auf einer Pressekonferenz. "Es gibt keine Anzeichen dafür, dass Russland seine Kriegsführung auf andere Länder ausweitet, aber die zunehmenden Spannungen machen uns anfälliger für Bedrohungen, Geheimdienstoperationen und Beeinflussungskampagnen. 

Zuletzt waren in Norwegen mysteriöse Drohnenflüge beobachtet worden, besonders nahe Ölplattformen im Meer. Mehrere Russen wurden im Zusammenhang mit den Drohnen festgenommen. Zudem nahm die norwegische Spionageabwehr in der vergangenen Woche einen mutmaßlichen russischen Spion fest, der sich als brasilianischer Forscher ausgegeben hatte. Das NATO-Mitglied teilt eine 198 Kilometer lange Grenze mit Russland. 

Pro-ukrainische Kundgebung in Tschechien

Auf dem Prager Wenzelsplatz haben sich Zehntausende Menschen für die weitere Unterstützung des ukrainischen Abwehrkampfs eingesetzt. Mit ihrer Demonstration "gegen die Angst" wollten sie zeigen, dass Tschechien stark genug sei, die aktuelle Krise zu bewältigen, und daher keine Angst zu haben brauche, erklärten die Veranstalter. Die Demonstranten führten ukrainische, tschechische und EU-Fahnen mit sich. In einer Videobotschaft wandte sich auch die ukrainische Präsidentengattin Olena Selenska an die Kundgebungsteilnehmer.

Eine Demonstrantin trägt eine große tschechische Flagge - und hält kleine tschechische und ukrainische Fahnen in der Hand
Pro-ukrainische Demonstration auf dem Wenzelsplatz in PragBild: Michal Cizek/AFP

Tschechien gehört wie die Nachbarländer Polen und Slowakei zu den vehementesten politischen und militärischen Unterstützern der Ukraine. Allerdings hatten bei vorangegangenen Kundgebungen Zehntausende gegen Energiepreissteigerungen und gegen tschechische Hilfe für die von Russland angegriffene Ukraine protestiert.

qu/kle/se/rb/fw (AFP, AP, dpa, epd, KNA, Reuters)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.