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KonflikteUkraine

Ukraine aktuell: Peking will Kooperation mit Moskau ausbauen

24. Mai 2023

China stärkt Russland weiter den Rücken. US-Journalist Evan Gershkovich bleibt in russischer Untersuchungshaft. Die EU lieferte bereits 220.000 Artilleriegeschosse an die Ukraine. Nachrichten im Überblick.

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China Peking | Begrüßungszeremonie | Michail Mischustin
Bild: Alexander Astafyev/dpa/picture alliance

Das Wichtigste in Kürze:

  • China will seine Kooperation mit Russland ausbauen
  • Steinmeier: Deutschland beteiligt sich an Stärkung der NATO-Ostflanke
  • Russland verlängert Untersuchungshaft von US-Reporter Gershkovich bis 30. August
  • EU lieferte bereits 220.000 Artilleriegeschosse an die Ukraine
  • Präsident Selenskyj will Marineinfanterie ausbauen

 

Die Volksrepublik sei bereit, die Zusammenarbeit mit Russland in verschiedenen Bereichen voranzutreiben und auf eine "neue Stufe" zu heben, sagt Chinas Ministerpräsident Li Qiang bei einem Treffen mit dem russischen Regierungschef Michail Mischustin in Peking. Mischustin ist der ranghöchste Vertreter der russischen Führung, der die chinesische Hauptstadt seit Beginn der Ukraine-Invasion Ende Februar 2022 besucht. Mischustin und Li unterzeichneten eine Reihe von Grundsatzvereinbarungen, etwa zur Vertiefung des Handels und der Zusammenarbeit im Sport.

Russland bekommt zunehmend die Folgen der Sanktionen zu spüren, die der Westen im Zuge des Ukraine-Kriegs verhängt hat. Die Regierung in Moskau versucht deshalb, verstärkt andere Abnehmer etwa für die wichtigsten Einnahmequellen Öl und Gas zu finden. Sie setzt insbesondere auf die Unterstützung der Volksrepublik. Russland geht davon aus, dass seine Energielieferungen nach China in diesem Jahr voraussichtlich um 40 Prozent steigen werden. Chinas Exporte nach Russland wiederum nahmen zuletzt deutlich zu. Allein im April legten sie nach Angaben der chinesischen Zollbehörden im Vergleich zum Vorjahresmonat um 153 Prozent zu, nachdem sie sich im März mehr als verdoppelt hatten.

Deutschland beteiligt sich an Stärkung der NATO-Ostflanke

Nach Angaben von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird Deutschland seinen Beitrag zur weiteren Stärkung der NATO-Ostflanke als Reaktion auf den Ukraine-Krieg leisten. Man sei nicht nur bereit, die NATO allgemein in ihrer Verteidigungsfähigkeit mehr zu unterstützen. Deutschland wisse, dass insbesondere die Ostflanke auch durch Präsenz gestärkt werden müsse, sagte Steinmeier in der rumänischen Hauptstadt Bukarest nach einem Gespräch mit Präsident Klaus Iohannis.

Rumänien | Frank-Walter Steinmeier und Klaus Johannis
Steinmeier (l.) zollt Iohannis (r.) "großen Respekt" für die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge Bild: Vadim Ghirda/AP/picture alliance

Zugleich versicherte er Iohannis, dass Deutschland die rumänischen Sicherheitsbedürfnisse mit ganz besonderer Sensibilität sehe. Rumänien hat eine rund 600 Kilometer lange direkte Grenze mit der Ukraine. Iohannis berichtete, dass seit Kriegsbeginn bisher fast 4,5 Millionen Flüchtlinge in sein Land gekommen und "mit offenen Armen empfangen" worden seien. Die meisten von ihnen seien in andere Länder weitergezogen, viele aber geblieben. Zehntausende ukrainische Flüchtlinge sollen derzeit in Rumänien mit seinen rund 19 Millionen Einwohnern leben.

Russland verlängert Untersuchungshaft von US-Reporter Gershkovich bis 30. August

Der in Russland festgehaltene US-Journalist Evan Gershkovich muss weitere drei Monate in Untersuchungshaft bleiben. Ein Gericht stimmte einem Antrag der Ermittlungsbehörden zu, die Haft bis zum 30. August zu verlängern. Das meldete die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti. Damit folgte das Gericht Forderungen des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB. Der Reporter des "Wall Street Journal" war im März wegen Spionagevorwürfen festgenommen worden. Gershkovich und die US-Regierung wiesen die Beschuldigung kategorisch zurück. Bei der Anhörung am Dienstag waren seine Eltern im Gerichtssaal.

Russland | WSJ Reporter Evan Gershkovich vor Gericht in Moskau
Der US-Reporter Evan Gershkovich im April 2023 vor Gericht in Moskau Bild: Evgenia Novozhenina/REUTERS

Das US-Außenministerium forderte erneut eine "sofortige Freilassung" des Journalisten. Ein Ministeriumssprecher verlangte zudem, den ehemaligen amerikanischen Soldaten Paul Whelan freizusetzen, der ebenfalls wegen Spionagevorwürfen inhaftiert ist. Gershkovich ist der erste ausländische Journalist, der seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion in Russland wegen Spionage in Gewahrsam genommen wurde. Er verbringt die Haft in Moskaus Lefortowo-Gefängnis, das dafür bekannt ist, seine Insassen fast komplett zu isolieren.

Weiter unruhig in russischer Region Belgorod

Die russische Region Belgorod an der Grenze zur Ukraine ist laut Behörden mit einer "großen Zahl" von Drohnen angegriffen worden. Es gebe in der Stadt Belgorod selbst und in anderen Orten des Gebiets Schäden, teilte Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow  mit. Es seien Autos, Wohnhäuser und Verwaltungsgebäude beschädigt worden. Die Flugabwehr habe die meisten Drohnen unschädlich gemacht. In der Region gibt es seit Monaten immer wieder Angriffe. Moskau macht dafür die Ukraine verantwortlich, die mit Artillerie und Drohnen Ziele dort angreife. 

Unterdessen hält die russische Führung nach eigenen Angaben an ihren Zielen im Krieg mit der Ukraine fest. "Russland zieht nur die Vollendung seiner speziellen Militäroperation in Betracht", sagt Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow der staatlichen Nachrichtenagentur Tass auf die Frage, ob Russland die Möglichkeit eines Einfrierens des Konflikts in Betracht ziehen würde. Russland werde entweder durch die spezielle Militäroperation oder durch andere verfügbare Mittel seine Interessen sichern und alle seine Ziele erreichen.

Ukraine beschuss eines Wohngebäudes in der Stadt Awdijiwka
Ein durch russische Raketen zerstörtes Wohnhaus in der Stadt Awdijiwka in der Region DonezkBild: Павло Кириленко / Донецька ОДА (ОВА)/Telegram

EU hat bereits zahlreiche Geschosse an Kiew geliefert

Die ukrainischen Streitkräfte haben über die neue EU-Initiative für Munitionslieferungen bereits etwa 220.000 Artilleriegeschosse und Mörsergranaten erhalten. Das teilte eine Sprecherin des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell nach einem Treffen der EU-Verteidigungsminister in Brüssel mit. Zudem wurden rund 1300 Raketen geliefert, darunter Panzerabwehrraketen, Seezielflugkörper und Flugabwehrraketen. Die EU-Staaten hatten der Ukraine im März versprochen, innerhalb von zwölf Monaten eine Million neue Artilleriegeschosse und Raketen für den Abwehrkrieg gegen Russland bereitzustellen. Sie sollen aus den Beständen der Mitgliedsstaaten bereitgestellt werden, künftig aber auch über neue gemeinsame Beschaffungsprojekte organisiert werden.

Präsident Selenskyj will Marineinfanterie ausbauen

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will die Marineinfanterie seines Landes vergrößern. Mit der Bildung eines Marieninfanterie-Corps sollen zu bestehenden Einheiten neue Brigaden hinzukommen, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. "Wir werden sie mit modernen Waffen und Ausrüstungsgegenständen ausstatten", ergänzte er. Selenskyj hatte am Dienstag ukrainische Marineinfanteristen an der Front zwischen den Ortschaften Wuhledar und Marjinka besucht. Beide Orte gelten als Brennpunkte des Kriegs und sind schwer umkämpft.

Ukraine Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in Vuhledar, Oblast Donezk
Der ukrainische Präsident Selenskyj bei Soldaten in Wuhledar in der Region DonezkBild: Ukrainian Presidentia/ZUMA Wire/IMAGO

Der ukrainische Präsident war in den Tagen davor im Ausland unterwegs, unter anderem bei Gipfeltreffen in Saudi-Arabien und Japan. Er betonte in seiner Ansprache, "jede internationale Kommunikation" diene dazu, die Ukraine und ihre Verteidigung zu stärken.

Scholz: Putins Krieg wird zu EU-Mitgliedschaft Ukraine führen

Bundeskanzler Olaf Scholz gibt sich zuversichtlich, dass Russland den Krieg gegen die Ukraine nicht gewinnt. "Das bittere Kapitel der Geschichte unseres Kontinents [...] wird damit enden, dass sich die freie Ukraine als vollwertiges Mitglied der Europäischen Union anschließt", sagte Scholz bei der 160-Jahr-Feier seiner Partei. Er betonte, dass gerade die SPD sich in dem Konflikt klar an die Seite der Ukraine stellen müsse. Denn es liege auch an der Entspannungspolitik des früheren Kanzlers Willy Brandt, dass heute in Europa die Prinzipien der Nichtanwendung der Gewalt, Unverletzlichkeit der Grenzen, territoriale Integrität der Staaten und das Selbstbestimmungsrecht der Völker gelten würden. "Für alle diese Prinzipien stehen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten aus tiefer Überzeugung ein", sagte er.

Deutschland | SPD feiert 160-jähriges Bestehen | Bundeskanzler Olaf Scholz
Kanzler Olaf Scholz hält eine Rede zum 160-jährigen Bestehen der SPDBild: Frederic Kern/Geisler-Fotopress/picture alliance

Polen will ukrainische Kampfjet-Piloten ausbilden

Polen will nach eigenen Angaben ukrainische Kampfjet-Piloten ausbilden, hat damit aber noch nicht begonnen. "Wir sind bereit", sagte der polnische Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak nach EU-Beratungen in Brüssel. Das Training habe aber "noch nicht angefangen". Blaszczak stellte damit Angaben des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell richtig. Dieser hatte vor dem Treffen der EU-Verteidigungsminister behauptet, die Schulung der F-16-Piloten habe bereits "in mehreren Ländern begonnen", darunter Polen.

Polen NATO Manöver 2022 F-16 Kampfjet
Ein F-16-Kampfjet der polnischen Luftwaffe Bild: Omar Marques/Getty Images

Die niederländische Verteidigungsministerin Kajsa Ollongren bestätigte in Brüssel, dass ihr Land zu der transatlantischen Kampfjet-Koalition gehört, die ukrainische Piloten ausbilden will und in einem "nächsten Schritt" auch F-16-Kampfflugzeuge an Kiew liefern könnte. US-Präsident Joe Biden hatte dafür zuvor den Weg freigemacht. Als weitere Teilnehmer der Koalition nannte Ollongren Dänemark, Belgien und Großbritannien. Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius lässt eine Unterstützung durch die Bundesrepublik prüfen. Er verwies in Brüssel darauf, dass Deutschland nicht über F-16-Kampfflugzeuge aus US-Produktion verfüge, welche die Ukraine fordert.

Bisher wenige Asylzusagen für russische Kriegsdienstverweigerer

Bisher haben einem Medienbericht zufolge nur wenige russische Kriegsdienstverweigerer Asyl in Deutschland erhalten. Von knapp 2500 Anträgen seien nur 55 positiv entschieden worden, berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland, das sich auf eine Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken beruft.

Wünsdorf Russische Wehrdienstverweigerer
Russische Kriegsdienstverweigerer hoffen auf Asyl in Deutschland (Archivbild)Bild: DW

Demnach haben bis Ende April 2485 männliche russische Staatsangehörige im wehrfähigen Alter einen Antrag auf Asyl in Deutschland gestellt. In 814 Fällen sei über die Anträge entschieden worden. Davon seien 55 Anträge gebilligt und 88 abgelehnt worden. In den verbleibenden 671 Fällen sei es zu einer "formellen Verfahrenserledigung" gekommen. Dies könne etwa durch die Rücknahme des Asylantrags erfolgen. Als wehrfähig gelten russische Männer im Alter von 18 bis 45 Jahren.

Jan Korte, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag, kritisierte die geringe Zahl positiver Bescheide zu den Asylanträgen: "Wenn weit über 100.000 Männer im wehrfähigen Alter Russland verlassen und sich Putins Krieg verweigern, aber nur 55 von ihnen in Deutschland offiziell Schutz finden, läuft etwas gewaltig schief." Trotz vollmundiger Ankündigungen tue die Bundesregierung zu wenig, um junge Russen darin zu bestärken, nicht gegen die Ukraine zu kämpfen. Die Bundesregierung müsse jetzt mit den europäischen Partnern und den Anrainerstaaten Russlands Absprachen treffen, wie russischen Männern im wehrfähigen Alter Visa und Schutz ermöglicht werden könnten.

TAL-Pipeline macht Tschechien von russischem Erdöl unabhängig

Tschechien wird dank einer Kapazitätserhöhung der Transalpinen Ölleitung ab 2025 von russischen Erdöllieferungen unabhängig sein. Das gab Ministerpräsident Petr Fiala beim Besuch des zentralen Rohöl-Tanklagers bei Prag bekannt. Er sprach von einem Meilenstein. Der für sein Land nutzbare Teil der TAL-Kapazität werde auf acht Millionen Tonnen jährlich verdoppelt. Die Transalpine Ölleitung (TAL) führt vom Hafen im italienischen Triest ins bayerische Ingolstadt. Von dort besteht Anschluss an die Pipeline der tschechischen Staatsfirma Mero.

Italien Öl-Pipeline über die Alpen
Die Tankfarm Triest gehört zur Transalpinen Ölleitung (TAL)Bild: dpa/picture alliance

Für den TAL-Ausbau ist der Austausch von Pumpen erforderlich. Mero übernimmt die Kosten, die auf umgerechnet bis zu 67,5 Millionen Euro geschätzt werden. Im vorigen Jahr stammten noch 56 Prozent des nach Tschechien importierten Rohöls aus Russland.

Hintergrund des geplanten Verzichts auf Lieferungen über die Druschba-Pipeline aus Russland ist der Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die liberalkonservative Regierung in Prag zählt zu den entschiedenen Unterstützern Kiews und hat viele Waffen geliefert.

qu/se/as/kle/mak (afp, dpa, rtr, KNA)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.