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Kunst

Turner Prize 2022: Ausstellung in Liverpool

Philipp Jedicke mit tate.org.uk
21. Oktober 2022

Im Dezember 2022 wird in Liverpool der wichtigste britische Kunstpreis verliehen: der Turner Prize. Vor und nach der Preisverleihung zeigt die Tate Liverpool die Werke der vier Nominierten.

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Ein Mensch mit viel Make-Up und gefärbten Haaren schaut nach oben an einem Baumstamm entlang.
Still aus "A Dream Of Wholeness In Parts" von Sin Wai KinBild: Sin Wai Kin

Seit dem 20. Oktober werden in der Tate Liverpool die Werke von vier außergewöhnlichen Künstlerinnen und Künstlern gezeigt: Heather Phillipson, Ingrid Pollard, Veronica Ryan und Sin Wai Kin sind allesamt in der engeren Auswahl für den Turner Prize, zu dessen Zielsetzung es gehört, die öffentliche Debatte um die neuesten Entwicklungen der zeitgenössischen Kunst in England zu fördern. Wir stellen die vier Nominierten der Shortlist vor.

Tate Liverpool: Außenfassade am Hafen.
Kunsttempel am Wasser: die Tate LiverpoolBild: Mark Heathcote and Andrew Dunkley/Tate

Heather Phillipson

Die 1976 in London geborene und in der britischen Rave-Szene der 90er-Jahre sozialisierte Heather Phillipson präsentiert "RUPTURE NO 6: biting the blowtorched peach". In dieser Neuauflage ihrer Auftragsarbeit für die Tate Britain aus dem Jahr 2020 beschwört sie, was sie ein "schlecht angepasstes Ökosystem, eine eindringliche Atmosphäre" nennt. Sie nutzt den ihr zur Verfügung gestellten Raum in der Tate Liverpool mit Farben, Videos, Skulpturen und neuen Audio-Kompositionen, als wäre er ein Paralleluniversum. Die Kollision verschiedenster Materialien und Medien nennt sie "Quantengedanken-Experimente".

Kunstinstallation in einem blau beleuchteten Raum.
Heather Pollards Installation RUPTURE NO 6 in der Tate LiverpoolBild: Matt Greenwood/Tate Liverpool

Ingrid Pollard

Ingrid Pollard wurde 1953 in Guyanas Hauptstadt Georgetown geboren. Sie arbeitet als Fotografin und ist eng mit der britischen Fotoagentur "Autograph", der Association of Black Photographers, verbunden. In ihrem Werk erforscht Pollard mittels Porträt- und Landschaftsfotografie soziale Konstrukte wie nationale Identität, Sexualität oder Rassismus. Dazu bedient sie sich neben der Fotografie auch bei der Bildhauerei, dem Film und der Musik. Für den Turner Prize präsentiert sie "Seventeen of Sixty Eight", wofür sie jahrzehntelang die Darstellung des "Afrikaners" auf Kneipenschildern, flüchtigen Objekten und in der Literatur untersucht hat. "Bow Down and Very Low – 123" beinhaltet drei kinetische Skulpturen und Alltagsobjekte, die die Dynamik von Macht widerspiegeln, während die Fotoserien DENY: IMAGINE: ATTACK und SILENCE die Sprache von Macht erforschen.

Ingrid Pollard, Porträt.
Ingrid PollardBild: Jonathan Hordle/empics/picture alliance

Veronica Ryan

1956 in Montserrat in der Karibik geboren und in London aufgewachsen, ist Veronica Ryan eine bekannte britische Bildhauerin, die zwischen New York und Bristol pendelt. Sie verwendet die verschiedensten Materialien - von Ton über Bronze bis hin zu Federn und Fischernetzen -, um Vertreibung, Fragmentierung und Entfremdung abzubilden. Ihr Werk ist stets offen für verschiedene Interpretationen, wie Titel wie "Multiple Conversations" oder "Along a Spectrum" verraten. Während eines Aufenthalts auf der ehemaligen irischen Gefängnisinsel Spike Island kreierte sie zunächst wiedererkennbare Formen wie Früchte, Essensbehälter, Federn oder Papier und gestaltete sie anschließend um, um damit ökologische und historische Zusammenhänge von Migration und die psychologischen Folgen der Pandemie darzustellen.

Ein Mann und eine Frau betrachten von der Decke hängende Objekte in einer in gelb gehaltenen Kunstinstallation.
Veronica Ryans Installation in der Tate LiverpoolBild: Sonal Bakrania/Tate Photography

Sin Wai Kin

Mit Sin Wai Kin (Jahrgang 1991) ist erstmals auch eine non-binäre Person für den Turner Prize nominiert. Sin Wai Kin erweckt in Filmen und Performancekunst Fantasie zum Leben - sei es als Versionen von Jessica Rabbit oder Marilyn Monroe. Sin Wai Kins Drag bringt althergebrachte Vorstellungen von Geschlechtern ins Wanken und nimmt sich Raum an Orten, die sonst aus einer weißen, männlichen und heterosexuellen Perspektive definiert werden. Bei Sin werden laut Website des Turner Prize "fiktionale Erzählungen zu gelebten Realitäten des Begehrens, Identifikation und Bewusstsein". Sin Wai Kin präsentiert für den Turner Prize drei Filme, darunter "A Dream of Wholeness in Parts" (siehe Artikelbild), in dem traditionelle chinesische Philosophie und Dramaturgie auf zeitgenössischen Drag, Musik und Poesie stoßen. In "It's Always You" schlüpft Sin Wai Kin in die Rolle von vier Boyband-Mitgliedern, und in "Today's Top Stories" spielt Sin einen Nachrichtensprecher, der philosophische Texte über Existenz, Bewusstsein, Namensgebung und Identität vorträgt.

Sin Wai Kin sitzt vor einem grünen Gebüsch und schaut in die Kamera.
Sin Wai KinBild: Holly Falconer

Feierliche Preisverleihung im Dezember

"Dies ist eine diverse Gruppe von Kunstschaffenden, jede davon mit einer einzigartigen Vision, die wichtige Themen behandeln, die unsere Gesellschaft heutzutage beschäftigen. Zusammen ergeben ihre Arbeiten eine faszinierende und dynamische Ausstellung", sagte Helen Legg, Direktorin der Tate Liverpool und Co-Vorsitzende der Jury des Turner Prize 2022, über die Präsentation in ihrem Hause.

Am 7. Dezember wird im Rahmen einer feierlichen Zeremonie in der St. George's Hall in Liverpool bekanntgegeben, wer von den vier Nominierten den Turner Prize 2022 mit nach Hause nehmen darf. Der Preis wurde erstmals im Jahr 1984 und seitdem jährlich vergeben. Die Jury ehrt damit britische Künstlerinnen und Künstler für eine besondere Ausstellung oder andere herausragende Präsentationen ihrer Arbeit. Er ist mit 55.000 Britischen Pfund (etwa 63.000 Euro) dotiert. Davon gehen 25.000 an den Gewinner und je 10.000 an die anderen Künstlerinnen und Künstler aus der Shortlist.

Die Ausstellung mit den Werken der vier Nominierten ist vom 20. Oktober 2022 bis zum 19. März 2023 in der Tate Liverpool zu sehen.