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Truck-Pionier auf dem Weg in die E-Mobilität

Klaus Deuse
15. Juli 2022

Ein mittelständisches Familienunternehmen aus dem Münsterland bringt Bewegung in die Brummi-Branche. Zum Service-Paket gehört nicht nur das passende Fahrzeug für Speditionen. Mitgemietet werden kann dazu auch der Fahrer.

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LKW Greiwing Truck and Trailer
Bild: Peter Wattendorff/Greiwing Truck and Trailer

Über Deutschlands Straßen rollen rund 565.000 Lkw, angetrieben zumeist von einem Dieselmotor. Ohne diese Brummis jedoch ließen sich die Lieferketten nicht aufrechterhalten. Nicht nur bei der Versorgung von Supermärkten. Denn es gibt keinen Bereich, sagt der Vorstandssprecher des Bundesverbandes Güterverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) Dirk Engelhardt, "der ohne den Lkw-Verkehr auskommt, da über 70 Prozent der Güter in Deutschland mit dem Lastwagen transportiert werden."

Und daran wird sich absehbar so bald nichts ändern. Dafür, dass Speditionen mobil bleiben, sorgt auch ein mittelständisches Unternehmen im münsterländischen Greven, das sich auf die Vermietung und den Handel von Nutzfahrzeugen spezialisiert hat. Mittlerweile umfasst die Fahrzeugflotte der Greiwing Truck and Trailer GmbH rund 900 Lastkraftwagen.

Als Rudolf Greiwing das Unternehmen 2003 gründete, verfügte er über langjährige Erfahrung in der Spedition seines Vaters und wusste somit, was die Branche benötigt. Nicht nur für ihren Transportzweck passgenaue Nutzfahrzeuge von der Sattelzugmaschine bis zum Siloaufhänger, sondern auch den dazu gehörenden technischen Rundum-Service einer Fachwerkstatt.

"Mensch, ihr macht hier was Neues," erinnert sich die für die Finanzen im Unternehmen zuständige Tochter Nina an erste Reaktionen aus der Branche, "können wir nicht auch bei Euch mieten. Und so langsam ist das dann gewachsen." Schließlich verfügt nicht jedes Speditionsunternehmen aus dem Stand über das Kapital zur Anschaffung einer Sattelzugmaschine zum Preis von 100.000 Euro und mehr. Für viele rechnet es sich unter dem Strich eher, diese Nutzfahrzeuge langfristig zu mieten.

Hamburg | Stau auf der Köhlbrandtbrücke
Allein die Köhlbrandbrücke im Hafen von Hamburg überqueren täglich rund 12.000 LastwagenBild: Christian Charisius/dpa/picture alliance

Zum Fahrzeug den Fahrer gleich mit mieten

Greiwing Truck and Trailer beschafft die Fahrzeuge führender Hersteller und vermietet sie für unterschiedlich lange Laufzeiten. Je nach Bedarf bis zu 72 Monaten. "Und da sind wir im Moment so weit, dass wir etwa 900 Fahrzeuge in der Vermietung haben," resümiert Firmengründer Greiwing. Und Sohn Simon, der nach dem Studium der Volkswirtschaft ins Unternehmen eingestiegen ist und es von der Pike auf kennt, ergänzt, dass man als Mehr-Marken-Anbieter die Fahrzeuge von fünf führenden Herstellern im Programm hat.

"Darüber hinaus unterschiedliche Arten von Aufliegern. Vom Siloauflieger über Kühlauflieger, Kipper und sonstige Sonderfahrzeuge." Neben der Ausstattung sorgt man auf Wunsch der Kunden auch für die optische Gestaltung der Fahrzeuge. Von der Lackierung bis zum Firmenlogo. Mittlerweile unterhält der expandierende Mittelständler auch Niederlassungen in Bulgarien, Dänemark, in den Niederlanden sowie in der Schweiz und in Spanien. 

Eines der größten Probleme der Transportbranche besteht im akuten Mangel an Fahrern. Schon jetzt fehlen deutschlandweit jährlich 30.000 Brummi-Lenker. "Und die Schere," sagt Simon Greiwing, "geht immer weiter auseinander. Wir glauben daher, dass wir den Fahrerjob attraktiv machen müssen." Für die Kunden von Greiwing Truck and Trailer hat man eine Lösung gefunden. Zusammen mit einem Kooperationspartner hat Simon Greiwing das Gemeinschaftsunternehmen Rental Concept gegründet. "Im Rahmen dieses Unternehmens vermieten wir den Fahrer mit dem Fahrzeug zusammen." Ein Angebot, das etliche Kunden nutzen.

Emission des Fuhrparks bis 2030 halbieren

Nach Ablauf der Mietzeit stehen die Fahrzeuge dann zum vorher schon durchkalkulierten Verkauf. "Unsere Kernkompetenz besteht letztlich darin, Kapital zu beschaffen und die richtigen Fahrzeuge auszuwählen, die nach einer bestimmten Laufzeit noch entsprechend viel Wert haben." Und diese Zeit zwischen An- und Verkauf, den sogenannten Werteverfall, versuche man, möglichst gering zu halten.

Auf Käufer muss der Mittelständler aus Greven nicht lange warten. Schließlich, sagt Simon Greiwing, kenne man die Zielmärkte für gebrauchte Nutzfahrzeuge ganz genau. So bevorzugen Großabnehmer etwa in Südeuropa Sattelzugmaschinen der schwedischen Marke Volvo, während im Nahen Osten und Saudi-Arabien Mercedes-Lkw hoch im Kurs stehen. Pro Jahr ordert man aufgrund der anhaltenden Nachfrage bis zu 300 neue Lkw.

Service an Miet-LKW
Komplett-Service für die Miet-LKW inklusive Waschen Bild: Rudolf Greiwing/Greiwing Truck and Trailer

Die Bilanzsumme des Unternehmens, das am Stammsitz Greven 35 Mitarbeiter beschäftigt, beläuft sich auf kapitale 35 Millionen Euro. Allerdings hat Simon Greiwing über das Tagesgeschäft hinaus den Blick längst gezielt nach vorn gerichtet und frühzeitig über 20 Elektro-Lkw bestellt, die noch in diesem Jahr ausgeliefert werden. "Wir sind in Sachen Elektromobilität bei den Sattelzugmaschinen Pionier in Europa. Wir sind da der Erste, der das macht. Und wir wollen die Emissionswerte unseres Fuhrparks bis 2030 halbieren."

Elektro-Lkw mit einer Reichweite von 300 Kilometern stehen für die Kunden bald bereit. Auch in der Schweiz, wie der für das Auslandsgeschäft zuständige Geschäftsführer Frederik Rumpf betont. Denn auf den Autobahnen im Land der Eidgenossen gibt es "schon zu 80 Prozent Schnellladesäulen auch für schwere Lkw. Und da sehen wir ein Riesenpotenzial da reinzugehen."

Zwar kosten E-Lkw mit rund 500.000 Euro deutlich mehr als Brummis mit Dieselmotor, doch Frederik Rumpf ist fest davon überzeugt, auch in Deutschland mehr Kunden überzeugen zu können. Immerhin werden 80 Prozent der Differenz bei der Anschaffung staatlich gefördert. Unabhängig davon habe man haargenau durchgerechnet, "dass ab einer Gesamtfahrleistung von 8000 Kilometern im Monat das Fahrzeug um 1000 Euro günstiger fährt als ein konventionelles Nutzfahrzeug." Das familiengeführte mittelständische Unternehmen aus Greven sorgt nicht nur für Mobilität in der Transportbranche, sondern versteht sich auch als treibende Kraft auf dem Weg zu mehr Klimaentlastung im Straßenverkehr.