Tote bei Sturm auf Grenzen Israels
15. Mai 2011Der schwerste Vorfall ereignete sich am Sonntag (15.05.2011) an der libanesisch-israelischen Grenze in dem libanesischen Grenzort Marun el Ras. Dort versammelten sich tausende palästinensische Flüchtlinge, um der palästinensischen "Nakba" (Katastrophe) zu gedenken. So wird in der arabischen Welt die Staatsgründung Israels am 14. Mai 1948 und die folgende Flucht und Vertreibung hunderttausender Palästinenser genannt. Als Dutzende Jugendliche am Sonntag die Absperrungen der libanesischen Armee durchbrachen und israelische Grenzposten mit Steinen bewarfen, schossen die Soldaten in die Menge. Zehn Palästinenser wurden nach einem Bericht der Nachrichtenagentur AFP getötet und mehr als 70 weitere verletzt.
Neue Gewalt-Eskalation
Auf den Golanhöhen durchbrachen lokalen Medienberichten zufolge Tausende palästinensische Flüchtlinge aus Syrien die Grenze zu Israel. Dutzende seien nach Israel gelangt. Von ihnen wurden demnach mindestens vier Personen von israelischen Soldaten erschossen. Vier weitere seien schwer verletzt worden. Es war einem Medienbericht zufolge einer der schwersten Grenzzwischenfälle an der israelisch-syrischen Grenzen seit dem Jom-Kippur-Krieg 1973.
Im Gazastreifen durchbrachen palästinensische Demonstranten Absperrungen der dort herrschenden Hamas und drangen bis zu dem israelischen Eres-Kontrollpunkt vor. Bei Konfrontationen mit israelischen Soldaten wurde nach Angaben von Sanitätern ein Mensch getötet, knapp siebzig seien verletzt worden. Die meisten von ihnen hätten Schusswunden erlitten. Etwa 15 seien von Granatsplittern getroffen worden.
Auch an einigen Militärsperren im Westjordanland und in Ost-Jerusalem kam es zu Krawallen. Am Kalandia-Grenzübergang bei Ramallah warfen palästinensische Demonstranten Steine auf Soldaten, diese setzten Tränengas gegen die Menge ein.
Die zentrale Gedenkveranstaltung der Palästinenserbehörde von Präsident Mahmud Abbas zum Nakba-Tag begann am Mittag in Ramallah. Tausende Menschen marschierten von dem Präsidentenamt zum zentralen Manara-Platz. Die Sirenen heulten im Gedenken an die palästinensischen Flüchtlinge, die vor 63 Jahren ihre Heimat verloren. Ihre heute etwa 4,8 Millionen Nachkommen leben vor allem in Jordanien, Syrien, im Libanon und in den Palästinensergebieten. Sollte bis September keine Lösung bei den Nahostverhandlungen gefunden sein, will die Palästinenserführung einseitig einen eigenen Staat ausrufen.
Netanjahus Reaktion
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte während der wöchentlichen Kabinettssitzung: "Ich bedaure, dass es unter den israelischen Arabern und unseren Nachbarn Radikale gibt, die den israelischen Unabhängigkeitstag in einen Tag der Kriegshetze und des Zorns verwandeln." Am Abend erklärte er, Israel werde alles tun, um seine Souveränität zu verteidigen.
Autor: Martin Schrader (afp, dpa, kna)
Redaktion: Reinhard Kleber