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Kunst

Theaterregisseur Peter Brook ist tot

3. Juli 2022

Sein Ruf als Theatermacher war legendär, er inszenierte Shakespeare ebenso wie zeitgenössische Autoren und prägte das europäische Theater maßgeblich. Jetzt starb Peter Brook mit 97 Jahren in Paris.

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Peter Brook
Die Theaterwelt wird ihn vermissen: Peter BrookBild: Alberto Brevers Gonzalez/Pacific Press/IMAGO

Bis fast zuletzt konnte Peter Brook nicht ohne das Theater sein. Noch 2019 gastierte er mit seiner Produktion "The Prisoner" bei den Ruhrfestspielen in Recklinghausen. Der Kulturjournalist Andreas Wilink beschrieb sie in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" mit den Worten: "Brooks Theater ist so unsagbar weit entfernt von dem, was unser Stadttheater, die freie Szene, das Performative, was unsere Diskurse und Ästhetiken bestimmt, dass man meint, es müsse von einem sechsten Kontinent zu uns herüber gekommen sein. Ihn Atlantis zu nennen, wäre schon zu sehr Zuschreibung." 

Schon früh erfolgreich

Peter Stephen Paul Brook war gebürtiger Brite, seit 1974 lebte und arbeitete er in Frankreich. Seine Theatersprache war international, sein Einfluss auf das moderne Theater ist bis heute prägend. Geboren wurde er am 21. März 1925 in London als Kind russischer Eltern, die nach der Oktoberrevolution aus ihrer Heimat geflohen waren und sich in England niederließen.

Schon als Student in Oxford offenbarte Brook seine Leidenschaft fürs Theater. 1943, mit gerade mal 18 Jahren, brachte er mit einer eigenen Theatertruppe die Inszenierung "Faust von Marlowe" auf die Bühne. Nach dem Zweiten Weltkrieg war seine Karriere dann nicht mehr aufzuhalten. Er inszenierte in Shakespeares Heimatstadt Stratford-upon-Avon dessen berühmtes Stück "Romeo und Julia", wurde dann Produktionsleiter am Königlichen Opernhaus in Covent Garden. 

Er arbeitete in Großbritannien, Belgien und Frankreich. 1962 dann wurde Brook, neben Peter Hall, zum Direktor der Royal Shakespeare Company in Stratford-upon-Avon ernannt.
Die radikale Interpretation von klassischen Stücken, bei denen er immer auch den Gegenwartsbezug suchte, war sein Markenzeichen. 1970 kehrte er dem konventionellen Theaterbetrieb den Rücken und gründete in Paris das Theaterforschungsinstitut "Centre International de Recherches Théâtrales". Er entwickelte auch eine eigene Theater-Lautsprache, die er "Orghast" nannte und die kulturübergreifend verständlich sein sollte. "Ich setzte meine Fähigkeit ein, Schauspielern zu helfen, verborgene Qualitäten ans Tageslicht zu bringen", sagte er einmal  in einem Interview.

Peter Brook 2012
Peter Brook 2012 bei den Fimfestspielen in VenedigBild: Jens Kalaene/dpa/picture alliance

Bei Brook stand der Schauspieler dabei ganz im Mittelpunkt der Inszenierung, auf Bühnendekorationen und optische Effekte verzichtete er bewusst. "Ein Mann geht durch den Raum, während ihm ein anderer zusieht; das ist alles, was zur Theaterhandlung notwendig ist", schrieb der Kultregisseur 1968 in seiner viel beachteten Schrift "Der leere Raum". Von den Kritikern wurde Brook dafür immer wieder als "Zauberdoktor des Theaters" bezeichnet. 

Von Paris in die Welt

Seine Stücke erschienen zunächst am Pariser Théâtre des Bouffes du Nord, später ging er damit auf Welttournee. Dabei war Brook immer auf der Suche nach neuen Ansätzen. In Westafrika improvisierte er mit seinen Schauspielern auf Dorfplätzen, 1985 inszenierte er das Sanskrit-Epos "Le Mahabharata", die indische Fassung der Urgeschichte der Menschheit. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" schrieb damals, Brook sei "vom Gedanken einer Weltkultur beseelt".

Für seine Arbeit wurde Brook  mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Europäischen Theaterpreis (1989) und dem mit einer Million US-Dollar dotierten Dan-David-Preis (2005) sowie dem Internationalen Ibsen-Preis (2008). 2019 wurde Brook mit dem Prinzessin-von-Asturien-Preis für Kunst in der Sparte Künste geehrt. Er war Commander des Order of the British Empire und Offizier und Kommandeur der französischen Ehrenlegion.

Laut der französischen Tageszeitung "Le Monde" starb Peter Brook bereits am Samstag (02.07.2022). Die Theaterwelt trauert um eines ihrer ganz großen Genies, das die Bühne 20. und 21. Jahrhundert maßgeblich beeinflusste.

suc/as (le monde, AFP)