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Taiwans Regierungspartei tauscht Kandidatin aus

Sebastian Hambach/Bihui Chiu aus Taipeh17. Oktober 2015

Drei Monate vor der Präsidentenwahl in Taiwan hat die Regierungspartei KMT ihre Spitzenkandidatin Hung Hsiu-chu abgelöst. Der neue Kandidat soll eine drohende historische Niederlage abwenden.

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Abgesetzte Präsidentschaftskandidatin Hung Hsiu-chu (Foto: Reuters/P. Chuang)
Bild: Reuters/P. Chuang

Weniger als 100 Tage vor Taiwans Präsidentschafts- und Parlamentswahlen hat die Regierungspartei Kuomintang (KMT) auf einem Sonderparteitag ihre Spitzenkandidatin Hung Hsiu-chu abberufen. An ihre Stelle tritt nun ausgerechnet Parteichef Eric Chu, der eine eigene Kandidatur zuvor stets vehement abgelehnt hatte.

Die KMT steckt momentan in Taiwan in einem Umfragetief. Der amtierende Präsident Ma Ying-jeou darf nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandidieren. An einer Kandidatur um seine Nachfolge hatte kein KMT-Politiker Interesse, denn keiner wollte für die drohende Wahlschlappe verantwortlich gemacht werden. So führte die Partei das erste Mal überhaupt ein öffentliches Vorauswahlverfahren durch, bei dem die Vize-Parlamentspräsidentin Hung als einzige Kandidatin alle Voraussetzungen erfüllte.

Ausschlaggebend für ihre Abberufung waren laut Parteichef Eric Chu vor allem zwei Gründe: Zum einen nahm Hungs Abstand zu ihrer Konkurrentin Tsai Ing-wen von der oppositionellen Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) in Meinungsumfragen immer weiter zu. Zum anderen sei Hungs Chinapolitik vom Parteikurs und der Volksmeinung abgewichen, sagt Chu. Hung hatte im Wahlkampf verstärkt auf eine Wiedervereinigung mit China angespielt.

KMT-Parteichef Eric Chu (Foto: Kyodo)
Neuer Kandidat: Eric ChuBild: picture-alliance/dpa

KMT droht Verlust der Parlamentsmehrheit

Am 16. Januar 2016 wählt Taiwan nicht nur eine neue Präsidentin, sondern auch ein neues Parlament. Da Hungs Position in der Parteibasis auf Widerstand stieß, habe der Partei die Spaltung gedroht, glaubt Chien-kuo Pang, Politikwissenschaftler von der Chinese Culture University in Taipeh. "KMT-Politiker auf der kommunalen Ebene hatten damit gedroht, auf eine Kandidatur bei der Wahl zu verzichten oder sogar aus der Partei auszutreten", sagte Pang im Interview mit der DW.

Seiner Ansicht nach hat sich Parteichef Chu daher für das kleinere Übel entscheiden: eine mögliche Wahlniederlage. Eine drohende Spaltung der KMT wäre für ihn schlimmer gewesen als der Verlust seiner Glaubwürdigkeit, so Pang.

Chus Gegenkandidatin Tsai Ing-wen erhielt zuletzt in Umfragen stabil bis zu 45 Prozent der Stimmen. Für einen Wahlsieg würde ihr die einfache Mehrheit reichen.

"Eric Chu geht es darum, eine Balance zu schaffen. Die Präsidentschaftswahl hat er schon aufgegeben. Er will im Parlament mit möglichst vielen KMT-Abgeordneten eine starke Opposition zur DPP bilden", so Hung Yao-nan, Generalsekretär der Denkfabrik "Cross-Strait Policy Association" im Interview mit der DW. Eine Niederlage bei der Parlamentswahl wäre ein historisches Debakel für die KMT, die bis auf die Zeit von 2000 bis 2008 fast immer die dominierende Mehrheit im Parlament hatte.