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Sinn der Lockmittel

20. Januar 2008

Die angekündigte Schließung des Bochumer Nokia-Werks hat auf EU-Ebene eine Diskussion über Subventionen an Unternehmen entfacht. Sie hätten schlicht keinen Sinn, sagte EU-Industriekommissar Günter Verheugen.

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Zu: Ein Vorhängeschloss am Nokia Werk in Bochum
Zu: Ein Vorhängeschloss am Nokia Werk in BochumBild: AP

Statt Investitionszuschüsse an private Unternehmen zu geben, sollte das Geld in Bildung, Ausbildung und in den Aufbau einer exzellenten Infrastruktur gesteckt werden, sagte der Vizepräsident der EU-Kommission, Günter Verheugen am Wochenende: "Nokia gibt Anlass, über die staatliche Subventionspolitik insgesamt nachzudenken." Subventionen hätten nur in ganz wenigen Fällen Sinn. "Ich denke, es hat keinen Sinn, dass der Staat Subventionen zahlt, um Unternehmen anzulocken", sagte Verheugen. "Sollten sich Investitionen nur dann rechnen, wenn mit Geld der Steuerzahler nachgeholfen wird, dann ist das immer ein Risiko."

"Hat keinen Sinn": Verheugen (Archiv)
"Hat keinen Sinn": Verheugen (Archiv)Bild: AP

Der EU-Industriekommissar kritisierte den finnischen Handyhersteller scharf: "Hektische Standortschleißungen weisen auf schwerwiegende Managementfehler hin. Ein leistungsstarkes Management stellt sich rechtzeitig auf Veränderungen ein und bringt Umstrukturierungen voran», sagte Verheugen. Das Verhalten von Nokia sei "Ausfluss einer neuen Religion, die den Shareholder-Value vergöttert. Das ist der falsche Weg."

Barroso verspricht Hilfen

EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso stellte den von Arbeitslosigkeit bedrohten Nokia-Beschäftigten EU-Hilfen in Aussicht. Barroso sagte: "Gerade weil wir auch um die Härten von Veränderungsprozessen wissen, stehen unser Sozial- und unser Globalisierungsfonds in Fällen zur Verfügung, in denen die Mitgliedstaaten solche Veränderungen nicht allein auffangen können." Kritik an der Subventionspraxis wollte Barroso nicht verstehen: Die europäische Förderpolitik sei aber nicht Schuld an der Werksverlagerung, dafür gebe es keine Förderung.

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte, es ergebe Sinn, zu prüfen, ob Subventionen zukünftig stärker auf Forschung, Bildung und Weiterbildung konzentriert werden sollten. Experten wie der ehemalige Wirtschaftsweise Jürgen Donges forderten, Subventionen an Unternehmen, Branchen und Regionen komplett abzubauen.

Erste Kündigungen

Unterdessen gab es bei den bei Nokia beschäftigten Zeitarbeitern bereits die ersten Kündigungen. Zahlreiche Leiharbeiter hätten von ihren Firmen die Kündigung erhalten oder sollten in den kommenden Tagen entlassen werden, berichtet die "Westfälische Rundschau". Demnach waren bisher mehr als 1000 Leiharbeiter im Bochumer Nokia-Werk beschäftigt.

Hier geht es hin: Nokia Werk in Jucu, Rumänien
Hier geht es hin: Nokia Werk in Jucu, RumänienBild: AP

Bei Nokia sind neben den Leiharbeitern rund 2300 angestellte Mitarbeiter beschäftigt. Nokia hatte für das Werk Bochum 88 Millionen Euro an Subventionen von Bund und Land erhalten. Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) warf dem Unternehmen Tricksereien mit Subventionen vor. Die Ministerin drohte Nokia an, wenn der Konzern das Werk schließe, müsse er Subventionen von bis zu 41 Millionen Euro zurückzahlen.

"Schließung lohnt sich"

Der finnische Handy-Weltmarktführer Nokia rechtfertigte seine Schließungspläne erneut mit Kostendruck. Nokia-Personalchef Juha Äkräs sagte dem Nachrichtenmagazin "Focus", der Standort Rumänien biete enorme Vorteile. "Dort arbeiten die Menschen für ein Zehntel der deutschen Entgelte", so Äkräs. "Selbst wenn sich die Löhne in den kommenden Jahren verdoppeln oder verdreifachen, lohnt sich das."

Äkräs sagte weiter, das Werk in Bochum sei schon recht alt, "wir hätten jetzt noch einmal investieren müssen". Da in Rumänien ohnehin neue Kapazitäten aufgebaut würden, habe man sich gegen weitere Investitionen in Deutschland entschieden. "Wir müssen sehen, wo es für uns am günstigsten ist."

Der Branchenverband Bitkom rechnet mit weiteren Stellenstreichungen in Telekommunikationsunternehmen. Wenn die Herstellung ins Ausland verlagert werde, wanderten in einem zweiten Schritt auch die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen ab, sagte Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer. (sams)

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