Staatsministerin fordert Sarrazins Entlassung
31. August 2010"Er hat eine rote Linie überschritten", sagte die deutsche Integrationsbeauftragte und und Staatsministerin im BundeskanzleramtStaatsministerin im Bundeskanzleramt, Maria Böhmer, in einem Gespräch mit den Dortmunder "Ruhr Nachrichten" (Ausgabe vom 31.08.2010). Sarrazin spreche in der Migrations-Debatte in unangemessen polemischer Form, er müsse deshalb aus dem Bundesbank-Vorstand abberufen werden.
Böhmer betonte: "Wir haben durchaus auch viele Migranten muslimischen Glaubens, die es zu sehr guten Schulergebnissen bringen. Hier sind Pauschalisierungen wirklich fehl am Platz." Wenn Sarrazin wirklich etwas für bessere Integration hätte tun wollen - "als Finanzsenator in Berlin hatte er dafür sieben Jahre lang Zeit. Aber es waren sieben verlorene Jahre. Heute hängen die Migranten in Berlin im bundesweiten Vergleich am stärksten zurück."
Sarrazins Thesen
Sarrazin ist wegen seiner Thesen zu angeblich mangelnder Integrationsbereitschaft von Muslimen in die Kritik geraten. In Interviews äußerte er zudem die Idee einer "genetischen Identität" der Völker. Damit löste er parteiübergreifend Empörung aus. Diese Idee bekräftigte er auch am Montagabend in einer Talkshow des Ersten Deutschen Fernsehens (ARD). Dort sagte Sarrazin: "Es gibt Gene, anhand von denen man Volksgruppen voneinander unterscheiden kann. Das gilt für viele Volksgruppen, also nicht nur für die Juden."
Die deutsche Notenbank distanzierte sich am Montag von den Äußerungen Sarrazins. Diese schadeten dem Ansehen der Bank und seien geeignet, den Betriebsfrieden zu stören, teilte die Bank mit. Einen Abwahlantrag soll es aber vorerst nicht geben. Stattdessen solle ein Gespräch zwischen Vorstand und Sarrazin stattfinden.
Rauswurf rechtlich unhaltbar
Ein Rauswurf Sarrazins aus der Bundesbank wäre arbeitsrechtlich ohnehin nicht haltbar. Das erklärte der Vorsitzende des Bundesverbandes der Arbeitsrichter, Joachim Vetter, der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Dienstagsausgabe). "Die Aussagen Sarrazins, mögen sie als noch so abstrus empfunden werden, reichen kaum aus, um ihn deshalb zu entlassen", sagte Vetter.
Allein mit einem Verstoß gegen den internen Verhaltenskodex der Bundesbank ließe sich eine Entlassung Sarrazins juristisch nicht begründen. "Voraussetzung dafür wäre eine gravierende dienstliche Verfehlung." Es sei aber mehr als fraglich, ob diese sich aus privaten Meinungsäußerungen ohne Zusammenhang mit dem Amt herleiten lasse. Sarrazin selbst sieht nach eigenen Worten keinen Anlass, aus dem Vorstand zurückzutreten. "Ich sehe mich durch die Meinungsfreiheit in Deutschland gedeckt", betonte er am Montag.
Autor: Martin Schrader (apn, dpa, afp)Redaktion: Eleonore Uhlich