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US-Kongress weiter uneinig über Hilfe für Ukraine und Israel

Mona Westholt
18. November 2023

Der US-Kongress streitet über die finanzielle Hilfe für Israel und die Ukraine. Wie es nun weitergehen könnte. Aus Washington, D.C. Mona Westholt.

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Im Oval Office - US-Präsident Joe Biden spricht
US-Präsident Joe Biden hat über 100 Milliarden Dollar für die Ukraine und Israel beim Kongress beantragt.Bild: Jonathan Ernst/AFP

Kurz vor Thanksgiving am 23.11., einem der wichtigsten US-amerikanischen Feste, drohte tausenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der öffentlichen Verwaltung ein Gehaltsausfall. Das Repräsentantenhaus konnte sich am vergangenen Dienstag dann doch noch auf eine Übergangslösung für den Haushalt einigen. Auch der Senat, die andere Kammer des Kongresses, hat dieser bereits zugestimmt. Der Haushalt ist somit bis in die ersten Wochen des kommenden Jahres geregelt. Dann müssen die Gesetzgeber einen neuen Haushalt bestimmen. In der Haushaltspolitik der Vereinigten Staaten kommt es immer wieder zu Übergangslösungen, wenn der Kongress eine Einigung über das im Oktober beginnende Haushaltsjahr treffen soll

Noch keine Zusage für Unterstützung der Ukraine und Israel 

Jedoch wurde die finanzielle Unterstützung für die Ukraine und Israel bei dieser Übergangslösung ausgeklammert. US-Präsident Joe Biden hatte zuvor ein Hilfspaket für beide Länder beantragt: 61,4 Milliarden US-Dollar für die Ukraine und 14,3 Milliarden US-Dollar für Israel.  

US-Präsident Joe Biden steht neben dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj (Mai 2023)
US-Präsident Joe Biden will über 60 Milliarden Dollar für die Ukraine bereitstellenBild: UKRAINIAN PRESIDENTIAL PRESS SERVICE via REUTERS

Sowohl die Mehrheit der Demokraten, als auch die Mehrheit der Republikaner im Kongress befürworten zwar die Unterstützung für Kiew. Einige rechte Republikaner im Kongress lehnen die Militärhilfe für die Ukraine jedoch aus ideologischen Gründen ab, so die Einschätzung des Politikwissenschaftlers Stephen Zunes der University of San Francisco: "Die primäre Strategie der Republikaner scheint darin zu bestehen, Bidens Wunsch nach zusätzlicher Militärhilfe als Druckmittel für andere politische Ziele zu nutzen". Wie etwa die Forderung nach mehr Geld, um die US-Außengrenze zu Mexiko besser zu schützen. Die steigende Anzahl der Migrantinnen und Migranten ohne Papiere, die über die Grenze zu Mexiko ins Land kommen, bildet eine der vielen politischen Herausforderungen für Präsident Joe Biden. 

Spaltung der Republikaner sorgt für Chaos im US-Kongress 

Auch die finanzielle Hilfe für Israel befürworten beide Parteien im Grundsatz. Einigkeit über die Bedingungen einer solchen Unterstützung ist jedoch nicht in Sicht. So hatten die Republikaner Anfang November etwa einen Gesetzesentwurf vorgelegt, dem die Demokraten vehement widersprochen hatten. Die Milliardenhilfe für Israel hätte durch Kürzungen bei der US-Steuerbehörde IRS gegenfinanziert werden sollen. Ein Teil der Republikaner macht Biden den Vorwurf, er instrumentalisiere die Behörde vor allem zum Leid der Mittelklasse.

Der neuer Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses Mike Johnson nach seiner Wahl im Oktober.
Die Republikanische Partei des neuen Vorsitzenden des US-Repräsentantenhaus Mike Johnson ist sich in vielen Fragen uneinig.Bild: ALEX WONG/Getty Images/AFP

Durch die Spaltung der republikanischen Partei ist das Repräsentantenhaus in seiner Entscheidungsfähigkeit gehemmt. Die Republikaner haben nur eine knappe Mehrheit in der Kammer des US-Kongresses. Somit nimmt die kleine Gruppe rechter Abgeordneter bei Abstimmungen eine entscheidende Rolle ein und kann diese als Druckmittel einsetzen. Andernfalls wären die Republikaner von Stimmen der Demokraten abhängig. "Dieses Chaos hat seinen Ursprung in dem Bürgerkrieg in der republikanischen Partei. Und dieser Bürgerkrieg wird nicht verschwinden", sagt der Politikwissenschaftler Richard Bensel der Cornell University gegenüber der Deutschen Welle. "Er ist endemisch für tiefe Meinungsverschiedenheiten über politische Fragen. Die Republikanische Partei reißt sich selbst auseinander." 

Eine Einigung der Republikaner im Repräsentantenhaus ist für Bensel zunächst nicht absehbar. Demnach wird seiner Einschätzung nach der Senat mit der Mehrheit der Demokraten in den nächsten Wochen einen Vorschlag für die finanzielle Unterstützung der Ukraine und Israel erarbeiten, die beide Parteien zu Kompromissen zwingen wird, um auch im Repräsentantenhaus auf eine mehrheitliche Zustimmung zu treffen. 

Entscheidung frühestens nach Thanksgiving 

"Ich weiß, dass es beiden Seiten ein echtes Anliegen ist, die Hilfe für Israel und die Ukraine zu genehmigen und unschuldigen Zivilisten im Gazastreifen zu helfen. Daher hoffe ich, dass wir zu einer Einigung kommen können, auch wenn keine Seite alles bekommt, worauf sie besteht", sagte der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat Chuck Schumer auf einer Pressekonferenz. 

Er kündigte an, dass die finanzielle Hilfe für die Ukraine und Israel und somit auch die verknüpfte Debatte um die Ausgaben für die US-Außengrenze in den kommenden Wochen nach Thanksgiving diskutiert werde. Wann eine Einigung kommen wird, ist jedoch weiter ungewiss. Der Politologe Bensel rechnet noch vor Weihnachten mit einer Lösung. Während er schätzt, dass die finanzielle Unterstützung für Israel sehr großzügig ausfallen werde, müsse die Ukraine bereits im Frühjahr neue Hilfen beantragen, um sich gegen Russland zu verteidigen. 

Mehrheitsführer der Demokraten im Senat Chuck Schumer spricht mit Journalistinnen und Journalisten im US-Kapitol
Mehrheitsführer der Demokraten im Senat Chuck Schumer stellt sich auf Kompromisse ein, um eine Einigung zu findenBild: J. Scott Applewhite/AP Photo/picture alliance

Vor allem die Ukraine ist jedoch auf die finanzielle Unterstützung durch die USA angewiesen, um sich gegen Russland zu verteidigen. Sollte Washington die Finanzierung für Kiew tatsächlich streichen, könnte es zu einer Kettenreaktion kommen. Wenn die USA kein Geld mehr gibt, ist es denkbar, dass auch andere westliche Partner aufhören, finanzielle Hilfen für die Ukraine bereitzustellen, so Bensel. 

Welche Möglichkeiten hat Biden ohne den Kongress? 

Sollte es im US-Kongress zu keiner Einigung für die finanzielle Hilfe kommen, wären Präsident Biden nicht komplett die Hände gebunden. Er könnte weitere Hilfe organisieren, "wenn er die Erhaltung der Ukraine zu seiner höchsten Priorität machen würde", sagt Bensel. 

Dafür könnte er etwa Vereinbarungen mit anderen Ländern treffen, die über amerikanische Militärausrüstung verfügen und ihnen im Gegenzug für die Lieferung ihrer Ausrüstung an die Ukraine andere Zugeständnisse machen, so Bensel. Ein Alleingang ohne die Unterstützung der beiden Kammern könnte jedoch zu weiteren Verlusten seiner Popularität führen und ihm letztlich seine Präsidentschaft kosten.  

Biden-Alleingang ist möglich, jedoch umstritten 

Auch Zunes betont, dass Präsidenten vor allem in der Außenpolitik viel mehr Freiheiten für einseitiges Handeln haben als in der Innenpolitik. Auch er sieht einen möglichen Alleingang Bidens als sehr umstritten. 

Eine weitere Handlungsmöglichkeit für das Weiße Haus wäre es, bereits bewilligte Mittel auszugeben oder Mittel des Verteidigungshaushaltes zu verwenden, sagt der Politikwissenschaftler Robert Shapiro der Columbia University.