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Türkei-Urlaub trotz Corona?

Daniel Derya Bellut
13. Mai 2020

Kaum hat die Türkei kleine Erfolge im Kampf gegen die Pandemie vorzuweisen, treibt Ankara zügig den Start der Tourismussaison voran. Erhöhte Sicherheitsstandards sollen Urlauber anlocken. Die Branche schöpft Hoffnung.

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Der Strand von Antalya: Ob auch in diesem Jahr so viele Urlauber ihren Sonnenschirm dort aufspannen können, ist unklar Bild: picture-alliance/AA/M. Ciftci

Die Reise- und Tourismusbranche ist einer der profitabelsten Wirtschaftszweige der Türkei. Das Land ist ein beliebtestes Urlaubsziel und zieht Millionen von ausländischen Touristen an. Doch die Corona-Pandemie hat diesen Sektor weitestgehend lahmgelegt. Seit dem Flugverbot im März hat die Branche nach Angaben des türkischen Statistikamts (TÜIK) einen starken Rückgang erlebt. Im Vergleich zum Vorjahr ging die Hotelauslastung um 55,2 Prozent zurück. Dabei ist die Tourismusbranche für Ankara eine wichtige Einnahmequelle - gerade in Hinblick auf die Wirtschaftskrise seit Sommer 2018. 

Daher hat es die türkische Regierung eilig: Ankara will schnellstmöglich die Reisebeschränkungen aufheben, um pünktlich zur Sommersaison 2020 wieder Urlauber an türkischen Stränden zu empfangen. Ab Mitte Juni sollen sogar internationale Flüge wieder erlaubt sein. Das Tourismusministerium begründet die geplanten Lockerungen damit, dass die Türkei die Corona-Krise unter Kontrolle habe. Im Kampf gegen das Virus, habe die Türkei nach eigenen Angaben durchaus Erfolge vorzuweisen: Krankenhäusern sei es gelungen, den erhöhten Patientenandrang zu stemmen, die Neuinfektionen gingen seit Anfang Mai wieder zurück und die Todesrate durch das Coranavirus sei im internationalen Vergleich relativ niedrig.

Ein Zertifizierungsprogramm für mehr Sicherheit

Damit Tourismusbetriebe bald wieder den Betrieb aufnehmen können, hat daher eine Experten-Kommission unter der Führung des türkischen Tourismusministeriums Auflagen und Sicherheitsmaßnahmen herausgearbeitet. Nachdem die Pandemie gemeistert worden sei, werde die Türkei nun im Tourismus eine Vorreiterrolle einnehmen, kündigte der Minister für Kultur und Tourismus Mehmet, Nuri Ersoy, an. Wie das türkische Tourismusministerium mitteilte, wird ein "Zertifizierungsprogramm für gesunden Tourismus" ins Leben gerufen. Hotelbetriebe, Flughäfen, Fluggesellschaften, Gastronomieeinrichtungen und Unterkünfte sollen darauf geprüft werden, ob sie Hygiene- und Sicherheitsanforderungen einhalten.

"Die Mitarbeiter der Hotels werden im Rahmen des Zertifizierungsprogrammes einem Gesundheitscheck unterzogen und auch auf COVID-19 untersucht", führte der Sprecher des Reiseunternehmerverbandes Tur Operatörleri Platformu, Cem Polatoğlu, weiter aus. Ein Arzt stehe rund um die Uhr zur Verfügung. Um den nötigen Abstand zwischen den Gästen und auch zum Personal wahren zu können, würden die Hotels mit einer begrenzten Kapazität von nur 60 Prozent arbeiten. Restaurants dürften nur bis zu 500 Gäste empfangen, das Essen werde am Tisch serviert. Zudem müssten Gäste auch an den Stränden auf Distanz gehen und sich vor jedem Strandgang registrieren lassen. Diskotheken und Bars blieben gänzlich geschlossen, berichtete Polatoglu. 

Inlandstourismus hat Priorität

Bereits am Dienstag wurden Reisebeschränkungen in neun türkischen Provinzen aufgehoben, darunter auch die populären Urlaubsorte Antalya und Muğla. Schrittweise soll zunächst der inländische Reiseverkehr normalisiert werden. Nach Angaben des türkischen Statistikamts (TÜIK) werden jedoch 83 Prozent der Tourismus-Einnahmen über Urlauber aus dem Ausland erzielt.

Erkan Yagcı, Vorsitzender des Verbandes der touristischen Hoteliers im Mittelmeerraum.
"Flüge wieder aufnehmen": Erkan Yagcı, Vorsitzender des Verbandes der touristischen Hoteliers im Mittelmeerraum.Bild: privat

"Die Beschränkungen werden jetzt schrittweise aufgehoben. Um jedoch Touristen aus dem Ausland zu gewinnen, sollten die Reisebeschränkungen in Gänze schnellstmöglich aufgehoben werden. Flüge müssen wieder aufgenommen werden", forderte Erkan Yagcı, Vorsitzender des Verbandes der touristischen Hoteliers im Mittelmeerraum. 

Existenzen stehen auf dem Spiel

Die Vorsitzende des türkischen Hotelverbandes TÜROB, Müberra Eresin, wies darauf hin, dass die Hotels bereits damit begonnen hätten, ihre Unterkünfte für Gäste vorzubereiten. Doch sie bleibe weiterhin skeptisch. Schließlich erlebe man eine außergewöhnliche Zeit mit wenig Planungssicherheit. "Wir hoffen, dass Mitte Juni die ersten Schritte zur Normalisierung der Branche eingeleitet werden. Allerdings ist es gerade nicht möglich einzuschätzen, ob wir das finanzielle Ziel am Jahresende erreichen können". Priorität habe jedoch, so Eresin, die Gesundheit der Menschen - und die Rettung von Arbeitsplätzen.

Die Vorsitzende des türkischen Hotelverbandes TÜROB Müberra Eresin
Hofft auf Normalisierungen ab Juni: Die Vorsitzende des türkischen Hotelverbandes TÜROB, Müberra EresinBild: privat

Nach Angaben der Gewerkschaft für Angestellte in der Tourismusbranche DISK sind in der Türkei etwa 2,5 Millionen Jobs von der Tourismusindustrie abhängig. Ob die Lockerungen der Reisebeschränkungen die Rettung sind, hängt auch von einem schwer kalkulierbarem Faktor ab - ob die Reisenden trotz strenger Sicherheits- und Hygienemaßnahmen noch Lust auf eine Türkei-Reise haben.