1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Schweinegrippe: Neues H1N1 Virus entdeckt

30. Juni 2020

Chinesische Virologen haben einen neuen Subtyp des Virus H1N1 entdeckt, der sich seit 2016 in Schweinebeständen vermehrt hat. Auch bei Schweinezüchtern konnten Antikörper gegen das Virus bereits nachgewiesen werden.

https://p.dw.com/p/3eYh8
Schweine in Shenzhen
Bild: picture-alliance/imagechina/Y. Shuiling

Die gute Nachricht vorweg: Zwar haben sich gut ein Zehntel der für die Studie untersuchten Schweinezüchter mit dem neuen Genotyp 4 (G4) des Schweinegrippe-Virus H1N1 infiziert. Dies hat jedoch bisher zu keiner neuen gefährlichen Grippewelle geführt.

Carl Bergstrom, Biologe an der Universität Washington stellte auf Twitter klar, dass durch das neue Virus keine unmittelbare Pandemie-Gefahr ausgehe.

"Es gibt keinen Hinweis darauf, dass G4 von Mensch zu Mensch weitergegeben wird, obwohl es schon seit fünf Jahren weit verbreitet ist."

Dennoch warnen die Autoren in ihrer Studie, die sie am 29. Juni 2020 in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)  veröffentlicht haben, dass "die systematische Beobachtung von Influenza-Viren in Schweinen essentiell für die Frühwarnung und Vorbereitung für die nächste potentielle Pandemie" sei. Auch sollen die Gesundheitsbehörden die in der Schweinezucht und Fleischindustrie tätigen Personen verstärkt darauf untersuchen.

Das Autorenteam umfasst unter anderem Tiermediziner der landwirtschaftlichen und tiermedizinischen Fakultäten in Peking und Shandong sowie Virologen des Nationalen Instituts für Virenkontrolle und Prävention  in Peking. 

Mehr dazu: Die Vogelgrippe - eine unendliche Geschichte

Es liegt an den Genen

Afrikanische Pinguine bedroht

Die Wissenschaftler sind deshalb besorgt, weil der neue Subtyp bestimmte Gene enthält, die ihn als "Kandidaten für ein pandemisches Virus" auszeichnen. Das Virus ist nah verwandt mit einem H1N1 Schweinegrippevirus, das sich 2009 weltweit ausgebreitet hatte. Es ist ebenfalls verwandt mit dem Geflügelgrippe-Virus.

Die Wissenschaftler stützen sich in ihrer Studie auf Daten aus den Jahren 2011 bis 2018. In diesem Zeitraum nahmen sie 30.000 Nasenabstriche von Schweinen in zehn Provinzen des Landes und konnten 179 Schweinegrippe-Subtypen isolieren. Ab 2016 konnten sie feststellen, dass das neuartige Virus G4 H1N1 unter Schweinen dominant wurde. 

Zudem konnten die Forscher in folgenden Versuchsreihen zeigen, dass sich das Virus in den Epithelzellen der menschlichen Atemwege vermehren kann. In Experimenten mit Frettchen wiesen sie nach, dass es durch Aerosole übertragbar und infektiös ist.

Mehr dazu: Das hier sind 10 der gefährlichsten Viren der Welt

Interview: Grippe oder Erkältung?

Keine Immunität durch saisonale Grippe

Hinzu kommt, dass Menschen offensichtlich nicht durch andere Virusinfektionen – etwa durch die saisonale Grippe – eine Kreuz-Immunität gegen das neue Virus aufgebaut haben. Die Wissenschaftler hatten 338 Beschäftigte in Schweinezuchtbetrieben serologisch darauf untersucht, ob sie sich bereits mit dem Virus infiziert hatten.

Bei 35 waren sie fündig geworden, das entspricht 10,4 Prozent. Unter jüngeren Arbeitern zwischen 18 und 35 Jahren lag die Infektionsrate sogar bei 20,5 Prozent. In der Allgemeinbevölkerung konnte eine Infektion bei 4,4 Prozent der Menschen nachgewiesen werden. Das ist aber noch kein Beweis, dass das Virus auch vom Menschen zu Menschen übertragen wird.

Die Forscher warnen zudem, dass durch Mutationen im Menschen daraus ein noch infektiöseres Virus entstehen könne. 

"Die Arbeit sollte uns daran erinnern, dass neue zoonotische Krankheitserreger jederzeit auftauchen können", sagte James Wood, Professor für Tiermedizin an der Universität Cambridge, der nicht an der Studie beteiligt war. "Nutztiere, die in intensiverem Kontakt zum Menschen stehen als Wildtiere, können eine wichtige Quelle für pandemische Viren sein", warne er. 

Mehr dazu: Was wir von der Spanischen Grippe für die Zeit "nach Corona" lernen können

Schmidt Fabian Kommentarbild App
Fabian Schmidt Wissenschaftsredakteur mit Blick auf Technik und Erfindungen