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Russland verweigert Seppelt die Einreise

12. Mai 2018

Der ARD-Doping-Experte Hajo Seppelt darf nicht von der Fußball-WM berichten. Russland erklärt ihn zur "unerwünschten Person". Die ARD spricht von einem beispiellosen Eingriff in die Pressefreiheit.

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Hajo Seppelt
Bild: picture alliance/Schwörer Pressefoto

Russland verweigert dem ARD-Doping-Experten Hajo Seppelt die Einreise zur Fußball-Weltmeisterschaft. Seppelt stehe auf der Liste der "unerwünschten Personen", teilte der Südwestrundfunk (SWR) mit. Sein Visum sei für ungültig erklärt worden. Nähere Angaben zu den Hintergründen seien nicht gemacht worden. "Offenkundig hat die Aufdeckung des Staatsdoping-Systems so große Tragweite, dass Russland glaubt, solche Maßnahmen ergreifen zu müssen. Das spricht für sich", sagte Seppelt. "Man darf gespannt sein, ob die FIFA, die den Zugang zu ungehinderter Berichterstattung über ihr Turnier gewährleisten muss, sich dieser Sache annehmen wird."

Ein russischer Sportpolitiker verteidigte die Maßnahme mit scharfen Worten. Seppelt wolle die Reise zur Weltmeisterschaft nur nutzen, um Russland zu verleumden und sich selbst daran zu bereichern, sagte der Abgeordnete Dmitri Swischtschow der Agentur R-Sport in Moskau. "Was will ein Mensch, der mit Dreck wirft, mit unbestätigten Fakten arbeitet und in Russland nur das Negative sucht?", kommentierte das Mitglied des Sportausschusses in der Staatsduma. "Soll er doch die WM im Fernsehen anschauen. Wenn er objektive Filme über Russland macht, sind wir immer bereit, ihm ein Super-Visum auszustellen, mit mehrfacher Einreise und für ein Jahr", sagte Swischtschow.

"Kein Zeichen von Respekt"

Die ARD sprach von einem bisher einmaligen Vorgang in der Geschichte des ARD-Sportjournalismus und einem beispiellosen Eingriff in die Pressefreiheit. "Mit großem Unverständnis habe ich zur Kenntnis genommen, dass Hajo Seppelt die Einreise zur Fußball-WM nach Russland verweigert werden soll", sagte ARD-Programmdirektor Volker Herres. "Das ist für mich kein Zeichen von Respekt vor der Tätigkeit eines investigativen Journalisten, sondern eher dafür, dass man unangenehmen Themen gegenüber lieber die Augen verschließt. Ich kann nur hoffen, dass die politischen Verantwortlichen ihre Entscheidung noch einmal überdenken werden."

Dopingskandal in Russland aufgedeckt

Mit seinem Film "Geheimsache Doping: Wie Russland seine Sieger macht" hatte Seppelt den russischen Dopingskandal aufgedeckt, der unter anderem zum Ausschluss der russischen Leichtathleten von den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro geführt hatte. Der Journalist wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem 2016 mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis, weil er nach Auffassung der Jury "Licht ins Dunkel mächtiger internationaler Dopingnetzwerke" bringe und "heftigen Widerstand von internationalen Sportorganisationen, Funktionären und Verkäufern glitzernder Großereignisse" provoziere. Letzteres hat sich einmal mehr bestätigt.

Politik reagiert empört

Die Rote Karte für Hajo Seppelt hat auch die Bundesregierung auf den Plan gerufen. Dies sei ein "denkbar schlechter Vorbote für eine objektive und unabhängige Berichterstattung" über die WM, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Stephan Mayer, dem ARD-Hauptstadtstudio. Der CSU-Politiker, der im Innenministerium für den Bereich Sport zuständig ist, forderte Russland auf, diesen Schritt rückgängig zu machen.

Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, man bemühe sich, die Hintergründe aufzuklären, "und werde gegebenenfalls auch das Gespräch mit der russischen Seite suchen". "Das unterstreicht, in welchem Land die WM stattfindet", kritisierte die Grünen-Parteivorsitzende Annalena Baerbock die Entscheidung Russlands. Die Politikerin forderte auch den Deutschen Fußball-Bund (DFB) zum Handeln auf: "Sport ist immer auch Politik. Der DFB darf dazu nicht schweigen." 

Ein Rachefeldzug?

Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) zeigte sich ebenfalls empört und forderte ein Machtwort vom Fußball-Weltverband. "Die FIFA muss die Entscheidung Russlands anprangern und sich dafür einsetzen, dass Hajo Seppelt zur WM-Berichterstattung nach Russland einreisen kann."

Das Ganze sei natürlich ein enormer Einschnitt in die Pressefreiheit und zeige, dass es der russischen Regierung darum geht, kritische Stimmen mundtot zu machen, meinte Frank Überall, der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes. "Angesichts der Tatsache, dass er die Dopingfälle in Russland öffentlich gemacht hat, kann man davon ausgehen, dass es sich um einen Rachefeldzug handelt."

Die FIFA erklärte auf dpa-Anfrage, dass Seppelt eine Akkreditierung für das WM-Turnier gewährt worden sei. Nun warte man auf Informationen aus Russland. Die Pressefreiheit sei für die FIFA von überragender Wichtigkeit. "Wir streben immer an, Medienvertretern die besten Voraussetzungen zur Berichterstattung über alle FIFA-Turniere zu bieten."

sn/to (dpa, sid)