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Russisch-ukrainischer Kompromiss sorgt für Spekulationen

5. Januar 2006

Der Kompromiss im Gasstreit zwischen Kiew und Moskau bietet Raum für Interpretationen. DW-RADIO/Russisch sprach darüber mit dem Leiter des Wirtschaftsinstituts der Russischen Akademie der Wissenschaften, Ruslan Grinberg.

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Russische und ukrainische Verhandlungspartner: Rätselhafter KompromissBild: AP

DW-RADIO/Russisch: Ist der bekannt gegebene Preis, den die Ukraine für Erdgas zu zahlen hat, realistisch?

Ruslan Grinberg: Hier handelt es sich um sehr wackelige Vermutungen. Man könnte all dem Glauben schenken, wenn man Einzelheiten wüsste. Wenn die Ukraine sich verpflichtet hat, 95 Dollar pro 1000 Kubikmeter Erdgas zu zahlen, aber Gasprom es für 230 Dollar verkauft, entsteht folgende Frage: Wird der russische Anteil an den Lieferungen an die Ukraine zugunsten zentralasiatischer Lieferungen reduziert? Dann kann es sein, dass der Preis ohne Subventionen gesenkt werden kann. Ich glaube das aber nicht. Ich denke, dass hier von einer Tasche in die andere verschoben wird. Wir wahren das Gesicht, aber die Ukrainer werden trotzdem nur 95 Dollar pro 1000 Kubikmeter zahlen.

Von einer Tasche in die andere, meinen sie damit die Tasche von Gasprom?

Ja. Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen. Ich möchte nochmals betonen, dass man Einzelheiten der Vereinbarungen kennen muss. Bislang sieht es aber so aus. Andernfalls entsteht folgendes Problem: Wer wird diesen Preisunterschied kompensieren? Klar ist, nicht Brüssel - der Club, dem die Ukraine beitreten möchte. Wer bleibt da übrig? Da gibt es niemand anderen als Russland.

Was hat Ihrer Meinung nach beide Länder veranlasst, diesen, wie viele sagen, Kompromiss zu schließen?

Wohl die Meinung der westlichen Öffentlichkeit, vielleicht sogar nicht nur die der Öffentlichkeit. Es ist ein Problem der Energiesicherheit entstanden, die Liefergarantien wurden verletzt und für die Endverbraucher ist das ein sehr ernstes Problem.

Was bringt dieser Kompromiss Russland?

Russland setzt einen höheren Preis durch. Ich möchte nicht von einem Marktpreis sprechen. Das ist ein Thema für sich, was ein Marktpreis für Erdgas überhaupt ist, denn es ist keine Börsenware. Da gibt es viele Details und die Erdgaspreise sind meist das Ergebnis harter Kompromisse. Aber werden die Ukrainer in der Lage sein, auch diesen Preis zu zahlen? Die weltweite Konjunktur ist für ukrainische Waren nicht sehr günstig und 95 Dollar sind für die ukrainische Wirtschaft eine harte Prüfung.

Derzeit kursieren Gerüchte, wonach die russische Seite laut Kompromiss das ukrainische Pipelinenetz kaufen oder kontrollieren wird. Was meinen Sie dazu?

Es würde mich sehr wundern, wenn es einen solchen Beschluss gäbe. Das wäre für Russland sehr gut, aber ich denke, das ist unrealistisch.

Das Interview führte Sergej Wilhem

DW-RADIO/Russisch, 4.1.2006, Fokus Ost-Südost