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Rentner an die Macht!

Marc von Lüpke12. August 2013

Die Zahl der alten Menschen in Deutschland steigt. Dieses gewaltige Wählerpotenzial möchte die Rentner-Partei ausschöpfen. Sie will das Unwahrscheinliche schaffen und im Herbst in den nächsten Bundestag einziehen.

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Senioren halten einen Stadtplan in den Händen - Foto: Tobias Hase (dpa)
Bild: picture-alliance/Tobias Hase

"Armutsbekämpfung" und "Reformen" - das sind die Schlagworte, mit denen die Rentner-Partei auf Stimmenfang ist. Das Ziel lautet: Einzug in den Bundestag. Rein rechnerisch kein Problem: Immerhin leben mittlerweile über 20 Millionen Rentner in der Bundesrepublik - Tendenz steigend. Auf dem Bundestagswahlzetteln wird - kaum zu übersehen - der Parteiname in Großbuchstaben stehen: "RENTNER". Doch ob genug Menschen dort ihr Kreuz machen werden, scheint fraglich. Denn bislang hat es die elf Jahre alte Partei noch in kein Parlament geschafft.

Um möglichst alle Wählergruppen anzusprechen, versucht die Rentner-Partei den Eindruck zu verhindern, dass es ihr allein um Klientelpolitik für Senioren geht: "Rentner für Jung und Alt" lautet das generationsübergreifende Motto der Partei. Auch wenn in einem zentralen Programmpunkt 150 Euro jährlich als Inflationsausgleich für die derzeitigen Rentner gefordert werden: Die Rentner-Partei begreift sich als gesamtgesellschaftliche Kraft, die alle Menschen in Deutschland vor schleichender Verarmung schützen möchte.

Eine Partei für alle

Dieter Balck ist ein eloquenter Mann. Er war einmal Bundesvorsitzender der Rentner-Partei, nun ist er deren Ehrenvorsitzender. Als sogenannte Kleinstpartei, die insgesamt nur einige hundert Mitglieder und kaum finanziellen Spielraum hat, sind die "Rentner" auf den ehrenamtlichen Einsatz ihrer Mitglieder angewiesen. Auch eine Geschäftsstelle, vergleichbar mit den Anlaufstellen der großen Parteien, gibt es noch nicht. Und so findet das DW-Interview in einem Hamburger Privathaus statt, in dem ein Mitglied der Partei ein Zimmer als Konferenzraum zur Verfügung stellt. "Es gibt hier 20 Millionen Rentner und 37 Millionen zukünftige Rentner - die haben keine Lobby", begründet der Ehrenvorsitzende die Daseinsberechtigung seiner Partei. "Die brauchen eine Lobby. Und dafür sind wir da", sagt Dieter Balck, der selbst Rentner ist.

Rentner im Wahllokal - Foto: Julian Stratenschulte (dpa)
Rentner im Wahllokal: Gewaltiges WählerpotenzialBild: picture-alliance/dpa

Mit den zukünftigen Rentnern meint die Partei die heutigen Kinder, Jugendlichen und Arbeitnehmer. Sie werden in ein paar Jahrzehnten selbst Rentenempfänger sein und müssen zuvor in das Solidarsystem Rentenversicherungsbeträge einzahlen, um das Auskommen der derzeitigen Ruheständler zu sichern. Seine Partei setze auf "drei Säulen", erläutert Dieter Balck deren Programm. Erstens: Sozial- und Rentenpolitik. Zweitens: Gesundheitspolitik. Und drittens: Bildungspolitik. "Das Ganze umkreist von der Wirtschaftspolitik gemeinsam mit der Arbeitspolitik."

Letztlich kreisen die Überlegungen der Partei aber vor allem um die Sicherheit der Rentenkasse. Arbeitnehmer, die zu Niedriglöhnen arbeiten würden, könnten keine nennenswerten Beträge in die Rentenversicherung einzahlen, so Balck. Generationengerechtigkeit sei deshalb das Ziel der Partei. Arbeitnehmer sollten angemessene Löhne erhalten, um ausreichend für das Alter vorsorgen zu können und die derzeitigen Rentenzahlungen zu sichern - eine Art Win-Win-Situation.

Konkret fordern die "Rentner" die Einführung einer Bürgerrente mit einer Beitragspflicht für alle, darunter auch für die Beamten, die bislang eine staatliche Pension erhalten. Dazu kommt als weiterer Punkt: mindestens 1200 Euro Grundrente für alle - also unabhängig davon, was der Empfänger zuvor selbst eingezahlt hat.

Unmut über die etablierten Parteien

Neben ihrer vermeintlichen Kompetenz bei Thema Renten, versucht die 2002 gegründete Partei aber auch noch auf andere Weise bei den Wählern zu punkten: mit dem meist reifen Alter ihrer Mitglieder. "Wenn Sie sich die anderen, etablierten Parteien anschauen, wie ist das da?", fragt Dieter Balck, um gleich selbst die Antwort zu geben: "Aus dem Kreißsaal in den Plenarsaal ohne Erfahrung." Durch einen Einzug in den Bundestag im kommenden September möchten die "Rentner" das ändern. Sie wollen auch ihre lange Lebens- und Berufserfahrung in die Politik einbringen. Allerdings sind auch bei der Rentner-Partei jüngere Menschen aktiv, die nach Dieter Balcks Definition auch noch nicht vor allzu langer Zeit den Kreißsaal verlassen haben dürften: Der Landesvorsitzende in Hessen ist beispielsweise 28 Jahre alt.

Rentner auf der Besuchertribünde des Bundestages - Foto: Rainer Jensen (dpa)
Rentner auf der Besuchertribüne des Bundestages: Punkten mit Lebens- und BerufserfahrungBild: picture-alliance/dpa

Die Überzeugung, dass in der deutschen Politik etwas falsch läuft, eint die Mitglieder der Partei. 80 Millionen Deutsche seien "Opfer einer nur noch aufs Wohlwollen der Reichen und Schönen im Lande ausgerichteten Klientelpolitik der etablierten Parteien", heißt es in den Publikationen der "Rentner". Die Hoffnung, daran etwas zu ändern, motiviert die Mitglieder. Er mache das alles nur für seine Kinder und Enkelkinder, sagt Balcks Hamburger Parteifreund Günter Pfeifer. "Deswegen engagiere ich mich, damit die es einmal besser haben sollen!"

Die Fünfprozenthürde

Einen ersten großen Wahlerfolg errang die Partei 2009 mit fast einem Prozent der Stimmen bei der Europawahl. Eine mittlerweile aufgehobene Fünfprozentklausel verhinderte damals allerdings den Einzug der "Rentner" in das Europaparlament. Nun soll die Bundestagswahl 2013 ein Erfolg werden, wo erneut mindestens fünf Prozent der Stimmen nötig sind, um Abgeordnete zu stellen. Die Rentner-Partei ist jedenfalls fest entschlossen, am 22. September einen Wahlerfolg zu erzielen, um die ihrer Meinung nach gefährdete Rente zu retten.