1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Rassismus-Streit ums "Afrikanische Dorf"

Fritz Tänzer10. Juni 2005

Eigentlich sollte es das Image des Augsburger Zoos verbessern und einfach nur mehr Besucher anlocken. Jetzt gibt es um das "African Village" heftigen Streit.

https://p.dw.com/p/6kly
Eigentlicher Zweck eines Tierparks - das Elefantenbaby wurde im Jahr 2005 geborenBild: AP

Normalerweise taucht ein Zoo in der Presse auf, wenn eines der exotischen Tiere Nachwuchs bekommen hat, aus einem fernen Land ein seltenes Tier erworben wurde oder eine neue Attraktion eingeweiht wird. Andersrum informieren die Tierparks die Öffentlichkeit, wenn sie finanzielle Schwierigkeiten haben, die Futtermittel nicht bezahlen können oder es mal wieder durch das undichte Dach ins Elefantenhaus regnet.

"African Village"

In Augsburg geht es in diesen Tagen nicht um Tiere oder Attraktionen. Rassismus wird der Leiterin des Tierparks, Barbara Jantschke, vorgeworfen. Im Augsburger Zoo öffnete die Veranstaltung "African Village". Vier Tage lang afrikanische Kultur, Kunsthandwerk und Kulinarisches, so verspricht es die Website des Tierparks. Das alles soll geboten werden vor einer afrikanischen Steppenlandschaft, die im Augsburger Zoo aufgebaut wurde. 40 Stände mit afrikanischen Produkten sowie Schmuck und Kunst. Auch werden afrikanische Künstler auftreten.

Heftige Kritik der Interessengruppen

Deutsche Kolonialgeschichte
Der typische koloniale Blick auf Afrika - die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland kritisiert, der Zoo Augsburg unterstütze diese Sicht mit seinem 'African Village'Bild: dpa

Gegen diese Veranstaltung gibt es heftigen Widerstand, der angeführt wird von der "Initiative Schwarze Menschen in Deutschland" (ISD). Ihre Sprecherin, Eleonore Wiedenroth-Coulibaly, fordert dazu auf, die Veranstaltung zu stoppen: "Erstens gibt es nicht ein 'African Village'. Und zweitens besteht die afrikanische Landschaft nicht nur aus Steppe. Es ist eine Reduktion von afrikanischen Menschen in der alten kolonialen Tradition - wieder auf ganz naturnah, eingebettet in die Natur, mit der Tierwelt zusammen. Es ist dieser koloniale Blick, der uns stört."

Insbesondere sieht Eleonore Wiedenroth-Coulibaly in dieser Veranstaltung eine deutliche Parallele zu den Völkerschauen, die aber die Zoodirektorin einfach nicht wahrhaben wolle.

Hintergrund Kolonialismus

Kamelkarawane zieht über die Gräberpiste durch die Sahara
'Afrika ist nicht nur Steppe'Bild: AP

"Völkerschauen" waren ein perfides Vergnügen der Europäer zur Zeit des Kolonialismus. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden nicht nur afrikanische Länder annektiert, auch Einheimische wurden gegen ihren Willen nach Europa gebracht und dort im Zoo oder im Zirkus zur Schau gestellt. Angeblich sollten die Europäer auf diese Weise die Bewohner und Kulturen der fernen Länder beobachten und kennen lernen können. In möglichst naturgetreuer Kulisse - manchmal wurden sogar ganze Dörfer oder Basare nachgebaut - sollten die Fremden dann ihr tatsächliches oder vermeintliches Alltagsleben oder spezielle "Kunststücke" vorführen.

Auch ließ man diese Menschen auf Jahrmärkten auftreten, um ihre "Andersartigkeit" der eigenen "Normalität" gegenüberzustellen. Völkerschauen haben wohl nicht unwesentlich zu einer Vertiefung rassistischer Haltungen beigetragen. Es handelte sich oft um eine erniedrigende Darstellung.

Politisches Thema

In den aktuellen Augsburger Streit hat sich schließlich auch Oberbürgermeister Paul Wengert eingebracht, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Augsburger Zoo GmbH ist. Er unterstützt die Veranstaltung ausdrücklich und weist darauf hin, dass zahlreiche Institutionen, die sich Afrika positiv verbunden fühlen, gleicher Ansicht seien. Insbesondere Hilfsorganisationen wollten die Veranstaltung nutzen, um karitative Projekte in Afrika zu unterstützen.

Allerdings gibt der Oberbürgermeister zu, dass durch eine missverständliche Sprachregelung ein falscher Eindruck entstanden sein könnte: "Die Präsentation eines afrikanischen Dorfes - und dies im Bereich Zoo - wäre jedenfalls bei Anlegung eines strengen Maßstabes keine sehr glückliche Kombination." Wengert ist aber der festen Überzeugung, dass die Besucher des Zoos das "African Village" als Kulturprogramm und Beitrag zur Völkerverständigung verstehen werden.

Tierwelten erleben

Weihnachtsbäume für Elefanten
Zoos haben eine jahrtausendealte Tradition - und sind heute nicht nur zum Schauen, sondern auch zum Forschen daBild: AP

Zoologische Gärten im eigentlichen Sinn haben eine lange Tradition. Der älteste ist wohl im 7. Jahrhundert v. Chr. im altorientalischen Assur entstanden. In Wien wurde 1752 im Park von Schönbrunn ein Tierpark angelegt. Es folgten London (1828) und Antwerpen (1843). In Deutschland wurde der erste Zoo 1844 in Berlin eröffnet.

Wenn auch die Haltung einzelner Gattungen von Kritikern stets kritisiert wurde, sind Zoos heute nicht nur als Freizeitvergnügen, sondern auch als wissenschaftliche Einrichtungen und Bildungsstätten akzeptiert.