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Quito beugt sich Pekings Druck

N. Pontes, C. Neher (gh)12. September 2013

Im Yasuni-Nationalpark sollte Regenwald gerettet werden. Nun ist das Projekt gescheitert - und China steht am Pranger: Nicht nur Umweltschützer machen Peking für das Aus der Initiative in Ecuador verantwortlich.

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Der Yasuní-Nationalpark (Foto: AP/ Dolores Ochoa)
Bild: AP

Nicht die mangelnde Zahlungsbereitschaft der internationalen Gemeinschaft sei dafür verantwortlich, dass im Naturschutzgebiet Yasuni im Amazonas von Ecuador nun doch nach Öl gebohrt wird. Nach Ansicht von Nichtregierungsorganisationen und Umweltschützern führen die Spuren nach Peking. Ihr Vorwurf: Chinesische Firmen hätten Druck auf die ecuadorianische Regierung ausgeübt, mehr Öl zu fördern und Rohstoffe abzubauen.

"Die Entscheidung von Ecuadors Staatspräsident Rafael Correa ist eine Antwort auf den internationalen Druck", erklärt Jorge Espinoza von der ecuadorianischen Umweltorganisation Acción Ecológica im Gespräch mit der DW. "Aber nicht der internationale Druck, um Yasuni zu retten, sondern der internationale Druck aus China." Ecuador sei gegenüber China hoch verschuldet. "Wir müssen dies mit unserem Öl bezahlen, das ist der entscheidende Punkt", so Espinoza.

Auch Ecuadors ehemaliger Energieminister Alberto Acosta macht den Druck aus Peking für das Aus von Yasuni verantwortlich. "Ein Grund für die Entscheidung der Regierung ist zweifellos die wachsende Nachfrage aus Ländern wie China, die einen unstillbaren Hunger nach Öl, Rohstoffen und Lebensmitteln haben", erklärte er gegenüber der DW. Der Mitbegründer der Yasuní-Initiative glaubt, dass auch finanzielle Gründe ausschlaggebend waren: "Das Öl wird erst in drei oder vier Jahren fließen, doch die künftigen Einnahmen können jetzt schon zur Garantie von Krediten genutzt werden."

Ecuadors Präsident Rafael Correa und Chinas ehemaliger Staastpräsident Hu Jintao stoßen 2007 in Peking auf eine gemeinsame Zukunft an. (Foto: AP/Claro Cortes IV, Pool)
Ecuadors Präsident Correa und Chinas Staastpräsident Hu Jintao 2007Bild: AP

Gläubiger China

Die ecuadorianische Regierung wollte sich auf Anfrage der DW nicht zu dem Thema äußern. Fakt ist: Das Land ist auf Kredite und Investitionen aus China angewiesen. Denn seit der Verkündigung des Schuldenmoratoriums im Dezember 2008 ist das Land von den internationalen Kapitalmärkten abgeschnitten und bekommt kaum noch Kredite von der Weltbank oder vom Internationalen Weltwährungsfonds (IWF).

Die Angaben über Ecuadors Verschuldung gegenüber China sind widersprüchlich. Nach Informationen der Regierung in Quito belaufen sich die Verpflichtungen Ecuadors gegenüber China auf 4,56 Milliarden Dollar. Nach Angaben des amerikanischen Finanzdienstes Bloomberg hat Ecuador seit dem Amtsantritt von Staatspräsident Rafael Correa Kredite in Höhe von über 9 Milliarden Dollar aus China bekommen.

Zusätzlich verkündete Staatspräsident Correa im Juni dieses Jahres einen historischen Megadeal mit China: Nach Berichten der ecuadorianischen Tageszeitung "El Comercio" wird der Staatskonzern China National Petroleum Company (CNPC) rund 12,5 Milliarden Dollar in die Modernisierung und den Neubau von Raffinerien im OPEC-Mitgliedsstaat Ecuador investieren.

Die enge Beziehung zwischen China und Ecuador begann 2007. Im selben Jahr wurde Rafael Correa Präsident des südamerikanischen Landes. Damals wie heute war China auf der Suche nach neuen Rohstoffquellen für seine Industrie. Zu dieser Zeit verkaufte Ecuador noch rund drei Viertel seines Erdöls an die Vereinigten Staaten von Amerika. Heute gehen Schätzungen zufolge schon mehr als die Hälfte des ecuadorianischen Öls an die Chinesen, Tendenz steigend.

Unterwürfige Rohstofflieferanten

"Die Investitionen Chinas in Lateinamerika wachsen in einer schwindelerregenden Geschwindigkeit in die Höhe", sagt Philip Fearnside, Wissenschaftler am Nationalen Forschungsinstitut Amazonas (Inpa) in Brasilien. "Die lateinamerikanischen Länder verhalten sich China gegenüber komplett unterwürfig." Somit wäre es für China ein Leichtes, auch weitere umweltschädigende Projekte in der gesamten Region anzustoßen, so Fearnside zu der DW.

Eine Öllache im indigenen Siedlungsgebiet bei Lago Agrio. (Foto: ddp images/AP /Dolores Ochoa)
Eine Öllache im indigenen Siedlungsgebiet bei Lago AgrioBild: AP

Doch nicht nur China steht am Pranger. Umweltschützer werfen auch der Regierung in Quito Unentschlossenheit vor. "Es gab einen Plan A, nach dem das Öl im Boden bleiben sollte", erklärt Verónica Arias von der Nichtregierungsorganisation "Zentrum für Umweltrecht". "Es gab aber auch einen Plan B, der vorsah, Öl in Yasuni zu fördern, wenn nicht genug Geld zur Verfügung gestellt wird." Dies habe die internationale Gemeinschaft als Erpressung empfunden.

Mitte August entschied sich Staatspräsident Rafael Correa für "Plan B". Statt der erhofften Kompensationszahlungen in Höhe von 3,6 Milliarden Dollar, seien nur 13 Millionen Dollar aus Europa für den Schutz des Naturreservates zusammengekommen. "Die Welt hat uns in Stich gelassen", begründete Correa seinen Ausstieg aus der Initiative in einer Fernsehansprache. Er müsse nun die Erdölbohrungen freigeben, Yasuni sei gescheitert.

Umweltschützer und Indigene, die in dem geschützten Gebiet leben, wollen jedoch noch nicht aufgegeben. Sie sammeln nun Unterschriften, um ein Referendum gegen die Ölbohrungen anzustoßen. Noch muss der ecuadorianische Nationalkongress über den Vorschlag des Präsidenten abstimmen. Eine Zustimmung gilt aber als sehr wahrscheinlich, da Correas Partei im Kongress die Mehrheit hat.