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Pressestimmen von Dienstag, 20. November 2007

Christoph Schmidt19. November 2007

Gespräche im Bahn-Tarifstreit

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Nach dem größten Streik in der Geschichte der Deutschen Bahn haben die Chefs des Unternehmens und der Lokführergewerkschaft GDL, Mehdorn und Schell, den Gesprächsfaden wieder aufgenommen. Die Pressekommentare hierzu reichen von einem Aufatmen bis Skepsis.

In der THÜRINGER ALLGEMEINEN aus Erfurt heißt es:

"Verkehrsminister Tiefensee schob den Bahnchef regelrecht an. Jener sei bereit, einen Schritt auf die Gewerkschaft zuzugehen und ein Angebot zu machen - weckte er Erwartungen. Vergnatzt schwieg die Bahn dazu. Schließlich sitzen in ihrem Aufsichtsrat Vertreter des Bundes, die bislang den harten Kurs gegen die Lohnforderung der GDL mittrugen. Man will ja schließlich keine Interessenten für die geplante Bahnprivatisierung vergraulen. Nicht minder schrecken aber die Millionenschäden durch den Streik die Zuständigen im Bundeskabinett, die den steigenden Druck an den Bahnchef weiterleiten, doch bitte schön möglichst bis Weihnachten die Sache in den Griff zu bekommen. "

Der FRÄNKISCHE TAG aus Bamberg schreibt:

"Nur der GDL-Chef und nur der Bahn-Allmächtige können dieses Problem lösen. Die GDL könnte auf einen eigenen Tarifvertrag für die Lokführer verzichten, und die Bahn beim Gehalt einen ordentlichen Batzen draufpacken. Beides hätte mit Logik nichts zu tun: Ein eigenes Tarifwerk für eine Gruppe in großen Konzernen ist sonst durchaus auch üblich. Und eine Lohnerhöhung zwischen zehn und zwanzig Prozent zeigt nur, dass die Gewerkschaft in den letzten Jahren geschlafen hat. Wenn am Ende aber die Züge wieder rollen, bleibt wieder Zeit fürs Wesentliche: zum Beispiel die Privatisierung."

Der Berliner TAGESSPIEGEL meint:

"Mit ihren Streiks haben die Lokführer Millionen von Pendlern verärgert, wirtschaftliche Schäden angerichtet und das Vertrauen in die Bahn erschüttert. Das alles war völlig überflüssig, wie sich jetzt zeigt. Denn Grundlage des heutigen Spitzengesprächs ist nicht etwa ein aktueller Geniestreich eines der Beteiligten, sondern ein Papier, das bereits vor knapp drei Monaten vorgelegt worden ist. Inzwischen soll eine Einigung auf dieser Grundlage noch vor Weihnachten zu schaffen sein. Das ist der Hohn. Nicht die fernsehtaugliche Wut sollte die Gesichter der Beteiligten purpurrot färben, sondern Scham über das eigene Unvermögen."

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München urteilt:

"Spätestens nach den ersten umfassenden Streiks im Schienenverkehr werde das Verständnis der Bürger für die Zugführer rapide sinken und diese zum Einlenken im Tarifstreit bewegen, glaubte der Bahnchef - und hat sich getäuscht. 62 Stunden lang standen in Deutschland viele Züge still, aber von Aggression im Volk ist nicht viel zu spüren. Irren dürfte auch der Chef der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Manfred Schell, wenn er glaubt, dass die Bahn nun weich wird. Von Sanftmütigkeit ist auch Mehdorn weit entfernt. Und so sollte sich niemand täuschen: Eine Einigung im Bahn-Tarifstreit ist noch weit weg."

Die LANDESZEITUNG aus Lüneburg zeigt Verständnis für die Lokführer:

"Bei Anne Will kam´s heraus: 140.000 Euro pro Monat bezahlt die Bahn ihrem Personalvorstand Margret Suckale - das Einstiegsgehalt eines Lokführers beträgt hingegen kümmerliche 1.290 Euro. Die Antwort darauf, ob denn die Relationen zwischen Manager- und Mitarbeiterentlohnung im Unternehmen noch stimmen, musste Suckale in der ARD-Talkshow selbstredend schuldig bleiben. Die stimmen nämlich hinten und vorne nicht mehr - und das beileibe nicht nur bei der Deutschen Bahn."