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ReiseEuropa

Portugals Tourismusbranche atmet auf

Nicole Ris
9. Oktober 2021

Nach einem langen Lockdown zu Beginn des Jahres verzeichnet die Tourismusbranche wieder einen Zuwachs an Urlaubern. Hoteliers und Restaurantbesitzer sind optimistisch, dass es jetzt vorangeht.

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Felsen, Sand und Meer - Portugals Atlantikküste an der Algarve
Felsen, Sand und Meer - Portugals Atlantikküste an der AlgarveBild: Atlantismedia/Zoonar/picture alliance

Er ist wieder da: der ratternde Rollkoffer auf den Gehwegen von Faro an der Südspitze Portugals. Einige Portugiesen nennen dieses markante Geräusch sogar die Hymne der Algarve. Es ist zwar jetzt Nebensaison, aber die Touristen aus Frankreich, Großbritannien oder Deutschland, die hier durch die Straßen schlendern oder zu naheliegenden Stränden fahren, sind schnell entdeckt. Keine Massen, aber doch auffällig viele. Sie sind erleichtert, dass sie endlich wieder Urlaub machen können und gönnen sich eine langersehnte Auszeit.

Touristen mit Rollkoffern am Flughafen von Faro, Portugal
Die Rollkoffer sind zurück - und mit ihnen die Touristen am Flughafen von FaroBild: Ana Brigida/AP Photo/picture alliance

Für viele Einwohner hier ist das ein Segen. Cristina Leal betreibt ein kleines Fischrestaurant im Zentrum. Alle Tische auf ihrer Terrasse sind am Abend komplett besetzt. Ausschließlich von Urlaubern. "Im August war so viel zu tun, dass wir gar nicht hinterher kamen", erzählt sie, während sie Reis mit Shrimps serviert. Auf die Touristen haben Gastronomen und Hoteliers an der Algarve lange gewartet. Besonders in der ersten Jahreshälfte verlor Cristina Leal teilweise den Mut, die Pandemie hat ihr alle Optionen genommen, nur Sorgen verursacht. Umso mehr kann man sich nun das Strahlen unter ihrer Maske vorstellen, während sie herzlich Bestellungen aufnimmt.

Das Vertrauen ist zurück

Auch Joao Caroleno bemerkt dieses Jahr einen Aufschwung. Die Buchungen für sein Hotel Aqua Ria sind im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent gestiegen, sagt er. Ein Jahr lang war das Hotel geschlossen. "Es war schrecklich. Wir mussten die Arbeit einstellen. Wir hatten keine Gäste und haben nur Rechnungen bezahlt. Und die kamen pausenlos. Aber jetzt ist es besser und das ist großartig." Das Hotel betreibt er seit etwa sechs Jahren zusammen mit seinem Bruder. Sie hatten viel Geld investiert, erfüllten sich mit dem Hotel einen Traum. Dann kam die Pandemie.

"Ich hätte nie geglaubt, dass so etwas mal passiert. Für uns war das eine große Lehre. In Zukunft wollen wir auf solche Momente besser vorbereitet sein." Dazu gehört neben einem Hygienekonzept auch finanzielle Vorsorge. Und das Vertrauen der Gäste. Das sei jetzt wieder viel größer, bemerkt Joao Caroleno. "Auch wegen der Impfung."

Faro, Portugal, historische Hausfassaden
Faro - Hafenstadt mit Altstadtflair und touristisches Zentrum der AlgarveBild: Atlantismedia/Zoonar/picture alliance

Portugal - vielen Ländern ein Vorbild

Das Land hat gerade erst eine Impfquote von 85 Prozent erreicht, und gehört weltweit zu den Ländern mit der höchsten Quote. Im Oktober stehen weitreichende Lockerungen an. So werden etwa Bars und Clubs wieder offen sein. Auch die Auflagen in Innenräumen wie Restaurants und Hotels werden gelockert, es dürfen sich wieder mehr Menschen versammeln. Und das ist wichtig. Denn eigentlich ist Portugal ein Touristenmagnet. Die Strände und das gute Wetter locken jährlich Millionen Gäste aus den der ganzen Welt an. Im Sommer aus Europa, in den Herbst- und Wintermonaten auch viele aus Übersee, den USA oder Brasilien. 

Der Sektor zählt zu einem der wichtigsten im Land und macht zwischen 10 und 15 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. Aber durch die Pandemie erreichte die Branche so schlechte Werte wie zuletzt in den 1980er Jahren. Die Urlauberzahlen gingen 2020 um 76 Prozent zurück. Obwohl Portugal eines der Länder war, das als Vorbild galt, mit niedrigen Infektionszahlen. Und auch sehr schnell Hygienekonzepte entwickelt hatte.

Portugals Tourismusjahr fällt so gut wie aus

Rückschlag und Ausblick

Dann erlebte das Land seinen schlimmsten Moment: Anfang 2021 schnellten die Infektions- und Todeszahlen in die Höhe. An eine Erholung der Wirtschaft war während des langen Lockdowns nicht zu denken. Bis jetzt. Der portugiesische Tourismusverband erwartet einen erfolgreichen Herbst und Winter. Hilfsgelder sind in den Wirtschaftszweig geflossen, um ihn zu stärken und auszuweiten. Man wolle sich in Zukunft auch auf Nischen konzentrieren, und neue Angebote am Markt etablieren - Weinverkostungen oder etwa Outdoor-Urlaub. Außerdem möchte Portugal mehr digitale Nomaden anlocken. Gäste, die länger bleiben. Bis 2023 erwartet man, dass der Tourismus sich wieder gänzlich erholt habe.

Herbststimmung am Atlantikstrand von Faro, Portugal
Herbststimmung am Atlantikstrand von Faro Bild: Nicole Ris/DW

Es fehlen Arbeitskräfte

Hoteliers wie Joao Caroleno müssen sich also noch etwas gedulden. Auch wenn er sagt, dass dieses Jahr schon einen großen Unterschied für ihn macht und das Gleichgewicht langsam wieder da ist. Ein großes Problem sei aber noch, dass Arbeitskräfte fehlen. Auch das sei eine Konsequenz der Pandemie. Durch die vielen Reiserestriktionen blieben Fachkräfte aus dem Ausland immer noch fern. Zum Beispiel aus Brasilien, oder Osteuropa. Er und sein Bruder arbeiten deshalb doppelt so hart, und haben längeren Tage also das normal üblich wäre.

Touristen an der Algarve
Im Sommer 2021 kamen die Touristen zurück, aber überall fehlt Servicepersonal Bild: Zack Ajili/PHOTOPQR/VOIX DU NORD/MAXPPP/picture alliance

Auch Cristina Leal kennt das Problem. Jetzt, wo sie wieder mehr zu tun hat, spürt sie das. Aber es läge nicht nur an den Auflagen bei Reisen. Sie erzählt, dass sich nur wenige Portugiesen auf die offenen Stellen bewerben würden. Denn diese bekämen teilweise noch Corona-Hilfen, hätten also noch nicht den ausreichenden Ansporn, wieder in den Arbeitsalltag zurückzukehren. Trotzdem ist sie optimistisch. Auch diesen Engpass werde man überbrücken, schließlich hätte es weitaus schlimmere Momente während dieser Pandemie gegeben. Immerhin bringen die Urlauber an der Algarve langsam wieder Leben in die Küstenorte.