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"Einschüchterung durch den Mob"

27. August 2015

Justizminister Maas will Fremdenfeindlichkeit im Internet eindämmen. SPD-Chef Gabriel unterstützt den Vorstoß - und ruft alle Bürger auf, sich gegen rassistische Äußerungen im eigenen Umfeld zu stellen.

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Bundesjustizminister Heiko Maas (Archivbild)
Bild: picture-alliance/dpa/J. Wolf

Bundesjustizminister Heiko Maas (Archivbild) hat das soziale Netzwerk Facebook aufgefordert, rassistische Kommentare auf der Plattform zu unterbinden. Das Internet sei kein rechtsfreier Raum, in dem rassistische Hetze und strafbare Äußerungen unkontrolliert verbreitet werden könnten, schrieb der SPD-Politiker in einem Brief an Facebook. "Gegenüber Internetnutzern, die Fremdenfeindlichkeit und Rassismus offensiv propagieren, darf es keine falsch verstandene Toleranz geben."

In zahlreichen Beschwerden gegenüber dem Ministerium hätten Facebook-Nutzer beklagt, dass das Unternehmen trotz entsprechender konkreter Hinweise rassistische und fremdenfeindliche Kommentare nicht effektiv verhindere. Facebook sei verpflichtet, rechtswidrige Inhalte - etwa mit volksverhetzendem Charakter - unverzüglich zu löschen, so Maas.

"Wir nehmen die Bedenken ernst"

In einem Statement begrüßte Facebook die Gelegenheit, mit Maas über das Thema zu sprechen. Man nehme die Bedenken ernst. Solche Inhalte verstießen gegen Gemeinschaftsstandards.

Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel verlangte, soziale Netzwerke wie Facebook müssten rassistische Posts schneller und nachhaltiger löschen. "Wir dürfen Volksverhetzung in Deutschland nicht durchgehen lassen", sagte er beim Besuch einer Asylbewerbereinrichtung in Ingelheim in Rheinland-Pfalz.

Aber auch jeder Bürger sei aufgerufen, sich fremdenfeindlichen Äußerungen in seinem persönlichen Umfeld entgegenzustellen. Angesichts der rasant wachsenden Flüchtlingszahlen sei auch weiter mit Konflikten zu rechnen, sagte Gabriel. "Trotzdem bin ich überzeugt: Unser Land schafft das."

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel beim Besuch einer Asylbewerbereinrichtung in Ingelheim (Foto: dpa)
"Unser Land schafft das": Sigmar Gabriel beim Besuch einer Asylbewerbereinrichtung in IngelheimBild: picture-alliance/dpa/C. Schmidt

Abends nicht mehr auf die Straße

Unterdessen zeigte sich Maas besorgt wegen eines Klimas der Einschüchterung. "Es gibt viele, die nicht mehr wissen, ob sie sich noch trauen sollen, ihre Meinung zu sagen und die das nicht gut finden, was der rechtsextreme Mob hier veranstaltet hat", sagte er nach einem Treffen mit mehr als 100 Gymnasiasten im sächsichen Heidenau.

"Es ist schon eine Form von Einschüchterung." Ein Mädchen habe bei dem Treffen erzählt, dass sie abends nicht mehr auf die Straße dürfe - "aber nicht wegen der Asylbewerber, sondern wegen Rechtsextremer". Maas war gemeinsam mit der Fernsehmoderatorin Dunja Hayali für das Projekt "Gesicht zeigen" nach Heidenau gekommen.

Aus dem Ruhestand ins Amt

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat dem für Asylverfahren zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) unterdessen hunderte weitere Mitarbeiter zugesagt. Bis zu 700 zusätzliche Kräfte solle die Behörde beispielsweise durch die Reaktivierung von Pensionären bekommen, sagte der Minister bei einem Besuch des Amtes in Nürnberg.

De Maizière verwies darauf, dass die Zahl der Flüchtlinge auf der westlichen Balkanroute im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 600 Prozent gestiegen sei. Der Zuwachs bei den Menschen, die über das Mittelmeer gekommen seien, liege dagegen nur bei fünf bis zehn Prozent. "Das war nicht vorhersehbar", sagte de Maizière.

Zurzeit kommen nach Angaben der Bundespolizei täglich 750 bis 800 Flüchtlinge etwa aus Afghanistan, Syrien oder dem Irak über Griechenland, Mazedonien und Serbien nach Ungarn. Sie stammen demnach vor allem aus Afghanistan, Syrien und dem Irak, vereinzelt auch aus Pakistan und Eritrea.

jj/cr (dpa, afp)