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Politiker auf Stimmenfang im Netz

Christian Ignatzi9. Mai 2013

Vor der Bundestagswahl entdecken die Abgeordneten die sozialen Netzwerke für sich. Noch findet der Wahlkampf aber hauptsächlich offline statt.

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Internetseiten der großen deutschen Parteien und Profile der Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl 2009 (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Politiker twittern und posten und selbst die Bundeskanzlerin simst und sendet Videobotschaften. Erreichen sie damit die Wähler? Ja, behaupten 37 Prozent aller Wahlberechtigten in Deutschland. Sie glauben, dass das Internet einen entscheidenden Einfluss auf den Ausgang der Bundestagswahl in diesem Jahr haben wird. Unter den 18- bis 29-Jährigen sind es sogar 48 Prozent. Das geht aus einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa hervor, die der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) in Auftrag gegeben hatte.

Die Ergebnisse sind in die Studie "Demokratie 3.0 - Bedeutung des Internets für den Bundestagswahlkampf" eingeflossen. "Die Online-Kommunikation nimmt in der Politik einen immer höheren Stellenwert ein", sagte Bitkom-Präsident Dieter Kempf der Deutschen Welle. Er geht sogar noch weiter: "Das Internet wird den Wahlkampf bestimmen, wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik."

Dieter Kempf, Präsidiumsmitglied des Branchenverbandes Bitkom (Foto: dpa)
Sieht den Internet-Wahlkampf im kommen: Bitkom-Chef Dieter KempfBild: picture-alliance/dpa

Vorsicht bei hohen Erwartungen

Der Kommunikationswissenschaftler Felix Flemming von der Universität Münster wiegelt ab: "Zwar sind in diesem Wahlkampf mehr Politiker im Internet vertreten als noch vor vier Jahren", analysiert er im DW-Gespräch, "aber so lange die Angebote weiterhin von einem begrenzten Kreis an Usern genutzt werden, hält sich der Erfolg eher in Grenzen." Das Problem sei, dass Politiker nur während der Wahlzeiten im Internet mobilisierten: "Auf diese Weise können sich gar keine Strukturen entwickeln."

Schon vor der Wahl 2009 hatten die Parteien damit begonnen, ihren Wahlkampf immer stärker im Internet zu führen. Social-Media-Plattformen wie Twitter, Xing und Facebook sind mittlerweile zu wichtigen Sprachrohren für Politiker geworden, betont Kempf. "Wenn man die Zahlen von heute mit denen von vor vier Jahren vergleicht, zeigt sich, dass sie deutlich zugenommen haben." Seit damals sind die Klickzahlen auf die Politikerprofile in die Höhe geschnellt. Schon 2009 führte Angela Merkel das Feld an: 16.200 Freunde hatte sie damals auf Facebook und 69.000 im Netzwerk StudiVZ. Damit lag sie doppelt und dreifach vor Herausforderer Frank-Walter Steinmeier. Seitdem hat Merkel noch zugelegt - auf rund 245.000 Fans in allen sozialen Netzwerken. Auf Rang zwei folgen Familienministerin Kristina Schröder und SPD-Spitzenkandidat Peer Steinbrück - beide schaffen nur grob ein Fünftel der Merkel-Rate.

Felix Flemming, M.A. Westfälische Wilhelms-Universität Münster Institut für Kommunikationswissenschaft Bild aus dem Privatarchiv, Undatierte Aufnahme, Eingestellt 07.05.2013
Schraubt Erwartungen runter: Medienwissenschaftler Felix FlemmingBild: Privat

Wähler fordern neben Netz-Präsenz auch Netz-Sicherheit

"Ein Großteil der Abgeordneten hat erkannt, dass das Internet eine Kommunikationsform ist, die wichtig ist", erklärt Kempf. Die Zahlen spiegeln das wider: Die Online-Plattform Pluragraph.de hat ermittelt, dass 86 Prozent der Bundestagsabgeordneten mindestens ein Profil in einem sozialen Netzwerk haben. Die Deutschen wollen aber nicht nur ihre Volksvertreter im Internet treffen - sie sollen auch dafür sorgen, dass im Netz kein Schindluder getrieben wird. 96 Prozent der Wähler gaben in der Forsa-Umfrage an, dass ihnen der Datenschutz wichtig sei, gefolgt von der Bekämpfung von Cyber-Kriminalität (95 Prozent) und der Vermittlung von Internetkompetenz (84 Prozent).

Wenn die Wahl in diesem Jahr in die heiße Phase geht, glaubt Bitkom-Chef Kempf, wird sie noch nicht im Internet entschieden. "Die Online-Kampagnen könnten aber für die Parteien zum Zünglein an der Waage werden." Doch auch da hält Kommunikationswissenschaftler Flemming gegen und prognostiziert: "Die Ergebnisse des Onlinewahlkampfs werden nur einen geringen Einfluss auf das endgültige Wahlergebnis haben. Es gibt Studien in Deutschland, die das belegen."

Twitter Logo am Eingang der Twitter-Zentrale in San Francisco (Foto: AFP/Getty Images)
Es zwitschert im WahlkampfBild: Getty Images