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Politik direkt Forum vom 17. 06. 2010

24. Juni 2010

„Sollten Reiche mehr Steuern zahlen?"

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Modenschau auf der Millionärsmesse in MünchenBild: picture-alliance/ dpa

Informationen zum Thema:

Vom Sparen verschont - Deutschlands Reiche

Sollen Reiche mehr Steuern zahlen oder nicht? Auch darüber streitet die Koalition immer noch. In kaum einem anderen europäischen Land ist der Unterschied zwischen Arm und Reich so groß wie in Deutschland: 10 Prozent der Haushalte verfügen über 60 Prozent des Vermögens. Und sogar im Wirtschaftskrisenjahr 2009 sind noch mehr Menschen in die Riege der Millionäre aufgestiegen.

Unsere Frage lautet:

„Sollten Reiche mehr Steuern zahlen?"

Antworten unserer Zuschauer:

Waltraud Maassen, Neuseeland:

„Zehn Prozent der Haushalte verfügen über 60 Prozent des Vermögens in Deutschland. Steuererhöhung für die Reichen müsste selbstverständlich sein. Sitzen die Reichen am Steuerreform-Tisch heißt es: 'Die Guten ins Kröpfchen, die Schlechten ins Töpfchen.' Meine Vorschläge hatte ich in der vorherigen Sendung schon zum Ausdruck gebracht!“

Victor Chan, USA:

„Es geht gar nicht darum, ob die Reichen mehr Steuern zahlen sollen. Es geht darum, dass viele Topverdiener mit am Tisch sitzen, wenn Steuergesetze gemacht werden. Wenn man voraussetzt, dass die Reichen wenig soziale Verantwortung an den Tag legen, dann kann man sich ausrechnen, dass die Gesetze sich nicht ändern werden. Trotzdem hoffe ich, dass die Bundesregierung zu der Einsicht kommt, dass ein einseitiges Sparpaket nicht funktioniert. Ein sozial instabiler Staat wird sein Defizit nicht los.“

Charles Smyth, Großbritannien:

„Die Reichen zahlen schon jetzt mehr Steuern, weil sie viele teure Güter und Dienstleistungen kaufen und dafür Mehrwertsteuer zahlen. Außerdem investieren die Reichen ihr Kapital. Sie wurden reich dadurch, dass sie Risiken eingehen, und obendrauf zahlen sie Steuern auf die Gewinne, die sie dabei realisieren. Die Lösung kann nicht sein, die oberen zehn Prozent noch weiter auszuquetschen. Das hat das Proletariat 1917 in Russland versucht, was ja offensichtlich gut geklappt hat. Man sollte eher Anreize dafür schaffen, dass viel mehr Leute danach streben, reich zu werden.“

Heinz Boschek, Kanada:

"Steuergerechtigkeit ist ein Grundpfeiler des sozialen Friedens. Dass Vermögende einen größeren Beitrag in der Solidargemeinschaft leisten als Geringverdiener, ist doch selbstverständlich. Wenn zum Beispiel die Menschen in Nordkorea hungern, während sich die Diktatur aus Steuermitteln atomares Machtspielzeug leistet, muss man als demokratischer Staat das Bild der Solidargemeinschaft besonders hoch halten. Damit beraubt man Diktatoren und Hassprediger ihrer politischen Argumentationsgrundlage. Insofern ist Steuerpolitik sogar ein Stück weit Sicherheitspolitik. Was wir nicht brauchen, ist eine Hexenjagd auf alle, die es im Leben zu etwas gebracht haben. Blickt man dieser Tage aus dem schmalen Sehschlitz der G-20-Festung Toronto auf Deutschland, hat man allerdings den Eindruck, mancher möchte dort am liebsten eine fiskalische Büßerpunktekartei für Vermögende nach Flensburger Vorbild schaffen. Mit einer glaubwürdigen Haushaltspolitik könnte Frau Merkel beim G-20-Gipfel hier in Toronto jedoch eindeutig mehr punkten."

Günter Großmann, Thailand:

"Dabei führen Sie uns reiche schwedische Bürger vor, die angeben, dass sie gerne Steuern bezahlen. Wenn wir einen schwedischen Sozialstaat, der allerdings vor 20 Jahren auch fast am Ende war, anstreben, dann sollten auch bei uns die Reichen mehr zur Kasse gebeten werden. Aber wer will das? Wenn Sie unser Steuersystem mit dem Schweizer Steuersystem verglichen hätten, dann hätte eigentlich nur eine erhebliche Rückzahlung an alle Deutschen herauskommen müssen!"

Axel Werner, Deutschland:

"Es ist fast überall die gleiche Misere: Bei den unteren Einkommensklassen ist nichts zu holen und an die oberen und obersten trauen sich die Politiker nicht heran. Also werden die mittleren ausgequetscht wie eine (mittlerweile allerdings schon ziemlich trockene) Zitrone. Das kann natürlich nicht mehr lange gut gehen. Es wäre daher schon lange an der Zeit, dass alle Einkommen, d.h. Arbeit, Kapitalerträge, Verkaufsmehrwerte u. ä. gemeinsam nach den gültigen Einkommenssteuersätzen veranlagt werden. Zusammen mit einer ernsthaften Kontrolle der Schlupflöcher (überholte Steuernischen und andere Ausweichmanöver) würde das schon einmal einen Teil der Defizite ausgleichen und den Willen zu mehr Gerechtigkeit demonstrieren."

Rene Schlesinger, Deutschland:

"Das Sparpaket der Bundesregierung ist sozial ausgewogen, da die geringsten Einsparungen im Sozialbereich stattfinden, mehr im militärischen Bereich gekürzt wird. Der Sozialbereich nimmt 50 Prozent des Budgets in Anspruch, so dass hier Kürzungen notwendig sind. Wenn Kürzungen bei Harz IV vorgenommen werden, so wird das Abstandsgebot verwirklicht zu denen, die arbeiten. Eine Reichensteuer gibt es längst, da zehn Prozent der Besserverdienenden über 50 bis 60 Prozent des Steueraufkommens finanzieren, deshalb ist es notwendig, dass die Leistungsfähigen nicht zu sehr von ihrem Leistungswillen einbüßen. Vermögenssteuer und Reichensteuer sind leistungsfeindlich und vernichten Arbeitsplätze."

Erwin Scholz, Costa Rica:

"Die Steuern runter

macht eher munter,

stoppt Missetaten

der Bürokraten.

Geld recht verwenden

wird Not beenden."

Gerhard Seeger, Philippinen:

"Selbstverständlich, sie haben genug und spüren mehr Abgaben weit weniger als gering Verdienende, die man wirklich lange genug den Großteil der Steuerlast tragen lässt, während die bereits mehr als genug haben, Steuergeschenke bekamen. Von allen Steuersenkungen profitierten die Reichen steht's am meisten. Die Zahl der Millionäre ist gestiegen? Nun ja, zum (un)gerechtem Ausgleich ist dafür die Zahl der Armen mitgestiegen -vielleicht besteht da ein Zusammenhang. Wie das Beispiel des schwedischen Millionärs zeigt, gibt es auch Reiche, die bereit sind, einen höheren Beitrag zur Steuer zu zahlen. Auch der ältere deutsche Millionär wäre bereit, zusammen mit einigen anderen mehr Steuern zu zahlen. Nur die Gierigen, die scheint's in der Mehrheit sind, wollen nicht. Gier ist unanständig, schon Kindern erklärt man, sie sollen nicht gierig sein. Unsere Reichen hatten wohl keine gute Kinderstube. Aber sie haben ja eine Partei, die sich einmal selbst als "klein aber fein" bezeichnet hat, aber es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Gierigen vor steuerlicher Abgabe zu schützen und alles dran setzt, die kleinen abzuzocken."

Herbert Fuchs, Finnland:

"Soziale Gerechtigkeit in Deutschland ist sowieso schon lange ein Fremdwort. Sicherlich sollten die Gutverdiener dementsprechend zur Kasse gebeten werden und das wäre auch bitter nötig, aus dem einfachen Grund, weil die neuen Millionäre in Deutschland sich auf den Buckel des einfachen Volkes bereichert haben durch Ausbeutung nach dem Motto: 'Geld stinkt nicht'(...). "

René Junghans, Brasilien:

"Auf jeden Fall sollten die Reichen mehr Steuern zahlen. Sie wurden nicht nur reich, weil sie gewiefter als die Durchschnittsbürger sind, sondern wohl vor allem, weil sie viel zu wenig Steuern gezahlt haben. Viele Multimillionäre hinterziehen zudem Steuern, wie man immer wieder aus Presse und Fernsehen erfährt. Es ist daher verwunderlich, warum die Reichen vom Staat mit Samthandschuhen angefasst werden, während man Rentnern, Arbeitslosen und anderen verarmten Bürgern die Unterstützung kürzen will. Wer Steuern hinterzieht, der gehört eingekerkert, ganz egal, wie reich er ist. Man behauptet doch immer wieder, dass vor dem Gesetz alle gleich sind, nur sind die Reichen scheinbar 'etwas gleicher'."

Die Redaktion von „Politik direkt“ behält sich das Recht vor, Zuschriften zu kürzen.