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Politik direkt Forum vom 13. 05. 2010

20. Mai 2010

„Haben Sie Angst vor einer neuen Wirtschaftskrise?"

https://p.dw.com/p/NSQP
Der Euro im Visier von SpekulantenBild: BilderBox

Informationen zum Thema:

Angst um den Euro - Rettungspakt gegen Währungsspekulanten

750 Milliarden - mit einem gigantischen Rettungspaket soll der Euro geschützt werden. Gleichzeitig sollen Währungsspekulanten abgewehrt werden. Nach der Finanzkrise in Griechenland stürzen sich Spekulanten auf den Euro. Kanzlerin Merkel spricht von Attacken, bei EU-Finanzministern ist gar von "Wolfsrudeln" die Rede. Kann die Politik mit den Milliarden die europäische Währung retten?

Unsere Frage lautet:

„Haben Sie Angst vor einer neuen Wirtschaftskrise?"

Antworten unserer Zuschauer:

Martin Burmeister, Venezuela:

„Über kurz oder lang wird es immer wieder Wirtschaftskrisen geben, aber deshalb habe ich keine Angst, denn niemand weiß, was auf uns zukommen wird. Und so muss man sich mit den Gegebenheiten abfinden.“

Bernardo da Fonseca Mendes, Brasilien:

"Wir haben bereits eine neue Weltfinanzkrise! Und es ist offensichtlich, dass die Situation noch schlimmer wird. Der Kapitalismus war noch nie so kurz vor dem Kollaps wie zur Zeit."

Nguyen van Hoe, Vietnam:

"Als Bürger eines Entwicklungslandes habe ich große Angst vor einer neuen Wirtschaftskrise, (…). Der Lebensstandard ist bei uns sowieso niedrig. Die Arbeit ist immer knapp, und das ist in Krisenzeiten umso gefährlicher. Die Inflation steht vor der Tür (…). Die Wirtschaftskrise ist viel schlimmer in den Entwicklungsländern. Ich darf dazu einen Satz des französischen Schriftstellers Alphinse Allais zitieren: 'Wenn der Reiche weniger zu essen hat, hungert der Arme'."

Hannelore Krause, Deutschland:

"Angst nicht, aber ein gewisses Unbehagen ist schon vorhanden, denn die nächste Wirtschaftskrise über kurz oder lang wird eine Inflation sein. Zuviel Geld ist in Umlauf und es muss ständig für Nachschub gesorgt werden. Die Schulden steigen ins Unermessliche. Spekulanten treiben ihr Unwesen. Es bleibt bei verbalen Forderungen nach Einsparungen, aber niemand traut sich, das Übel an der Wurzel zu packen. Ein Trost: Die Inflation in 1945/46 haben die Menschen überlebt."

Erwin Scholz, Costa Rica:

"Traurig geht's zu

in der EU.

Unrat zuhauf

türmte sie auf.

Höchst makaber.

Wahr ist's aber."

Rolf Bockmühl, Philippinen:

"Oh ja, das habe ich. Die Politiker, und hier besonders Frau Merkel, agieren seit längerer Zeit mit unfähigen Sprüchen! Was die alles verändern wollten. Was ist geschehen? So gut wie nichts! Ich sehe so oft den immer grinsenden Herrn Ackermann und höre seine Aussagen, die er erst nun relativiert. Die Banken und deren 'Verkäufer' bringen bereits seit langer Zeit wieder jede Menge Schrott unters Volk mit dem Versprechen auf hohe Renditen. Nunmehr meint Herr Ackermann, das Rettungspaket könnte nicht funktionieren. Warum sagt er das? Damit die Banken keine Gelder verlieren, denke ich. Die Banken gewinnen immer und Fonds & Co verkaufen Produkte, die niemand versteht. Wenn das alles wieder zusammenbricht, dann kommen zahllose 'Käufer' und weinen sich aus. Wo ist mein Geld geblieben, fragen diese Personen dann und bitten um Hilfe. Die Gier auf fette Gewinne treibt diese Menschen dorthin. Dann soll der mündige - äh in Gelddingen unmündige - Steuerzahler einspringen. Die Beamtenschaft und die Parlamentarier gaben sich gerade zu dieser Zeit wieder eine saftige Gehaltserhöhung. Nun ja, das nenne ich vorbildlich. Zuerst die eigenen Taschen bestücken und dann die 'anvertrauten' Steuergelder verschwenden. Hoffentlich wachen die Wähler auf. Die nächste Wahl kommt gewiss."

Herbert Fuchs, Finnland:

"Nein, nicht direkt. Was kommt, das kommt. Alles ist heutzutage denkbar bei den (Strippenziehern, d. Red.), bzw. hochachtungslosen Währungsspekulanten, Neppern, Schleppern und Bauernfängern, die mit Milliarden nur so um sich werfen. Eigentlich hätten die Eurostaaten in vier Zonen eingeteilt werden müssen, d. h. einige in den grünen Bereich (Nordeuropa) und andere, finanziell wackelige EU-Südstaaten im gelb-roten Bereich. Die blauäugigen EU-Politiker und Marionetten der Wirtschaftsbosse mit Börse und Bankenpleiten etc. werden schon den Karren bestimmt noch tiefer in den Misthaufen hinein zu fahren. Mir soll`s recht sein. Fazit: Angst und Geld haben wir nicht."

Erich Prinz, Thailand:

"Gegenfrage: Ist das nicht schon die zweite 'Bankenkrise'? Es geht sicherlich nicht nur darum, dass Griechenland gerettet werden muss, sondern wieder einmal wollten die Banken Super-Gewinne machen z. B. mit Griechenland. Und wieder einmal ist der Steuerzahler der Dumme an der Geschichte. Meine Meinung ist: Griechenland und die Banken werden zum Teil gerettet, den Euro wird es sicher nicht mehr lange geben und der Rest von Europa wird pleite sein."

Wolfgang Rio, Brasilien:

"Meine persönliche Wirtschaftskrise hat schon begonnen: Ich lebe zeitweise in Brasilien, erhalte meine Rente aber aus Deutschland. Der extreme Absturz (des Euro, d.Red.), die starke brasilianische Währung und die Inflation machen mir schon Angst."

Gerhard Seeger, Philippinen:

"Neue Wirtschaftskrise? Die alte ist noch nicht ausgestanden, das kommt jetzt als Anhängsel dazu. Angst? Ja! Denn ich gehöre zu den kleinen Leuten und die müssen in der Regel ausbaden was Politiker (…) angerichtet haben. Von dem, was vor etwa drei Monaten, als der Euro noch höher stand und relativ stabil schien, geplant wurde, musste ich einiges, zum Beispiel das College meines Sohnes, schon ändern. Man hätte wohl doch auf Prof. Dr. Wilhelm Hankel hören sollen, der eindringlich vor einer Krise des Euro warnte und sagte, dass Deutschland die Hauptlast zu tragen hat und auch an seine Grenze stoßen wird. Wenn das mit den Milliardenpaketen so weitergeht, kann es nicht mehr weit bis zur Grenze sein. Auch reichte Prof. Hankel zusammen mit anderen Finanzfachleuten Klage am Bundesverfassungsgericht ein, wurde aber abgewiesen; die klugen Richter prüften nicht mal. Der alte Herr Hankel hatte den Mut, vor laufender Kamera zu sagen: 'Die Politiker sind in der Regel zu dumm zu verstehen, um was es geht und reden nur nach, was ihnen vorgesagt wird.' Ich mag auch Spekulanten nicht, denn oft verschärfen sie Krisen durch ihr Spekulieren. Aber haben sie diese Krise ausgelöst? Lenken die Politiker jetzt nicht von (ihrem eigenen, d.Red.) Versagen ab, wenn sie jetzt versuchen, denen die ganze Schuld zu geben? Die USA werden die Krise gewiss besser überstehen, schon allein, weil sich die Schulden auf eine größere Kopfzahl verteilen und sie einen viel größeren Binnenmarkt haben."

René Junghans, Brasilien:

"Auf jeden Fall habe ich Angst vor einer neuen Wirtschaftskrise, obwohl ich inzwischen Rentner bin und in Brasilien die Situation durchaus stabil ist. Millionen neuer Arbeitsplätze jedes Jahr, steigende Löhne und vernünftige Rente, obwohl es sonst auch zahlreiche soziale Probleme zu meistern gibt. Die Krise scheint in Brasilien sicher nicht mit solcher Stärke anzukommen wie in Europa. Die Bankenkrise hat Brasilien ja auch nicht erreicht, hier ist das Finanzsystem stabil. Europäer sollten sich allerdings auf die nächsten Länderpleiten vorbereiten. Spanien, Portugal, Irland, Italien und - last but not least - England, wo die Londoner City nur noch einer Luftblase gleicht, die jeden Moment platzen kann, wo die Industrie zusammengebrochen ist und nur noch zehn Prozent aller Arbeitsplätze bietet, gegenüber 25 Prozent vor nur wenigen Jahren. In Spanien stehen ca. eine Million Wohnungen vor der Zwangsversteigerung; dort gibt es ca. zwei Wohnungen pro Einwohner, alle gebaut, um Engländern und Deutschen einen zweiten Wohnsitz in der Sonne zu bieten. Die Engländer sind dank des schwachen Pfunds nicht mehr in der Lage, dort die Raten zu bezahlen; den Deutschen geht es da kaum besser und als Folge sind 20 Prozent aller Spanier arbeitslos. Wer wird die Rechnung solcher Pleiten bezahlen? Na klar doch: Deutschland, das bereits Griechenland gerettet hat. Irgendwann wird dadurch der deutsche Schuldenberg so hoch, dass die (Gelddruckmaschine angeworfen werden muss, d. Red.), das bedeutet 'Bezahlung' der Schulden durch Inflation, Verlust der Spareinlagen, Krawalle, Chaos. Zimbabwe ist ein gutes Beispiel dafür, was passiert, wenn die Finanzen außer Kontrolle geraten. Auch Argentinien mag als aktuelles Beispiel gelten. Angst haben muss also jeder, der in der Eurozone lebt."

Charles Smyth, Großbritannien:

"Die Konjunkturpakete sind aufgebraucht. Jetzt haben die Staaten keine Mittel mehr, um den privaten Konsum anzukurbeln. Das macht eine weitere Weltfinanzkrise in diesem Jahr sehr wahrscheinlich."

Die Redaktion von ‚Politik direkt’ behält sich das Recht vor, Zuschriften zu kürzen.