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Parteien streiten über neues Stasi-Gesetz

30. September 2011

Seit mehr als zwanzig Jahren gibt es die Stasi-Unterlagenbehörde, die die Akten der DDR-Spitzel verwaltet. Bislang war ihre Arbeit in der Politik weitgehend unbestritten. Doch ein neues Gesetz entzweit den Bundestag.

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Regale mit Stasi-Akten (Foto: dpa)
Bild: picture alliance/dpa

Nur wenige Tage vor dem 21. Jahrestag der Deutschen Einheit berät der Bundestag an diesem Freitag (30.09.2011) abschließend die umstrittene Novelle des Stasi-Unterlagen-Gesetzes. Bislang wollen nur die Regierungsfraktionen von CDU/CSU und FDP der Novelle zustimmen. Nach ihrem Willen sollen die Stasi-Überprüfungen im öffentlichen Dienst wieder ausgeweitet werden. Per Gesetz soll künftig auch die Beschäftigung von ehemaligen Stasi-Mitarbeitern in der Behörde verboten werden.

Kritik: "Nicht gut für die Glaubwürdigkeit"

Außenansicht eines Teils des einstigen Ministeriums für Staatssicherheit der Deutschen Demokratischen Republik, der heutigen "Birthler-Behörde", aufgenommen am 15.11.2006 in der Ruschestraße in Berlin (Foto: dpa)
Außenansicht eines Teils des einstigen Ministeriums für Staatssicherheit der DDR, der heutigen Stasi-Unterlagenbehörde in BerlinBild: picture alliance/dpa

Die SPD kritisierte das Gesetz als "verfassungsrechtlich bedenklich" und will es deshalb ablehnen. Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse sagte der Deutschen Presseagentur, die geplante Ausweitung der Überprüfung im öffentlichen Dienst ohne konkreten Verdacht sei völlig unverhältnismäßig. Dies gelte auch für das Vorhaben, durch ein rückwirkendes Gesetz ehemalige Stasi-Mitarbeiter zu versetzen, die seit mehr als 20 Jahren bei der Stasi-Unterlagen-Behörde arbeiten. Thierse bedauerte, dass erstmals eine Neufassung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes ohne breite Mehrheit im Parlament verabschiedet werden soll. Die schwarz-gelbe Koalition sei aber nicht zu einem Konsens bereit gewesen.

Der neue Chef der Stasi-Unterlagen-Behörde, Roland Jahn, hatte die Beschäftigung ehemaliger Stasi-Leute bei seinem Amtsantritt im März als Schlag ins Gesicht der Opfer bezeichnet. In einem Interview der Bremer Zeitung "Weser-Kurier" bekräftigte er, die 40 früheren Stasi-Mitarbeiter seien "einfach nicht gut für die Glaubwürdigkeit unserer Einrichtung". Er sei aber dagegen, ihnen grundsätzlich eine Arbeit im Staatsdienst zu verwehren. "Wir brauchen Lösungen, die auf einer rechtsstaatlichen Basis aufbauen und die ihnen eine zweite Chance geben."

Jahns Initiative

Roland Jahn (Foto: DW)
Roland Jahn, Leiter der Stasi-UnterlagenbehördeBild: DW-TV

Die Stasi-Unterlagenbehörde verwaltet seit mehr als 20 Jahren die Akten des Staatssicherheitsdienstes der DDR. Gemäß den gesetzlichen Regelungen stellt sie die Unterlagen Privatpersonen, Einrichtungen und der Öffentlichkeit zur Verfügung. Seitdem wurden 1,8 Millionen Anträge auf Akteneinsicht gestellt. Nach der geplanten Novelle des Stasi-Unterlagengesetzes wird die Frist für die Überprüfung bis Ende 2019 verlängert und der Personenkreis erweitert. Außerdem ist geplant, den Aktenzugang für Betroffene sowie für Wissenschaft und Forschung zu erleichtern.

Der Bund fördert die Behörde, in der insgesamt rund 1800 Mitarbeiter beschäftigt sind, mit jährlich rund 96 Millionen Euro. Mitte März wurde der frühere DDR-Oppositionelle Roland Jahn zum neuen Leiter der Behörde gekürt. Er wurde Nachfolger von Marianne Birthler, die ihrerseits Joachim Gauck 2001 abgelöst hatte. Die Behörde gehört seit 2005 zum Geschäftsbereich des Kulturstaatsministers.

Autor: Martin Muno (dpa, dapd)
Redaktion: Martin Schrader