Regierende PiS triumphiert bei Wahl in Polen
14. Oktober 2019Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki (Artikelbild) und seine Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) können wohl weiter ohne Koalitionspartner regieren. Nach Angaben der Wahlkommission kommt die PiS-Partei auf 43,6 Prozent der Stimmen. "Dieses Ergebnis gibt uns einen großen gesellschaftlichen Auftrag, wir haben Vertrauen gewonnen", sagte Morawiecki vor jubelnden Anhängern. Seit dem Ende des Kommunismus habe noch keine Partei in Polen eine derartige Unterstützung erhalten. Dabei sei der PiS ein scharfer Wind entgegengeschlagen - sowohl im Land selbst als "auch aus dem Ausland", so Morawiecki. "Obwohl eine starke Front gegen uns war, haben wir es geschafft zu siegen", betonte auch Parteichef Jaroslaw Kaczynski.
Das stärkste Oppositionsbündnis, die liberalkonservative Bürgerkoalition (KO) der ehemaligen Regierungspartei Bürgerplattform (PO), kam mit Spitzenkandidatin Malgorzata Kidawa-Blonska auf 27,4 Prozent der Stimmen. Die 62-Jährige sagte nach der Abstimmung, es gäbe viele Bürger, die nicht wollten, dass Polen in zwei Teile zerbreche. Bei der Sejmwahl 2015 war der Abstand zwischen den beiden größten politischen Kräften in Polen noch geringer gewesen. Damals erhielt die PiS 37,6 Prozent der Stimmen, die Bürgerplattform PO 24,1 Prozent.
Linksbündnis schafft Rückkehr ins Parlament
Ein heimlicher Gewinner der Wahl ist das Linksbündnis Lewica, das mit 12,6 Prozent wohl drittstärkste Kraft wird. Das Bündnis besteht aus der postkommunistischen Sozialdemokratischen Partei (SLD), der neuen, linksliberalen Gründung Wiosna (Frühling) des Homosexuellen-Aktivisten Robert Biedron sowie der linken Bewegung Razem (Gemeinsam). Bei der Wahl 2015 waren die Kräfte des linken Spektrums zersplittert angetreten und hatten den Einzug ins Parlament verpasst.
Die konservative Polnische Koalition der Bauernpartei PSL erhielt 8,6 Prozent der Stimmen. Auch die Partei Konfederacja des Rechtspopulisten Janusz Korwin-Mikke schaffte mit 6,8 Prozent den Einzug in das Parlament.
Mehr als 30 Millionen Wahlberechtigte waren aufgerufen, über die Verteilung der 460 Abgeordnetenmandate im Sejm sowie über die 100 Sitze im Senat, der zweiten Kammer des Parlaments, abzustimmen. Bei der Abstimmung zeichnete sich eine rege Beteiligung ab. Bis zum späten Nachmittag gaben rund 46 Prozent der mehr als 30 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme ab, teilte die Wahlkommission in Warschau mit. Bei der vorherigen Wahl im Oktober 2015 hatten im gleichen Zeitraum rund 39 Prozent der Wähler abgestimmt.
Verhältnis zur EU und zu Deutschland dürfte angespannt bleiben
Die PiS hatte einen stark polarisierenden Wahlkampf geführt, in dem sie sexuelle Minderheiten attackierte und gegen den "westlichen" Lebensstil wetterte. Ihren Rückhalt bei vielen polnischen Wählern dürfte die PiS vor allem den Reformen des Sozialsystems verdanken - und weiteren Versprechungen zugunsten der sozial Schwachen im Wahlkampf. Die PiS hält sich zugute, die Sozialleistungen für die untersten Schichten der Bevölkerung ausgebaut und die Arbeitslosigkeit auf fünf Prozent gedrosselt zu haben. Zudem führte sie ein Kindergeld in Höhe von umgerechnet 116 Euro für alle Familien ein, die zwei oder mehr Kinder haben.
Nach dem neuerlichen Wahlsieg dürfte die Beziehung Warschaus zur EU sowie das deutsch-polnische Verhältnis weiter angespannt bleiben. Seit dem Regierungswechsel 2015 hatte die PiS ihre absolute Mehrheit genutzt, um vieles in Polen in ihrem Sinne grundlegend zu verändern. Mit ihren umstrittenen Justizreformen ging sie auf Konfrontationskurs zur EU. Wegen Eingriffen in die Unabhängigkeit der Justiz laufen in Brüssel verschiedene Verfahren gegen Polen. In der Flüchtlingspolitik blockiert Warschau eine EU-Quotenregelung zur Aufteilung der Migranten unter den Mitgliedstaaten.
Auch das deutsch-polnische Verhältnis hat sich unter der PiS abgekühlt. Sowohl Staatspräsident Andrzej Duda als auch Regierungschef Morawiecki hatten in den vergangenen Monaten Wiedergutmachung von Deutschland für die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg gefordert. Die PiS hat diese Forderungen auch in ihr Wahlprogramm aufgenommen.
ww/kle/ie/as/mir (rtr, afp, dpa)