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Der Egozentriker

28. Juli 2009

Das deutsche Theater hat einen seiner Großen verloren: Traugott Buhre ist tot. Virtuosität als Schauspieler mochte er nicht, viel mehr die Person unverstellt sehen und sie auf der Bühne in voller Direktheit zeigen.

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Traugott Buhre als Tiresias in einer Szene des Brecht-Stückes "Die Antigone des Sophokles" am Berliner Ensemble in Berlin. Das Stück von Bertolt Brecht hatte in der Inszenierung von George Tabori am 25.08.2006 Premiere. (Foto: Claudia Esch-Kenkel, DPA)
Traugott Buhre als TiresiasBild: dpa

Traugott Buhre gilt als einer der eindruckvollsten deutschen Schauspieler. Er selbst bezeichnete sich als "Egozentriker". Der Sohn eines Pastors wurde am 21. Juni 1929 in Ostpreußen geboren. Seine Eltern trennten sich, als er fünf Jahre alt war. Kurz vor dem Kriegsende floh er, zusammen mit seiner Mutter, vor der Roten Armee. In Hamburg erlebte er den Schauspieler Will Quadflieg. Dieses Erlebnis löste seine Begeisterung für das Theater aus. Seine Schauspielausbildung begann er Ende der 1940er Jahre in Hannover. Danach begann er seine Karriere mit Engagements an mehreren Stadttheatern.

Großer Körper, zarte Seele

Buhre bei der Uraufführung der ostdeutschen Komödie "Dieb und König" von Rolf Schneider am 21.2.1969 im Kleinen Haus der Württembergischen Staatstheater in Stuttgart (Foto: DPA)
Traugott Buhre als VoltaireBild: dpa

Buhres schwere Statur, seine sonore Stimme und sein intensives Spiel machten ihn zur Idealbesetzung für große und schwere Rollen. Nur wer ihn gut kannte, wusste von seiner zarten Seele. Seine Auftritte 1979 als "Faust" unter der Regie von Hans Hollmann in Hamburg, oder als "Nathan" in Claus Peymanns Inszenierung im Jahr 1981 in Bochum machten Theaterbesuche zu großen Ereignissen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schrieb damals: "Sein Nathan war nicht weise, nicht einmal klug, er war ein lieber Mensch, der Angst und dennoch den Mut zur Wahrheit hat: Die Geburt der Lessingschen Vernunft aus einem Kindergemüt." Legendär ist Traugott Buhres Zusammenarbeit mit dem Schaupielerkollegen Bernhard Minetti im Stück "Der Schein trügt". Inszeniert wurde es ebenfalls von Claus Peymann in Bochum.

Paraderolle Berserker

Traugott Buhres Paraderolle war der Theaterberserker "Bruscon" im Thomas Bernhards Stück "Theatermacher". Damit tourte er mit vielen unvergessenen Aufführungen durch Deutschland. Das Theaterspielen habe es ihm ermöglicht, nicht immer nur das eigene Ich ertragen zu müssen, sagte er einmal. Vielleicht war er deshalb im Fernsehen sehr selten zu sehen. Seine letzte Bühnenrolle spielte er im vergangenen Juni im Züricher Schauspielhaus.

Der Schauspieler Traugott Buhre in "residua" von Samuel Beckett in einer Aufführung in den Sophiensälen in Berlin, am 16.02.2006 (Foto:DPA)
Buhre in "residua" von Samuel Beckett 2006Bild: dpa


Bei der Ruhrtriennale sollte er in diesem Jahr im Bühnenstück "Der zerbrochene Krug" in der Inszenierung von Andrea Breth spielen. Vor zwei Wochen musste Traugott Buhre seine Rolle aus gesundheitlichen Gründen absagen.

Im Alter von 80 Jahren ist der Theater-, Film- und Fernsehdarsteller bereits in der Nacht zum Sonntag gestorben, teilte die Ruhrtriennale am Montag in Essen mit. (cp/sam/dpa/ap)