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Politik

Papst bittet Kanadas Indigene um Vergebung

25. Juli 2022

Franziskus bedauerte ausdrücklich das Leid und Unrecht, das die katholische Kirche indigenen Kindern und ihren Familien jahrzehntelang angetan hat. Seinen Besuch in Kanada nannte der Papst eine "Pilgerfahrt der Buße".

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Papst-Reise nach Kanada
Papst Franziskus spricht zu Indigenen in der kanadischen Provinz EdmontonBild: Gregorio Borgia/AP/dpa/picture alliance

Papst Franziskus' "Pilgerreise der Reue"

Bei einem Besuch im westkanadischen Ort Maskwacis bat der Papst in einer Rede vor Vertretern indigener Gemeinschaften um Vergebung für die Mitwirkung der Kirche an der "kulturellen Zerstörung" ihrer Gesellschaften. Franziskus äußerte seine Bestürzung über die Art und Weise, "in der viele Mitglieder der Kirche und von religiösen Gemeinschaften, nicht zuletzt durch Gleichgültigkeit, an Projekten der erzwungenen Assimilierung mitwirkten". Die Politik der Assimilierung und Entrechtung sei für die Menschen in diesen Gebieten "verheerend" und "katastrophal" gewesen. Dies habe seinen Höhepunkt im "System der Internatsschulen" gefunden. Seinen Besuch in Kanada bezeichnete der aus Argentinien stammende Papst als "Pilgerfahrt der Buße".

Papst-Reise nach Kanada
Am Ende seiner Rede bekam der Papst einen traditionellen Feder-Kopfschmuck der UreinwohnerBild: Nathan Denette/The Canadian Press/AP/dpa/picture alliance

In Maskwacis, rund hundert Kilometer von Edmonton entfernt, befand sich von 1895 bis 1975 das Internat von Ermineskin, eines der größten Internate des Landes, in denen indigene Kinder gegen den Willen ihrer Angehörigen untergebracht waren. "Der Ort, an dem wir uns befinden, lässt in mir einen Schmerzensschrei widerhallen, einen erstickten Schrei, der mich in den vergangenen Monaten begleitet hat", sagte der Papst. Er betonte die Notwendigkeit des "Erinnerns" und sagte, eine Entschuldigung sei kein Schlusspunkt, sondern "nur der erste Schritt" auf dem Weg zur Heilung.

Indigene - Opfer einer brutalen Assimilationspolitik

In Kanada waren ab den 1880er Jahren über Jahrzehnte hinweg rund 150.000 indigene Kinder ihren Familien entrissen und in vom Staat eingerichteten und zumeist von Kirchen betriebenen Einrichtungen untergebracht. Im Rahmen einer Assimilationspolitik, deren Ziel war, die Kinder an die westlich-christliche Mehrheitsgesellschaft anzupassen, wurden sie aus ihren Familien geholt, erhielten teils andere Namen, durften unter Androhung von Strafen ihre Sprache nicht sprechen, ihre kulturellen Bräuche nicht ausüben.

In den Schulen erlebten viele von ihnen Gewalt, sexuellen Missbrauch, Hunger und Krankheiten. Experten schätzen, dass 4000 bis 6000 Kinder in den sogenannten Residential Schools starben. Die letzten Internate schlossen 1996.

Papst-Reise nach Kanada
Stilles Gedenken des Papstes auf einem Friedhof der früheren Ermineskin Residential SchoolBild: Nathan Denette/The Canadian Press/AP/dpa/picture alliance

Die Gewalttaten wurden von einer kanadischen Untersuchungskommission im Jahr 2015 als "kultureller Völkermord" eingestuft. Im Jahr 2021 wurden in Kanada hunderte anonyme Gräber mit Überresten indigener Kinder nahe verschiedener ehemaliger Internate entdeckt. Die Funde sorgten weit über Kanada hinaus für Entsetzen.

Der Papst - unterwegs als Büßer

Die Begegnungen mit den Indigenen sind der zentrale Anlass für die mehrtägige Reise des Papstes nach Kanada. Am Dienstag will Franziskus in einem Stadion in Edmonton eine Messe feiern und einen für Katholiken und Ureinwohner gleichermaßen bedeutsamen See segnen. Der See Ste. Anne ist Teil einer wichtigen Pilgerroute. Nach einem Besuch in Québec will der Papst seine Reise in Iqaluit beenden, wo die größte Inuit-Bevölkerung des Landes beheimatet ist.

qu/wa (dpa, afp, kna)