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Mit Solarpanels gegen die Stromkrise

Isabella Escobedo z.Zt. Washington
7. März 2022

In New Orleans zahlten Menschen schon vor der Energiekrise Rekordpreise für Strom, nun droht manchen angesichts der hohen Rechnungen der Ruin. Kann Solarenergie die Rettung sein?

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Sonne und Solarpanele
Bild: picture-alliance/blickwinkel/McPhoto/BilderBox

Als ihre Fische starben, reichte es Lila Elsworth. Wieder einmal war der Strom für mehrere Stunden in ihrem Viertel in New Orleans ausgeblieben und damit hatte auch die Pumpe, die das Aquarium mit Sauerstoff versorgt, aufgehört zu funktionieren. Als sie nach Hause kam, trieben die Fische leblos auf der Wasseroberfläche. "Es war sehr hart für mich. Ich lebe hier alleine, meine Fische waren jahrelang meine einzige Begleitung", sagt die 60-jährige unter Tränen.

Elsworth will jetzt eine Batterie installieren, um die Energie, die sie schon seit 2017 mit Hilfe von Solarpanels produziert, speichern zu können und energietechnisch unabhängig vom Netzbetreiber Entergy zu sein. Denn auf die Stromversorgung in New Orleans ist kein Verlass.

Stromleitungen in New Orleans
Eher marode und anfällig für Störungen: Stromleitungen in New OrleansBild: Nils Hünerfürst/DW

Der Regen kommt, der Strom geht

Laut einer Statistik von Entergy waren allein im ersten Halbjahr 2021 rund 140.000 Haushalte von Stromausfällen betroffen, 29 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2020. "Schon ein starker Regenschauer genügt, damit der Strom ausfällt", sagt Elsworth. In den Sommermonaten sei das mindestens einmal die Woche für mehrere Stunden der Fall. Denn New Orleans, am Golf von Mexiko gelegen, ist besonders stark von Extremwetterereignissen betroffen.

Doch nicht allein das Klima kann für die Stromausfälle verantwortlich gemacht werden. Die Energieinfrastruktur der Stadt ist veraltet und marode. "Wenn Sie sich die Stromleitungen in New Orleans anschauen, werden Sie sich sicher fragen, ob so wirklich ein Verteilungsnetz des 21. Jahrhunderts aussieht - und die Antwort lautet eindeutig: Nein", sagt Logan Burke, Geschäftsführerin der Alliance for Affordable Energy, einer Organisation die sich für einen gerechten und nachhaltigen Zugang zu Energie einsetzt.

Logan Burke, Geschäftsführerin der Alliance for Affordable Energy New Orleans
Logan Burke, Geschäftsführerin der Alliance for Affordable Energy New OrleansBild: Nils Hünerfürst/DW

Die alte Infrastruktur, schlecht gedämmte Häuser und Stromausfälle treiben die Preise nach oben - im Zuge der aktuellen Energiekrise noch stärker als sonst. "Teilweise zahlen Menschen bis zu 20 Prozent ihres Einkommens für die Stromrechnung", so Burke. Dies trifft die einkommensschwache Bevölkerung am härtesten.

Der Energie-Pastor

"In vielen Fällen müssen sich die Menschen zwischen Lebensmitteln oder Medikamenten und Strom entscheiden," weiß Pastor Antoine Barriere. Über Spendengelder unterstützt er Mitglieder seiner Gemeinde, die in finanziellen Nöten stecken. Außerdem will er Kirchen und Gemeinden mit Solarpanels und Batterien ausstatten, sodass im Falle eines Stromausfalls Menschen dort ihre Handys aufladen oder sich in einem klimatisierten Raum vor der Hitze New Orleans´ schützen können - denn diese kann besonders für kranke und ältere Menschen lebensgefährlich sein.

Nicht nur Pastor Barriere legt große Hoffnungen in die Solarenergie. Etwa drei Prozent der Haushalte in New Orleans erzeugen bereits ihre Energie durch Solarpanels. "Jahrelang gehörten wir zu den zehn führenden Städten der USA, was Solarenergieerzeugung anbetrifft", sagt Logan Burke. Sonnenenergie könnte die Preise nicht nur drastisch senken, sondern auch die Stromversorgung nachhaltig und ökologisch sichern.

Doch nicht jeder kann sich Solarenergie leisten: Bis zu 20.000 Dollar kostet die Installation einer Photovoltaikanlage. Eine Summe, die für viele Menschen in New Orleans, wo 23 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebt, nicht zu leisten ist.

Pastor Antoine Barriere
Pastor Antoine BarriereBild: Nils Hünerfürst/DW

Neue Energie für alle

Thomas Neyhard und seine Frau Lisa haben aus dieser Ungleichheit ein Geschäft gemacht. 2011 gründeten sie in New Orleans das Unternehmen Posigen, das Solarenergie und Energieeffizienz für die einkommensschwachen und afro-amerikanischen Communities zugänglich machen will. "Die Dekarbonisierung passiert nicht nur in den reichen Vierteln, sondern auch in den Arbeitergegenden", sagt Neyhard im Interview mit der DW. Er wolle den Zugang zu Solarenergie demokratisieren. Das Unternehmen, das 2011 mit fünf Leuten startete, zählt nun 500 Mitarbeitende und hat über 12.000 Solarpanels auf den Dächern Louisianas installiert.

Durch Leasing-Verträge zu besonders günstigen Konditionen und ohne Bonitäts-Prüfung ermöglicht das Unternehmen Menschen mit geringerem Einkommen energietechnisch unabhängig zu sein. "Ohne Posigen hätte ich mir das nicht leisten können", sagt Lila Elsworth. Betrug ihre Stromrechnung früher mehr als 350 Dollar, zahlt sie jetzt knapp 200 Dollar für alle Energiekosten inklusive des Leasing-Beitrags. 150 Dollar mehr im Monat zur Verfügung zu haben, das macht für sie einen großen Unterschied.

Thomas Neyhard, Gründer und Geschäftsführer von Posigen
Thomas Neyhard, Gründer und Geschäftsführer von PosigenBild: Isabella Escobedo/DW

Am meisten spart Elsworth jedoch durch die Sanierung ihres Hauses. Denn vor dem Installieren der Solarpanels führt Posigen ein Renovierungsprogramm durch: Die Häuser werden gedämmt, herkömmliche Glühbirnen durch LEDs ersetzt und der Haushalt so insgesamt energieeffizienter macht. Denn Experten sind sich einig: Mit Solarpanels auf den Dächern ist es nicht getan. Das Problem fängt oft schon bei den Häusern an, die alt sind oder nach einem Sturm nur mangelhaft wieder aufgebaut wurden. Das Problem sieht auch Pastor Barriere: "Was wir tun müssen, ist, besser zu bauen, Häuser zu bauen, die einem Hurrikan standhalten können, aber auch Häuser, die wetterfest und effizient sind."

In New Orleans gehen Nachhaltigkeit und eine sichere Energieversorgung Hand in Hand. Bis beides erreicht ist, sind viele Schritte notwendig. Solange helfen die Menschen in New Orleans einander, wie sie es in schwierigen Situationen und bei Katastrophen oft tun. "Wir sind gut darin, eine Gemeinschaft zu sein", sagt Pastor Antoine Barriere.