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Neues von Kim Dotcom

Stefan Mey13. Februar 2014

Internetpirat Kim Schmitz will Spotify und iTunes Konkurrenz machen. Mit großem Tamtam angekündigt, verharrt "Baboom" erst einmal im Teststatus: Seit dem 20. Januar ist die Seite online - mit einem einzigen Album.

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Screenshot baboom.com/kimdotcom
Bild: baboom.com/kimdotcom

Kurz nach dem Launch seines neuesten Meisterstücks verkündete Kim Schmitz alias Kim Dotcom auf Twitter die ersten Erfolgsmeldungen: 40.000 Mal wurde das Album demnach innerhalb weniger Tage heruntergeladen und die Titel eine Million Mal auf Baboom.com gestreamt. Das Album stammt von ihm höchstselbst, heißt "Good Times" und ist eine Sammlung schnell produzierter Elektro-Dance-Tracks. Es wird wohl noch für viele Monate das einzige Album sein, das man auf Baboom findet. Denn erst Ende 2014 soll es richtig losgehen.

Das einflussreiche englischsprachige Technologie-Portal Techcrunch schwärmte dennoch: "Baboom sieht aus wie eine moderne Version von Myspace". Der Artikel prophezeit dem Dienst eine große Zukunft, der eine Mischung aus dem erfolgreichen Musikstreamingkanal Spotify und Apple's Downloadplattform iTunes sein will. Diese Angebote aber haben einen Jahresumsatz im mindestens dreistelligen Millionenbereich. Wenn Baboom das toppen will, muss Betreiber Kim Schmitz sich etwas einfallen lassen. Das sollte für ihn jedoch kein Problem sein, denn in seiner bisherigen digitalen Karriere zeigte er sich äußerst kreativ, was ihm allerdings auch viel Ärger einbrachte.

Kims Story

Als der gebürtige Kieler Kim Schmitz im Jahr 1994 das erste Mal verurteilt wurde, war er gerade 20 Jahre alt. Zwei Jahre auf Bewährung gab es, weil er in großem Maße Kredit- und Telefonkarten gehackt und gefälscht hatte. 2002 wurde er zum zweiten Mal verurteilt, diesmal wegen Insiderhandels. Wieder gab es eine Bewährungsstrafe. Nach dem Urteil zog Schmitz aus Deutschland weg und baute verschiedene Internetprojekte auf. Eines davon war der Filehoster Megaupload. Auf der Plattform konnte man Dateien hochladen und anderen zur Verfügung stellen. Darunter waren oft illegale Kopien von Filmen und Serien, die von Millionen Nutzern heruntergeladen wurden. Mit Werbeeinblendungen und Premiumzugängen für schnelle Downloads verdiente Schmitz Millionen.

Kim Dotcom Internet Unternehmer
Kim Schmitz vor seinem Eigenheim in NeuseelandBild: picture-alliance/dpa

Mit diesem Geschäftsmodell machten auch andere Plattformbetreiber Gewinne, was von den Behörden genau beobachtet wurde. Doch an Schmitz sollte schließlich ein Exempel statuiert werden. 2012 stürmte die Polizei seine monströse Villa in Neuseeland. Sein Besitz wurde beschlagnahmt, die Seite stillgelegt, und Schmitz saß mehrere Wochen lang in Untersuchungshaft. Obwohl ein neuseeländischer Richter die Razzia später für rechtswidrig erklärte, war Megaupload Geschichte. Nur ein Jahr später präsentierte Schmitz ein Nachfolgerprojekt. Der selbstbewusste Name lautete: MEGA. Es ist eine Webseite zum Upload von verschlüsselten Daten in eine Cloud. Ein Schelm, wer da Böses denkt.

Und jetzt die Musikbranche

Nun will Schmitz mit Baboom auch die Musikbranche attackieren. Mit einem Blümchen in der Hand schmachtet der große Junge vom Cover seines Albums. Und das nicht nur auf der Webseite von Baboom, sondern auch von Bussen und Schaufenstern von Plattenläden in Neuseeland, die er mit seinem Konterfei zugepflastert hat. Schmitz konnte sich schon immer gut selbst inszenieren. Das hat ihm schon den Titel "der deutsche Steve Jobs" eingebracht, denn auch der 2011 verstorbene Apple-Chef liebte den großen Auftritt. Beide sind beziehungsweise waren begabe Technologie-Autisten, die ihre Vorstellungen vom Internet gegen alle Widerstände umsetzen wollten.

Steve Jobs @ WWDC 2007
Steve Jobs reichte ein schwarzer PulloverBild: Flickr/sa-by-Ben Stanfield

Während Jobs sich aber als gesundheitsbewusster Asket im Existenzialisten-Look gab und damit zur Kultfigur der Medienbranche wurde, polterte der übergewichtige, immer etwas zu laute Kim Schmitz durchs Internet und wurde zum Hauptfeind eben jener Medienbranche.

Baboom braucht die ganz Großen

Dabei ist Schmitz, wie auch Steve Jobs, nicht nur talentiert im Selbstmarketing, er ist auch ein Business-Genie. Der Musikdienst Baboom, der 90 Prozent aller Einnahmen an die jeweiligen Musiker weitergeben will, hat ein mehr als innovatives Geschäftsmodell. Neben vielen kostenfreien Downloads sollen auch Musikalben angeboten werden, für die der Nutzer zahlen muss. Oder: Er muss sich an einem außergewöhnlichen Werbemodell beteiligen. Mit Zustimmung der Nutzer wird eine spezielle Software die Browser der Nutzer kapern. Die sorgt dafür, dass auf allen besuchten Webseiten die ursprünglichen Werbebanner ausgetauscht werden - und zwar gegen die, die Schmitz einblenden lässt - ein toll-dreister Geniestreich, der im Falle des Erfolgs die Werbebranche erheblich stören wird.

Kim Dotcom Graffiti
Kim Dotcom mit Blümchen: das Albumcover als GraffittiBild: Flickr/Abode of Chaos/CC/by/2.0/deed.en

Um diesen Erfolg zu schaffen, wird Schmitz sein gesamtes Geschick einsetzen müssen. Der berüchtigte Internetpirat muss mit den ganz großen Musiklabels ins Geschäft kommen. Ob die das überhaupt wollen? Ganz ausgeschlossen ist das nicht. Nach der Razzia von 2012 veröffentliche Schmitz E-Mails, die er noch zu besten Megaupload-Zeiten von großen Medienkonzernen wie Disney und Warner Bros. erhalten hatte. Die waren paradoxerweise an einer Kooperation mit Megaupload interessiert. Der schiere Publikumserfolg hatte sie überzeugt.