Sorgenkind Mali
30. März 2012Deutschland gehört mit Frankreich, den USA, den Niederlanden und Kanada zu den größten bilateralen Entwicklungspartnern Malis. Allein in den vergangen drei Jahren zahlte die Bundesregierung mehr als 110 Millionen Euro für die Entwicklungshilfe im Land. Damit soll jetzt erst mal Schluss sein. Genau wie die EU und die USA setzte Deutschland die Entwicklungszusammenarbeit vorläufig aus, wie Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel kürzlich bekanntg gab.
Konkret heißt das: Vorerst fließen keine weiteren Zahlungen in Projekte der Entwicklungszusammenarbeit. Yehia Ag Mohammed Ali, Landeskoordinator des Programms Mali Nord bleibt gelassen, obwohl das Bewässerungsprojekt mit deutschen Entwicklungsgeldern finanziert ist. "Im Moment ändert sich, was die Finanzen angeht, nichts bei uns", sagt der Ökonom. Das Programm Mali Nord habe für die laufenden Finanzierungen Verträge abgeschlossen, die eingehalten werden müssen. "Wir haben unseren Dienstleistern gegenüber Verpflichtungen. Und ich denke, dass wir diesen Verpflichtungen auch nachkommen werden", sagt Yehia Ag Mohammed Ali. Allerdings könne es Probleme für Anschlussfinanzierungen geben, fürchtet der Landeskoordinator.
Hilfe für die Bevölkerung
Das Bundesministerium für Entwicklungszusammenarbeit prüft zurzeit noch, welche Entwicklungshilfe-Projekte auch nach dem Militärputsch in Mali weiter finanziert werden können. So viel ist klar: Die malische Regierung darf nicht von den Projekten profitieren, sondern die Gelder müssen direkt der Bevölkerung zugute kommen. Das Programm Mali Nord würde genau in diese Kategorie fallen.
Wie die Bundesregierung will auch die Europäische Union weiter Entwicklungshilfe für Projekte zahlen, die direkt an die Bevölkerung gerichtet sind. Die USA frieren ihre Militärhilfe und Gelder, die direkt an die malische Regierung gehen, ein. Wie die EU und Deutschland wollen die USA aber auch weiter in Projekte investieren, die unmittelbar mit der Bevölkerung arbeiten. Das bestätigte eine Sprecherin der malischen US-Botschaft gegenüber der Deutschen Welle.
Die Welthungerhilfe in Mali finanziert sich zu einem großen Teil durch deutsche und europäische Entwicklungshilfegelder. Willi Kohlmus, Leiter der Welthungerhilfe in Mali, wartet die endgültige Entscheidung über die zukünftige Politik des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) ab. Wie der Koordinator vom Programm Mali Nord macht er sich wenig Sorgen um die Finanzierung: "Wir machen uns eher Sorgen um die Sicherheit und darum, wie es generell in Mali weitergeht." Die ländlichen Projekte der Welthungerhilfe laufen auch nach dem Militärputsch weiter - alle Mitarbeiter bekämen weiter ihre Gehälter, sagt Kohlmus. "Im Moment sehen wir keinen Anlass, irgendetwas einzustellen."
"Mali wurde überschätzt!"
Der deutsche Gutachter für Entwicklungshilfeprojekte und Mali-Experte Henner Papendieck fordert in der Zusammenarbeit mit dem Land eine differenzierte deutsche Politik. Er kritisiert die deutsche Entwicklungspolitik für Mali der vergangenen Jahre. Der aus dem Amt vertriebene Präsident Amadou Toumani Touré, sei von der Bundesregierung jahrelang überschätzt worden, sagt Papendieck, der häufig für Projekte der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KFW) gearbeitet hat. Amadou Toumani Touré habe immer so getan, als ob ihn kein Wässerchen trüben könne und die deutschen Politiker seien immer ganz begeistert gewesen, sagt Papendieck. "Ich war oft völlig verblüfft! Das war eine sehr geschickte Art, sich auf die Erwartungen von deutschen und europäischen Politikern einzustellen!"
Wie die internationale Entwicklungspolitik nun genau nach dem Militärputsch mit dem neuen Sorgenkind Mali umgeht, wird sich vermutlich erst in den kommenden Wochen entscheiden. Schwierig dürfte es vor allem für Entwicklungshilfeprojekte im Bereich "Gute Regierungsführung" und "Demokratisierung" geben - ein Bereich, in dem die GIZ in Mali viele Projekte unterhält. Die Militärregierung unter Hauptmann Sanogo hat das Land derart ins politische Abseits manövriert, dass eine Zusammenarbeit mit seiner Regierung für die internationale Gebergemeinschaft unmöglich scheint.