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Modi kommt nach Berlin und Hannover

Gabriel Dominguez/hs9. April 2015

Besonders in wirtschaftlicher Hinsicht richten sich auf Indiens neuen Premier Narendra Modi große Erwartungen, im In- und Ausland. Auf der HannoverMesse will Modi für seine "Make in India"-Kampagne werben.

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Narendra Modi in Kathmandu am 03.08.2014. (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/Ministry of Information and Communication

Fast ein Jahr nach seinem triumphalen Wahlsieg im Mai 2014 kommt der neue indische Ministerpräsident Narendra Modi nach Europa, er besucht zunächst Frankreich und danach Deutschland (12./13.04.2015). Die beiden Länder gehören zu den größten ausländischen Investoren in Indien, Frankreich ist außerdem der größte Waffenlieferant Indiens innerhalb der EU.

Insofern stehen in Frankreich Rüstungsthemen ganz oben auf der Tagesordnung. So soll ein Vertrag über die Lieferung von 126 Kampfflugzeugen des Typs Rafale, über den bereits seit drei Jahren verhandelt wird, endlich unter Dach und Fach gebracht werden. Weitere Themen in Paris sind die Zusammenarbeit auf dem zivilen Atomsektor und die Lieferung eines satellitengestützten elektronischen Aufklärungssystems (ELINT).

Zähes Feilschen um französisches Kampfflugzeug Rafale. (Foto: Reuters)
Zähes Feilschen um französisches Kampfflugzeug RafaleBild: picture-alliance/AP

Deutschlands Rolle bei Indiens Aufschwung

In Deutschland liegt der Fokus auf verstärkter Zusammenarbeit bei Handel und Investitionen. Vor dem Hintergrund der Abschwächung des chinesischen Wachstums gilt Indien als die neue Wachstumslokomotive Asiens, Prognosen von IWF und ADB gehen von 7,2 bis 8,2 Prozent Wachstum für 2015/16 aus. Damit würde Indien zur am schnellsten wachsenden großen Volkswirtschaft. Mit Modi als neuem, reformorientiertem "Lokführer" soll das gewaltige Potenzial Indiens nun endlich erschlossen werden - unter kräftiger Mitwirkung deutscher mittelständischer Unternehmen.

Letzteren will sich Indien in leuchtenden Farben auf der Hannover Messe präsentieren. Bundeskanzlerin Merkel und Modi werden die weltgrößte Industriemesse gemeinsam eröffnen. Modi will mit seiner "Make in India"-Kampagne Indien als hervorragenden Standort für industrielle Fertigung promoten. Des weiteren geht es um den Ausbau der Zusammenarbeit bei erneuerbaren Energien, bei Infrastruktur, bezahlbarem Wohnraum und bei der Initiative zur Regeneration des Ganges ("clean Ganga").

Indiens schlechte Infrastruktur ist immer noch ein massives Wachstumshindernis. (Foto: DW)
Indiens schlechte Infrastruktur ist immer noch ein massives WachstumshindernisBild: UNI

Chancen sollen jetzt endlich ergriffen werden

Deutschland ist der größte Handelspartner Indiens innerhalb der EU. Über 1000 deutsche Firmen haben Niederlassungen in Indien, wo hunderttausende Mitarbeiter für den indischen Markt und für den Export produzieren.

Dennoch ist das Potential der bilateralen wirtschaftlichen Zusammenarbeit bei weitem noch nicht ausgeschöpft, das Handelsvolumen etwa beträgt nur 16 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich Deutschland-China: 140 Milliarden US-Dollar. Chefvolkswirt Rajiv Biswas von der Beratungsfirma IHS hält es für durchaus möglich, dass Modis Deutschlandbesuch zu einer signifikanten Beteiligung deutscher Firmen an den Infrastrukturprojekten führt, die jetzt in Indien auf den Weg gebracht werden, von Schnellzügen über Industriekorridore - etwa von Neu Delhi nach Mumbai - bis zu sogenannten "smart cities", also neuen Satellitenstädten mit ausreichender Infrastruktur. "Gleichzeitig wird Modi versuchen, deutsche Hochtechnologie für Indiens herstellendes Gewerbe nutzbar zu machen, durch vermehrte deutsche Direktinvestitionen wie auch durch Joint ventures", prognostiziert Biswas.

Modis Motto "Make in India" sei perfekt auf deutsches industrielles Know-how zugeschnitten, meint auch Bernhard Steinrücke, Leiter der Deutsch-Indischen Handelskammer in Mumbai. "Deutsches Know-how kann in allen Bereichen, ob Automobilindustrie, Maschinenbau, Elektronik, Stromerzeugung und -versorgung oder Transportwesen, zu Indiens Entwicklung beitragen", sagt Steinrücke gegenüber der Deutschen Welle. Auch in der deutschen Berufsausbildung sehe Modi ein Vorbild.

Wachstum gleich Jobs gleich weniger Armut - Modis Masterplan. (Foto: imago)
Wachstum gleich Jobs gleich weniger Armut - Modis MasterplanBild: imago/imagebroker

"Modernisierungspartnerschaft"

Marc Saxer von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Neu Delhi geht noch einen Schritt weiter: Modi sehe in Deutschland möglicherweise ein alternatives Entwicklungsmodell. "In Indien findet eine lebhafte Debatte zwischen den Anhängern verschiedener Entwicklungsmodelle statt. Dabei war schon immer der Wunsch erkennbar, einen dritten Weg zwischen amerikanischem Markt-Radikalismus einerseits und autoritären ostasiatischen Modellen andererseits zu finden", sagt Saxer gegenüber der DW. Indien unter Modi sei nicht so sehr an "insularen Geschäftsmodellen" interessiert, sondern an umfassenden Lösungen für seine Entwicklung. Zum Beispiel brauche Indien nicht nur Züge und Schienennetz, sondern ein funktionierendes öffentliches Verkehrssystem. Das Gleiche gelte auf Gebieten wie erneuerbare Energie und Sozialversicherung. "Wenn es beiden Seiten gelingt, eine Partnerschaft bei der Modernisierung aufzubauen, könnte die bilaterale Kooperation ganz andere Dimensionen als bislang erreichen", sagt Saxer.

Kein indischer Farbtupfer in Brüssel. (Foto: dpa)
Kein indischer Farbtupfer in BrüsselBild: picture-alliance/dpa

Kein Besuch in Brüssel

Zu einem Besuch Modis bei der EU in Brüssel wird es nicht kommen. Man suche nach einem für beide Seiten geeigneten Termin, der ausreichende Zeit für Vorbereitung lasse, hieß es von Seiten der EU. Die Beziehungen zwischen Indien und der EU sind seit Anfang 2012 belastet, als zwei italienische Marinesoldaten, die zur Piratenabwehr an Bord eines Handelsschiffes waren, zwei indische Fischer töteten. Die beiden Italiener sollen in Indien angeklagt werden. Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen Indien und der EU waren 2013 ins Stocken geraten, unter anderem wegen unterschiedlicher Vorstellungen über den Marktzugang für Finanzdienstleister.