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Berliner Modewelt trägt 'grün'

Theresa Tropper7. Juli 2013

Hauptsache günstig - in der Modeindustrie führt dieses Motto mitunter zu Raubbau an der Natur und miesen Arbeitsbedingungen für Näherinnen. Einige Designer auf der Berliner Fashion Week zeigen: Es geht auch anders.

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Models präsentieren Recycling-Mode Foto: Jens Kalaene/dpa
Recycling-ModeBild: picture-alliance/dpa

Neue Stoffe, neue Farben, neue Schnitte - zu jeder Saison erfindet sich die internationale Modeindustrie neu. Sobald die neuen Entwürfe über den Laufsteg gegangen sind, gehören die Designs in den Läden schon fast zum alten Eisen - und landen mittelfristig dort, wo sich ohnehin schon bergeweise Stoff türmt: auf dem Müll. Denn den produziert die Industrie in Massen. "Wenn bei großen Labels irgendwo ein kleiner Fehler passiert, dann entstehen hunderte Teile mit einer falschen Naht", erklärt die Modedesignerin Luise Barsch. "Das ist dann tote Ware und Abfall, denn die Sachen ändern zu lassen wäre viel zu teuer."

Für die Umwelt ist das fatal. Luise Barsch aber kann diesem Müll auch etwas Gutes abgewinnen. Gemeinsam mit Freunden hat sie das Label "aluc" gegründet. Aus den Stoffresten, für die sonst niemand mehr Verwendung hat, zaubern sie Designerhemden. Ein Trend, der sich "Upcycling" nennt. "Wir entwickeln aus Müll etwas, das einen höheren Wert hat", sagt Barsch. "Das macht jedes unserer Produkte nachhaltig". 

Ein Model beim "Green Showroom" Foto: Joerg Carstensen/dpa
Ein Model beim "Green Showroom"Bild: picture-alliance/dpa

Grüne Laufstege

Ihre umweltschonende Mode zeigen "aluc" im Rahmen der Berlin Fashion Week (02.07.-07.07.2013). Und damit sind sie nicht alleine: Über hundert Marken und Initiativen, die mit ökologisch nachhaltig erzeugter Bio-Baumwolle, kurzen Produktionswegen oder fairen Löhnen für Näherinnen werben, präsentieren sich auf den Laufstegen und Bühnen in der Hauptstadt. Einkäufer und Mode-Journalisten tummeln sich auf Events wie dem "Green Showroom" (siehe unser Artikelbild) oder der "Ethical Fashion Show". Jedes Jahr steigt die Zahl der Veranstaltungen zu Themen wie fair gehandelter Kleidung und umweltschonender Produktion.

Doch wie nachhaltig sind die auf der Fashion Week gezeigten Kleidungsstücke wirklich? Für den Käufer ist das oft schwer nachzuvollziehen. Denn der Begriff "Grüne Mode" ist nicht geschützt und eine einheitliche Kennzeichnung, wie es sie für andere nachhaltige Produkte gibt, existiert noch nicht.

Modedesignerin Luise Barsch von "aluc" , Foto: DW
Modedesignerin Luise Barsch von "aluc"Bild: Theresa Tropper

Nachhaltig aber nicht preisgünstig

Luise Barsch und ihre Kollegen von "aluc" begegnen den fehlenden Standards mit Transparenz. Auf ihrer Internetseite legen sie den gesamten Herstellungsprozess offen und zeigen: Nicht nur die Materialien sind "grün", sondern die ganze Produktion. Genäht werden die Hemden in der näheren Umgebung von sozialen Einrichtungen wie Behindertenwerkstätten. Der Müll, den sie dabei selbst produzieren, wird in einer eigenen Accessoires-Kollektion weiterverarbeitet. "Wir haben nichts zu verbergen", sagt Barsch, "weil wir von Anfang an unser ganzes Herz und unseren ganzen Idealismus reingesteckt haben, um das so gut wie möglich zu machen".

Ihre Kreationen verkauft Luise Barsch im eigenen Laden im Szenebezirk Berlin-Mitte. Im Angebot sind beispielweise Taschen aus alten Drucktüchern und Designertops aus getragenen Socken. Auf den ersten Blick passt das so gar nicht zu dem Glitzer und Glamour, mit dem der internationale Modezirkus die deutsche Hauptstadt zwei Mal im Jahr zur Fashion-Metropole macht.

Kollektion des britischen Labels „From Somewhere“ im Upcycling Fashion Store - Schlagworte: Grüne Mode, Fashion Week, Upcycling, Designer, From Somewhere
Kollektion des britischen Labels "From Somewhere": Grüne Mode muss nicht 'öko' aussehenBild: Theresa Tropper

Mit den großen Marken will "aluc" auch gar nicht konkurrieren. "Wir können im Moment leider nur sehr wenige von unseren Hemden zu diesen Bedingungen herstellen", sagt Barsch. Außerdem hat so viel ökologisches und soziales Bewusstsein eben auch seinen Preis: Ein Hemd von "aluc" etwa kostet mehr als hundert Euro - zehn Mal soviel wie bei einer Billigkette.  Trotzdem kommen die Unikate gut an. "Bei uns kaufen die Leute auch die Geschichte mit",  erklärt Luise Barsch. "Wer eines unserer Hemden trägt, hat nicht nur ein cooles, seltenes Design gekauft - sondern damit eben auch etwas Gutes getan."