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Musik

Der ECHO wagt den Neustart

Rick Fulker
7. April 2017

Weniger Kategorien, mehr Gewicht für die Jury, ein anderer Sender, keine Live-Übertragung mehr und keine Helene Fischer: Gerät der Bruch mit der Tradition für den wichtigsten deutschen Musikpreis zum Aufbruch?

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Echo 2017 - Udo Lindenberg
Bild: picture-alliance/dpa/R. Jensen

Der große Gewinner des Abends war der deutsche Altrocker Udo Lindenberg. Der 70-Jährige gewann den Preis in der Kategorie "Künstler Pop national" und ist derzeit mit seinem Album "Stärker als die Zeit" in den Charts erfolgreich, das die Auszeichnung für das Album des Jahres erhielt. Auch die Produzenten des Albums bekamen einen ECHO. "Es ist keine Routine", sagte Lindenberg. "Es ist immer wie das erste Mal. Und das ist der Flash, den wir uns erhalten müssen." Später, als Lindenberg wiederholt auf die Bühne kam, gab er sich überrascht: "Jetzt bin ich ehrlich geplättet. Jetzt bin ich wirklich stehend k.o."

In der Kategorie Bestes Video national gewann die Indie-Pop-Band Von wegen Lisbeth, und Sängerin Ina Müller erhielt den Musikpreis in der Kategorie Künstlerin Pop national. Die Musiker der Band AnnenMayKantereit gewannen den ECHO als beste nationale Newcomer. Als internationaler Newcomer und als Künstler international wurde der Engländer Rag'n'Bone Man ausgezeichnet.

Echo 2017 - Udo Lindenberg
Lindenberg erhielt seinen ECHO von SaschaBild: picture-alliance/dpa/T. Schwarz

Den Preis für den Hit des Jahres räumte Rapper Drake mit seinem Lied  "One Dance" ab. In der Kategorie Volkstümliche Musik gewann der Österreicher Andreas Gabalier.

Fischerfreie Zone

Auffallend nicht dabei war die deutsche Schlagerkönigin Helene Fischer, die mit bisher 16 ECHOs Rekordträgerin ist und in den vergangenen zwei Jahren das Spektakel völlig dominierte. Für den ECHO 2017 war Fischer jedoch nicht einmal in der Nominierungsliste zu finden.  In der Kategorie Schlager gewann Andrea Berg

Bei Hip-Hop/Urban National gewann die Gruppe Beginner um Sänger Jan Delay, deren Album "Advanced Chemistry" im vergangenen Jahr in Deutschland auf Platz eins der Charts stand. Beginner erhielt auch den Kritikerpreis. "Das ist auf jeden Fall Hammer", sagte Rapper Denyo. Sein Bandkollege Jan Delay fügte hinzu: Bei all den miesen Rezensionen für ihr Album "Advanced Chemistry" sei der Kritikerpreis "der größte Treppenwitz des Jahres".

Marius Müller Westernhagen wurde für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Westernhagen sei "einer, der die Schönheit liebt und bis ans Ende seiner Tage ein Romantiker bleibt", lobte sein Freund Olli Dittrich, der ihn auf eine Ebene mit den Dichtern Hesse, Tucholsky und Brecht stellte.

Müdes Spektakel

"Erschöpft und müde" nannte der ARD-Unterhaltungschef Thomas Schreiber die ECHO-Preisverleihung im vergangenen Jahr und begründete damit den Wegfall des Rituals selbst vom relativ biederen öffentlich-rechtlichen Sender Erstes Deutsches Fernsehen. Die Show wird nun vom privaten deutschen Sender Vox ausgestrahlt, und zwar einen Tag später als das eigentliche Ereignis, das am Donnerstagabend in den Berliner Messehallen stattfand und von den Singern Sasha und Xavier Naidoo moderiert wurde. In der Twitter-Gemeinschaft wurde die Frage laut: Warum sollte jemand einer Preisverleihung zuschauen, bei der die Preisträger schon bekannt sind?

Echo 2017 - Andrea Berg
Andrea BergBild: picture-alliance/dpa/R. Jensen

Der ECHO, der vom Bundesverband der Musikindustrie (BVMI) bisher 623 Mal verliehen wurde, war auch in den vergangenen Jahren wenig spannend, spiegelte er doch vor allem die Verkaufserfolge wider. Auch das sollte diesmal anders werden: Verkaufszahlen zählen jetzt nur noch zu 50 Prozent, die restlichen 50 Prozent Entscheidungsgewalt liegen nun bei den Juroren. Rund 500 an der Zahl, bestehen sie aus Journalisten, Händlern, Produzenten, ehemaligen Preisträgern und Nominierten sowie Label-Vertretern.

Nach einer weiteren Regeländerung wurde die Zahl der Kategorien von 31 auf 22 reduziert - wohl um den Ablauf des Rituals zu straffen.

Ein fried- und freudvolles Event wurde die Show dennoch nicht. Im Vorfeld nannte der Fernsehsatiriker Jan Böhmermann das Ganze "seelenloser Kommerzkacke". Tote Hosen-Sänger Campino sprach seinerseits vom "Böhmermannschem Zeitgeistgeplapper".

Zahlreiche Musikstars und Show Business-Prominenz sind zur Preisverleihung gekommen, darunter Udo Lindenberg und BAP-Sänger Wolfgang Niedecken, Rammstein-Frontmann Till Lindemann und Lena Meyer-Landrut.

Echo 2017 - Beginner
Die Band BeginnerBild: picture-alliance/dpa/R. Jensen

Die ECHO-Gewinner noch einmal zusammengefasst:

Album des Jahres: Udo Lindenberg ("Stärker als die Zeit")

Hit des Jahres: Drake feat. WizKid & Kyla ("One Dance")

Künstler Pop national: Udo Lindenberg ("Stärker als die Zeit")

Künstlerin Pop national: Ina Müller ("Ich bin die")

Band Pop national: AnnenMayKantereit ("Alles Nix Konkretes")

Schlager: Andrea Berg ("Seelenbeben")

Volkstümliche Musik: Andreas Gabalier ("MTV Unplugged")

Hip-Hop/Urban national: Beginner ("Advanced Chemistry")

Dance national: Alle Farben ("Music Is My Best Friend")

Rock national: Broilers ("sic!")

Band international: Metallica ("Hardwired... To Self-Destruct")

Künstlerin international: Sia ("This Is Acting")

Künstler international: Rag 'n' Bone Man ("Human")

Newcomer national: AnnenMayKantereit ("Alles Nix Konkretes")

Newcomer international: Rag 'n' Bone Man ("Human")

Produzent national: Herbig/Menzel/Seifert für Udo Lindenberg

("Stärker als die Zeit")

Bestes Video national: Sophie Lakow/Doz Zschäbitz für Von Wegen

Lisbeth ("Bitch")

Kritikerpreis national: Beginner ("Advanced Chemistry")

Lebenswerk: Marius Müller-Westernhagen

rf/rb (dpa, spiegel)